| # taz.de -- Ausstellungsempfehlung für Berlin: Psyche vorm Selbstauslöser | |
| > Friedemann Heckel hält den spontanen Narzissmus auf Instagram-Bildern in | |
| > Aquarellzeichnungen fest. Zu sehen sind diese jetzt in der Galerie Thomas | |
| > Fischer. | |
| Bild: Friedemann Heckels Aquarellzeichnungen von Instagram-Bildern in der Galer… | |
| Körper verbiegen sich vor der Kamera für die beste Selfie-Pose, Lippen | |
| lagern übereinander für das innigste Knutsch-Pic oder die Hand greift frech | |
| zum Hodensack für das lässigste Strandfoto – auf solche Szenen stieß | |
| Friedemann Heckel beim Durchstreifen fremder Instagram-Accounts. Es sind | |
| seltsame Fotografien, die da öffentlich auf den SocialMedia-Plattformen | |
| kursieren: so intim und trotzdem reine Inszenierung. | |
| Friedemann Heckel hat eine Reihe von Abbildungen dieser dünnen, hippen, | |
| vielfach posierenden Körper aus dem Selbstinszenierungskanal Instagram | |
| gezogen und sie in einem anachronistischen Akt wieder auf Papier gebracht. | |
| Das spontane Handyfoto wird bei ihm zur sorgfältigen Aquarellzeichnung. Aus | |
| schnellen Gesten kurz vorm Auslösen der Kamera werden gezogene Linien. In | |
| der Galerie Thomas Fischer sind Heckels Zeichnungen gerade zu sehen. | |
| Heckel, der immer schon mit der Zeichnung gearbeitet hat, sie aber selten | |
| ausstellt, präsentiert sie dort alle im gleichen Format, alle in einer | |
| zurückhaltenden, kühlen Farbgebung. Mit dieser klaren Hintereinanderreihung | |
| tastet er sich an dieses diffuse psychologische Schwirren heran, das beim | |
| Anblick der originalen Instagram-Bilder entsteht. Letztlich deutet er unser | |
| Begehren an, unsere Sehnsucht und unseren Voyeurismus, der die | |
| allgegenwärtige Bilderwelt im Internet füttert. | |
| Einblick 741: Friedemann Heckel, Künstler | |
| Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und | |
| warum? | |
| Ich schaue mir gerade so wenig wie möglich an, um mich stärker auf meinen | |
| Arbeitsprozess zu konzentrieren. Wirklich gut gefallen hat mir aber Veit | |
| Laurent Kurz’ Sancho Panza bei Oracle. Und Wieland Schönfelders | |
| Meisterschülerpräsentation an der UdK war super. Beides sehr kleinteilige, | |
| spielerisch-narrative Ausstellungen. Peter Waechtlers Maulwürfe im | |
| Schinkelpavillon fand ich auch toll. | |
| Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin kannst du empfehlen? | |
| Nach der Eröffnung bei Thomas Fischer letzten Donnerstag haben wir die | |
| bewährte Tour Joseph-Roth-Diele, Kumpelnest, Viktoriabar gemacht. Das kommt | |
| immer wieder gut. Leider hab ich im Juni Animal Collective im Heimathafen | |
| Neukölln verpasst. | |
| Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet dich zurzeit | |
| durch den Alltag? | |
| Meine Schwester hat mir zum Geburtstag James Baldwins „Von dieser Welt“ | |
| geschenkt. Diese Geschichte eines jungen Schwarzen aus Harlem lese ich | |
| gerade im Wechsel mit Charles de Costers „Ulenspiegel“. Geschichten eines | |
| flämischen Gecken, der die Menschen beim Wort nimmt und ihnen so den | |
| Spiegel vorhält. Im Vergleich zu anderen bringen die Magazine Riot of | |
| Perfume und Badland eigensinnige Inhalte. Die blättere ich gerne durch. | |
| Was ist dein nächstes Projekt? | |
| Lukas Müller, ein befreundeter Künstler, und ich arbeiten parallel zu dem, | |
| was wir individuell machen, zusammen als HC. Gerade planen wir eine kleine | |
| Gruppenausstellung an einer Straßenecke in Berlin – „HC cornern“. Wir | |
| wollen mit unserem Projekt „auf die Straße“, unabhängige | |
| Ausstellungssformen erproben. | |
| Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten | |
| Freude? | |
| Der Kaffee am Morgen. Und dann ist freie Zeit ein wirklich rares und daher | |
| umso freudigeres Ereignis. | |
| Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg | |
| immer donnerstags in der Printausgabe der taz. | |
| 24 Oct 2018 | |
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