Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Der Trend geht wieder zur Uniform: Dann doch lieber nackt
> Der österreichische Innenminister Herbert Kickl läuft in einer Uniform
> des Katastrophenmanagements herum. Angeblich aus rein praktischen
> Gründen.
Bild: Auch der italienische Innenminister Matteo Salvini steht auf Uniform
Die Schuluniform soll soziale Unterschiede nivellieren, die Polizeiuniform
klärt, dass uns da gerade kein übellauniges Männlein anblafft, das zu Hause
Stress hat, sondern der Staat höchstpersönlich, und die Uniformen von
Schützen- und Karnevalsvereinen signalisieren, dass eine geschlossene
Gruppe organisierten Irrsinns naht. Dem Pimpf ist die Uniform der größte
Stolz, weil sie etwas aus ihm macht, was er nicht ist, und beim Soldaten
zählt auch der praktische Aspekt, denn der Feind muss schließlich wissen,
wen er totschießen soll.
Warum aber ziehen neuerdings europäische Politiker so gern Uniformen an?
Als Kanonenfutter müssen sie im Ernstfall nicht herhalten, und auch im
Polizeidienst mischen sie selten aktiv mit, es sei denn, sie sind
Oberbürgermeister von Tübingen, aber dann würden sie ihrem
Zurechtweisungsdrang auch nackig frönen.
Praktische Gründe werden es also nicht sein, außerdem war dieser
Fashiontrend in Westeuropa längere Zeit wenig angesagt, nachdem die letzten
Models dieser Haute Couture Hitler, Mussolini und Franco hießen.
Dennoch tritt der italienische Innenminister Salvini nun bevorzugt in
Polizei- oder Feuerwehruniformen vor die Kameras, obwohl er gar nicht die
Absicht hat, Feuer zu löschen, sondern es zu legen. Ein klassisches
False-Flag-Manöver, und eigentlich darf er das gar nicht, denn der Zutritt
zur hoheitlichen Einheitskluft ist Unbefugten streng verboten. Doch Salvini
gibt so den tatkräftigen Anpacker, auch wenn er sich selbst keinen
Fingernagel schmutzig macht, setzt sich gleichzeitig von der Elite in ihren
Maßanzügen ab, zu der er selbstverständlich gehört, und er führt auch noch
vor, welche Bedeutung rechtsstaatliche Regeln für einen Rechten haben,
nämlich keine.
Das ist dreist, aber immerhin ehrlich und genau deswegen keine Option für
den österreichischen Gesinnungs- und Amtskollegen Kickl, der beim Treffen
des Ministerrats mit einer Uniformanmutungsjacke auftrat, samt lustiger
Quatschaufnäher mit seinem Namen. Danach, so die Begründung, musste er
schließlich noch zur Präsentation einer Katastrophenschutzübung,
vermutlich als Katastrophe. Da hat er das Ding halt gleich im Ministerrat
getragen. Mit faschistischem Uniformfetisch hat das nichts zu tun, es folgt
ausschließlich praktischen Aspekten. Wer wüsste nicht, wie unendlich
zeitraubend es ist, mitten im Tagesablauf eine Jacke auszuziehen?
## Vorbild ist die faschistische Hlinka-Garde
Ausschließlich praktische Gründe haben sicherlich auch die Politiker der
slowakischen Rechtspartei LS-NS, die bei der letzten Wahl mit immerhin 8
Prozent in den Nationalrat einzog, wenn sie bei ihren Auftritten in nach
Vorbild der faschistischen Hlinka-Garde geschneiderten Uniformen
herumlaufen. Die ihnen immerhin passen, so viel Stil muss sein.
Anders bei den Amateurnazis vom deutschen „III. Weg“, die auch so gern wie
echte Faschisten aussehen würden und sich bei ihrem Fackellauf durch Plauen
deshalb in zu enge, kackbraune KiK-Shirts reingepresst haben, die wohl an
HJ-Uniformen erinnern sollten. Wenn das der Führer wüsste! Auch Hitler war
ja ein Mensch mit Gefühlen, und angesichts der wie um die Schwabbelbäuche
gepapptes gebrauchtes Klopapier aussehenden Verkleidung hätte er sicher
bitterlich geweint.
Aber prompt herrschte große Aufregung, weil die sächsischen
Sicherheitsbehörden in dem Auftritt keine „einschüchternde Ausstrahlung“ …
erkennen vermochten. Dabei lagen sie damit sogar ausnahmsweise richtig,
denn gegen diese Waschlappenkarawane wirkte selbst ein Pinguinmarsch
respektgebietend.
„Junge, zieh dir doch mal was Richtiges an!“, hieß es früher immer, „so
kannst du doch nicht unter Leute gehen!“ Man wünschte sich wirklich mehr
mütterlichen Einfluss in der Politik.
17 May 2019
## AUTOREN
Heiko Werning
## TAGS
Uniform
Der III. Weg
Herbert Kickl
Diktatur
Matteo Salvini
Schwerpunkt Europawahl
Schwerpunkt Neonazis
Geheimdienst
## ARTIKEL ZUM THEMA
Rechtspopulisten bei der Europawahl: Rechte KandidatInnen im Überblick
Hunderte KandidatInnen stehen auf den Listen rechter Parteien fürs
EU-Parlament. Mit Hilfe unserer Partner aus dem „Europes Far Right“-Verbund
stellen wir hier 30 vor.
Neonazi-Aufmarsch in Plauen: Genehmigung selbst für den Galgen
Behörden haben im sächsischen Plauen Neonazis mit Fackeln marschieren
lassen. Politiker sind entsetzt über den „Auftritt in NS-Reinform“.
Österreichs Geheimdienst ausgeschlossen: Keine Interna von der Familie
Europäische Geheimdienste schneiden den Partner in Wien. Grund sind wohl
die Verbindungen von Innenminister Kickl zu Neonazis.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.