# taz.de -- Neonazi-Aufmarsch in Plauen: Genehmigung selbst für den Galgen | |
> Behörden haben im sächsischen Plauen Neonazis mit Fackeln marschieren | |
> lassen. Politiker sind entsetzt über den „Auftritt in NS-Reinform“. | |
Bild: In Reih und Glied: Rechtsextreme in Plauen | |
BERLIN taz | Der Aufzug war genau choreografiert. In Reih und Glied, mit | |
hellbraunen Hemden, Trommeln, brennenden Signalfackeln und Dutzenden Fahnen | |
marschierten die 500 Rechtsextremen des „III. Wegs“ am 1. Mai durch | |
[1][Plauen]. Die sächsische Polizei ließ es geschehen – und erntet nun | |
Kritik. | |
Von „einem Auftritt in NS-Reinform“ spricht die Linken-Landtagsabgeordnete | |
Jule Nagel, die sich am Gegenprotest in Plauen beteiligte. Die Neonazis | |
seien „quasi in Uniform“ marschiert, hätten in Reden Migranten und | |
Politiker bedroht. „Das hätte verhindert werden müssen“, so Nagel zur taz. | |
Auch der Grüne Jürgen Kasek, ebenfalls vor Ort, übte Kritik: Das Vorgehen | |
der Polizei und des als Versammlungsbehörde zuständigen Landratsamtes seien | |
„völlig unverständlich“. Die Aufzug der Neonazis habe auf eine „deutlich | |
einschüchternde Wirkung“ gezielt. Das Versammlungsgesetz aber untersage | |
solche uniformierten Aufmärsche. „Hier hätte gehandelt werden müssen. Das | |
ist ein Versagen.“ | |
Die Polizei wies die Kritik zurück. Die Fackeln, Trommeln und Fahnen seien | |
von der Versammlungsbehörde des Landkreises genehmigt worden, sagte ein | |
Sprecher der zuständigen Polizei Zwickau. Zur Uniformierung kenne man die | |
Rechtsprechung. „Das, was in Plauen gezeigt wurde, war rechtlich aber nicht | |
zu beanstanden.“ | |
## Partei „III. Weg“ | |
Auch dass die Neonazis einen Galgen mitgebracht hatten, an dem sie eine | |
EU-Flagge aufknüpften, sei vom Landkreis genehmigt worden, so der | |
Polizeisprecher. Und dass die Rechtsextremen später kollektiv über die | |
Flagge trampelten? Laut Polizei ebenfalls kein Verstoß. Dies wäre nur bei | |
Staatsflaggen der Fall gewesen – die EU-Fahne sei hier ausgenommen. In | |
einer Bilanz sprach die Polizei in Plauen von einem „friedlichen | |
Geschehen“. Das Einsatzkonzept der Deeskalation sei „gelungen“. | |
Das Landratsamt Voigtlandkreis äußerte sich erst am Abend. Ein Sprecher | |
bestätigte, dass die Versammlungsbehörde den Neonazis Fackeln und Trommeln | |
genehmigt habe – das aber nur „zahlenmäßig begrenzt“. Eine verbotene | |
Uniformierung der Neonazis habe man nicht gesehen. Dafür hätte es einen | |
Einschüchterungseffekt geben müssen. Dieser aber habe durch das Tragen | |
einheitlicher T-Shirts „nicht bejaht“ werden können, so der Sprecher. Erst | |
bei einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit hätte man den Aufzug | |
einschränken können. „Derartige Gefährdungen waren nicht erkennbar.“ | |
Der Auftritt des „III. Wegs“ indes war absehbar. Die Splitterpartei ist die | |
momentan radikalste im rechtsextremen Spektrum, 500 Mitglieder rechnet ihr | |
der Verfassungsschutz zu. Immer wieder spielt sie mit NS-Anleihen. Plauen | |
gehört zu ihren Hochburgen. Dort hält die Partei ein Bürgerbüro, bietet | |
Hausaufgabenhilfe und Selbstverteidigungskurse an, läuft in „nationalen | |
Streifen“ durch die Stadt. | |
Auch der Demo-Auftritt ist kein Novum: [2][Immer wieder marschiert die | |
Partei mit Fackeln und Trommeln auf] – offenbar auch dies in bewusster | |
Parallele zu NS-Formationen. Und in Plauen gab es schon 2016 bei einem | |
Aufzug Ausschreitungen der „III. Weg“-Anhänger. | |
Grüne und Linke forderten nun Aufklärung von Sachsens Innenminister Roland | |
Wöller (CDU), warum es nicht strengere Auflagen für den Aufmarsch gab. Den | |
Neonazis sei ohne Not ein Erfolg verschafft worden. „Wir haben kein | |
Verständnis dafür, dass die Kundgebung in dieser Form genehmigt wurde“, so | |
Linken-Fraktionschef Rico Gebhardt. | |
Die Neonazi-Partei selbst bejubelte ihren Aufmarsch: Es sei eine „gelungene | |
und kraftvolle Veranstaltung“ gewesen. | |
2 May 2019 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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