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# taz.de -- Kolumne Aufgeschreckte Couchpotatoes: Unterwegs für Likes und Foll…
> Wie Instagram & Co die Welt für uns entdecken: Schöner Reisen zu
> exotischen Orten und angesagten Locations. Beispielsweise in die
> tunesische Wüste.
Bild: Auf der Suche nach dem perfekten Bild
In the Middle of Nowhere. In der tunesischen Wüste, im Touristen-Camp Mars.
„Man hätte mich warnen sollen, bevor ich in die Sahara fahre. Jetzt ist es
zu spät. Ich bin süchtig nach der Wüste. Nach der Weite, nach der
Schönheit, nach dem Licht. Es geht schon so weit, dass ich jedes Sandkorn,
das aus dem Schuh rieselt, in einer kleinen Schüssel auffange.“ Ein
emphatischer post auf instagram.
Eine Handvoll InstagrammerInnen aus Österreich und der Schweiz wurden samt
Stylistinnen vom tunesischen Fremdenverkehrsamt hierhergekarrt, um für den
#tunisia zu posten. Vor imposanten Dünen, im rosa leuchtenden Abendrot, auf
bunten Kissen sexy im Sand lümmelnd. Da kauen nur Kamele ungerührt weiter.
Fotogene junge Frauen zwischen 17 und 24 Jahren. Influencerinnen. Die neuen
selbstmade Modells. Kostengünstig obendrein. Man braucht keine teuren
Fotografen mehr, keine teuren Anzeigen. Es sind Alleinunternehmerinnen. Sie
werden von Agenturen gebucht, von den Marken bezahlt. Ob vom
Sandalenhersteller oder dem Land Tunesien.
Dass mit ihren geposteten Bildern möglicherweise nur notgeile Männer
erreicht werden – geschenkt. Das ist bei jeder plakatierten
Bademodenwerbung genauso. Viel wichtiger ist die junge Klientel, bei der
sie Begehrlichkeiten wecken, die so wie sie sein wollen, an exotischen
Orten, coolen Locations. Lässig elegant zum Dinner in der Wüste.
Diese digitalen Werberinnen und Meinungsmacher werden immer
professioneller. Viele lassen sich von Agenturen vermarkten, die ihre
Dienste aktiv anbieten und die Projekte verhandeln. PR-Leute werden
überrollt mit Anfragen, für Blog- und Social-Media-Posts zu zahlen. Laut
einer Umfrage des Influencer Marketing Hub sollen die Influencer-Marketing
Budgets 2019 um weitere 67 Prozent steigen. Das ist das Ergebnis einer
Studie der Influencer-Marketing-Arbeitsgruppe im Bundesverband Digitale
Wirtschaft (BVDW) unter Influencer-Marketing. Gute Nachrichten für Bibi &
Co.
Hipper, extravaganter und weltweit unterwegs, immer auf der Jagd nach neuen
Likes und Followern. Mehr als 800 Millionen Menschen nutzen heute das
soziale Netzwerk Instagram, täglich werden über 80 Millionen Fotos
hochgeladen, 3,5 Milliarden Likes verteilt. Instagram ist erfolgreiche
Selbstinszenierungsmaschine, ein Eldorado für Narzisten, ein
24-Stunden-Werbekanal.
Influencer und Blogger haben Reisejournalisten den Rang abgelaufen, denn
sie sind die besseren Werber. Sie tun erst gar nicht so, als wären sie
irgendeiner Ethik verpflichtet, sie bedienen das Klischee gnadenlos und
verdienen am schönen Schein und ihren makellosen Körpern. Geschäftstüchtig
surfen sie auf der Oberfläche, gefühlig und aus dem Bauch heraus.
18 Nov 2018
## AUTOREN
Edith Kresta
## TAGS
Reiseland Tunesien
Instagram
Werbung
Aufgeschreckte Couchpotatoes
Schwerpunkt u24 taz
Urteil
Reiseland Tunesien
Blogger
Touristen
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