# taz.de -- Ausländische Staatsflaggen: Verbrennen soll verboten werden | |
> Wer ausländische Flaggen verbrennt, dem drohen künftig Geld- oder | |
> Gefängnisstrafen. Der Bundestag berät in dieser Woche einen | |
> Gesetzentwurf. | |
Bild: Im Iran gang und gäbe, in Deutschland künftig verboten: Das Verbrennen … | |
FREIBURG taz | Nach langem Zögern will die Koalition nun doch das | |
Verbrennen der israelischen Flagge verbieten. Das Vorhaben ist aber doppelt | |
getarnt. Zum einen sollen auch alle anderen ausländischen Flaggen geschützt | |
werden. Zum anderen gibt es keinen eigenen Gesetzentwurf, nur einen | |
Änderungsantrag zum geplanten verbesserten Schutz der EU-Flagge, über den | |
der Bundestag diese Woche berät. Der bisher nicht veröffentlichte | |
Änderungsantrag liegt der taz vor. | |
Auslöser der Debatte waren [1][mehrere Berliner Demonstrationen im Dezember | |
2017]. Damals wurde gegen Donald Trumps Anerkennung von Jerusalem als | |
israelischer Hauptstadt protestiert. Dabei wurden auch einige israelische | |
Fahnen verbrannt. Dies führte zu einem lauten Aufschrei, vor allem als klar | |
wurde, dass dies bisher nicht strafbar ist. „Wer israelische Flaggen | |
verbrennt, stellt das Existenzrecht Israels infrage, lehnt es ab“, sagte | |
Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. „Wer | |
israelische Fahnen in Brand steckt, verbrennt unsere Werte“, erklärte der | |
damalige Justizminister Heiko Maas. | |
Derzeit sind ausländische Fahnen im Strafgesetzbuch nur geschützt, wenn sie | |
offiziell aufgehängt werden, zum Beispiel bei einem Staatsbesuch. Das ist | |
im Strafgesetzbuch geregelt (Paragraf 104). Wer dagegen bei einer | |
Demonstration eine mitgebrachte israelische, amerikanische oder russische | |
Flagge anzündet, hat strafrechtlich bisher nichts zu fürchten. | |
Umfassender ist nur die deutsche Fahne strafrechtlich geschützt. Sie darf | |
laut Paragraf 90a weder zerstört, beschädigt noch verunglimpft (also | |
verächtlich gemacht) werden. Dies gilt auch bei einer selbst mitgebrachten | |
schwarz-rot-goldenen Fahne auf einer Demonstration. | |
## Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren droht | |
Zunächst war geplant, nur das öffentliche Verbrennen der israelischen Fahne | |
unter Strafe zu stellen. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestags hielt | |
dies in einer Stellungnahme vom März 2018 auch für zulässig. „Im Lichte der | |
fortwirkenden, besonderen, geschichtlich begründeten Verantwortung | |
Deutschlands, erschiene es nicht willkürlich, die israelische Flagge in | |
besonderer Weise zu schützen“, hieße es dort. Dann hat aber wohl die | |
israelische Botschaft in Berlin gebeten, auf ein Sonderrecht nur für die | |
israelische Fahne zu verzichten. | |
Nun soll also bestraft werden, „wer öffentlich die Flagge eines | |
ausländischen Staats zerstört oder beschädigt.“ Auch das Verbrennen der | |
chinesischen oder saudi-arabischen Flagge wäre dann also verboten. Es droht | |
eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren. | |
Vorgesehen ist dies in einer Formulierungshilfe der Bundesregierung, die im | |
Dezember beschlossen wurde. Sie soll als Änderungsantrag von CDU/CSU und | |
SPD zu einem verwandten Gesetzentwurf des Bundesrats eingebracht werden, | |
der diesen Mittwoch bereits auf der Tagesordnung des Bundestags steht. | |
## Rechtsextremisten marschierten über EU-Fahne | |
Hier will der Bundesrat in einem neuen Paragraf 90c auch die EU-Fahne und | |
die EU-Hymne vor „Verunglimpfung“ schützen. Die EU-Fahne besteht aus 12 | |
goldenen Sternen auf blauem Grund, die EU-Hymne „Freude, schöner | |
Götterfunken“ beruht auf der „Ode an die Freude“ von Friedrich Schiller, | |
die von Ludwig van Beethoven vertont wurde. | |
Diesen Gesetzentwurf hatte Sachsen in den Bundesrat eingebracht. Anlass war | |
eine [2][Demonstration der Nazi-Partei „der III. Weg“ in Plauen] im Mai | |
vergangenen Jahres. Die Rechtsextremisten hatten eine EU-Fahne auf die | |
Straße gelegt und waren darüber marschiert. Das erfordere eine Reaktion des | |
Rechtsstaats, erklärte Sachsens damaliger Justizminister Sebastian Gemkow | |
(CDU). Schon im Juni legte Sachsen den Gesetzentwurf vor, im September | |
beschloss ihn die Länderkammer. CDU/CSU und SPD unterstützen den Vorschlag. | |
Bald wird er nun also geltendes Gesetz sein. | |
12 Jan 2020 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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