# taz.de -- Urteil des Landgerichts Karlsruhe: Influencer handeln immer geschä… | |
> Pamela Reif darf nicht mehr zwischen bezahlten und unbezahlten Posts | |
> unterscheiden. Die Influencerin muss künftig alles als Werbung | |
> kennzeichnen. | |
Bild: Mal kein Selfie: Pamela Reif wird vor Prozessbeginn im Januar fotografiert | |
KARLSRUHE taz | Die Fitness-Influencerin Pamela Reif muss auch Posts mit | |
unbezahlten [1][Links zu Kleidungsmarken als Werbung kennzeichnen]. Das | |
entschied jetzt das Landgericht Karlsruhe in einem der ersten | |
Hauptsacheverfahren zu den rechtlichen Anforderungen an so genannte | |
Influencer. Das Urteil wirft aber freilich mehr Fragen auf als es Antworten | |
gibt. | |
Influencer sind meist junge Menschen, die in sozialen Medien über ihr Leben | |
und ihren Konsum schreiben oder Bilder verbreiten. Teils werden sie dafür | |
bezahlt, teils nicht. Pamela Reif beschäftigt sich vor allem mit | |
Fitness-Themen und hat auf Instagram rund vier Millionen Follower. Sie | |
schätzt, dass etwa die Hälfte ihrer täglichen Instagram-Posts auf einer | |
„bezahlten Partnerschaft“ beruhen. | |
Der „Verband sozialer Wettbewerb“ hat in den letzten Monaten dutzendfach | |
solche Influencer abgemahnt. Im Fall von Pamela Reif ging es um drei Posts | |
von Ende 2017 bis Anfang 2018. Dort waren Bilder von ihr zu sehen, wobei | |
die Kleidung mit so genannten „Tags“ versehen war. Wurde ein Tag | |
angeklickt, landete man auf dem Instagram-Account der jeweiligen | |
Kleidungs-Marke. Der Abmahn-Verein wertete dies als Werbung, Pamela Reif | |
sprach dagegen von „freier Meinungsäußerung“. Sie habe nur erwartbare | |
Fragen ihrer Follower („Woher hast Du das Kleid?“) vorausschauend | |
beantwortet. | |
Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verlangt, dass der „kommerzielle | |
Zweck“ einer „geschäftlichen Handlung“ kenntlich gemacht werden muss. Ni… | |
gekennzeichnete Schleichwerbung ist verboten. Firmen, die im Wettbewerb mit | |
offenem Visier arbeiten, sollen keinen Nachteil haben. Die unbezahlten | |
Posts von Influencern bewegen sich bisher aber in einer rechtlichen | |
Grauzone. | |
## Radikales Urteil für Influencer | |
Das Landgericht Karlsruhe hat nun ein relativ radikales Urteil gefällt. | |
Danach sind alle Posts von Reif als Werbung zu kennzeichnen, wenn sie über | |
Tags und Links zu Seiten von Herstellern führen. Die Posts weckten das | |
Interesse an der getragenen Kleidung und den Accessoires. „Es wäre eine | |
künstliche Aufspaltung“, so Richter Steffen Wesche, „hier zwischen | |
kommerziellen und privaten Posts zu unterscheiden“. Letztlich seien alle | |
Posts als „geschäftliche Handlung“ zu werten. Das Geschäftsmodell der | |
Influencer beruhe gerade darauf, Privates und Berufliches bewusst zu | |
vermischen. | |
„Mit jedem Post pflegt der Influencer seine Community und damit den Wert | |
seines Unternehmens“, so Richter Wesche. Denn je mehr Follower ein | |
Influencer habe, umso mehr Honorar könne er dann auch für die bezahlten | |
Empfehlungen verlangen. Dass ein Influencer auch unbezahlte Empfehlungen | |
gibt, („wie ein Freund oder eine Freundin“) erhöhe ihre Glaubwürdigkeit u… | |
an glaubwürdigen Werbeträgern seien die Unternehmen besonders interessiert. | |
Die Kennzeichnung als „Werbung“ solle [2][vor allem jüngere | |
Instagram-Nutzer schützen], die noch nicht so mediengewandt sind und | |
deshalb besonders geschützt werden müssen, so der Richter. Wie Reif solche | |
unbezahlten Posts künftig kennzeichnen muss, ließ das Gericht freilich | |
offen. „Hier ging es nur um die Unterlassung von nicht gekennzeichneter | |
Werbung“. Reif könne sich von ihrem Anwalt beraten lassen. | |
Reif selbst war nicht zur Urteilsverkündung gekommen. Ihr Anwalt Joachim | |
von Strobl-Albeg aber schimpfte: „Wenn Frau Reif über einen unbezahlten | |
Post mit Chanel-Kleidung ‚Werbung‘ schreibt, bekommt sie wahrscheinlich | |
[3][Ärger mit Chanel], weil die ihr ja gar nichts bezahlt haben. Und | |
vielleicht kommt noch ein Top-Modell, das einen Exklusivvertrag mit Chanel | |
hat und beschwert sich, dass Reif so tut, als habe sie auch einen Vertrag.“ | |
Er will auf jeden Fall in Berufung zum Oberlandesgericht Karlsruhe gehen. | |
Am 29. April entscheidet das Landgericht München in einem ähnlichen Fall | |
der Influencerin Cathy Hummels. | |
21 Mar 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Streit-um-werbliche-Posts-bei-Instagram/!5540485 | |
[2] /Frauenbilder-bei-Instagram-und-Co/!5565869 | |
[3] /Social-Media-Firma-verklagt-US-Influencer/!5547990 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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