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# taz.de -- Prozess in Plauen: Lebenslange Haft für den Brandstifter
> Ein Mann, der ein Plauener Wohnhaus anzündete, wurde wegen Mordes
> verurteilt. Ob er Kontakte im Nazi-Milieu hat, konnte nicht geklärt
> werden.
Bild: Brand in der Plauener Dürerstraße im Februar 2018
Berlin taz | Weil er in einer Plauener Dachgeschosswohnung ein Feuer gelegt
und so zwei seiner Freunde getötet hat, ist ein 27-Jähriger am Mittwoch
wegen Mordes verurteilt worden. Das Landgericht Zwickau sah es als erwiesen
an, dass der Angeklagte am 5. Februar in einer Dachgeschosswohnung
vorsätzlich ein Stück Stoff anzündete und die Wohnung an zwei verschiedenen
Stellen in Brand setze.
Eine 22-Jährige und ein 25-Jähriger – beide Freunde des Angeklagten aus dem
Drogenmilieu – starben an einer Kohlenmonoxidvergiftung. Ein weiterer Mann
erlitt schwere Verbrennungen, eine Frau wurde leicht verletzt. Zudem
mussten rund 15 Bewohner des Mehrfamilienhauses in Sicherheit gebracht
werden, unter ihnen viele Roma.
Die genauen Hintergründe der Tat blieben auch nach zehn Verhandlungstagen
größtenteils im Dunkeln. Vermutlich sei es aus Enttäuschung und Verärgerung
zu der Brandstiftung gekommen, weil der beste Freund dem 27-Jährigen nicht
genügend Aufmerksamkeit geschenkt habe, sagte der Vorsitzende Richter Klaus
Hartmann in seiner Urteilsbegründung. Der zuletzt in Dresden lebende
Angeklagte konsumierte seit seiner Jugend Alkohol und Drogen und wurde früh
straffällig.
Das Gericht ordnete die Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt an, weil er alkohol- und rauschgiftabhängig sei und im
berauschten Zustand zu erheblichen rechtswidrigen Taten neige.
## „Lasst die brennen!“
Die Zusammenhänge zu einem weiteren Brand in Plauen waren vor Gericht nicht
geklärt worden, ebenso wenig wie mögliche Verbindungen des Angeklagten ins
Nazimilieu ([1][die taz berichtete]). In beiden Brandhäusern lebten viele
Roma. Bei dem ersten Brand in Plauen hatten mehrere Neonazis die Feuerwehr
beim Löschen behindert. „Lasst die brennen!“, rief einer. Und: „Sieg Hei…
Die Ermittlungen zum ersten Brand waren eingestellt worden. Die
Staatsanwaltschaft hielt die Verbindungen zwischen den beiden Bränden für
Zufall.
Das Gericht folgte mit seinem Urteilsspruch dem Antrag der Anklage, der
Verteidiger hatte hingegen einen Freispruch gefordert. Entweder habe sein
Mandant im Drogenwahn gehandelt oder sei zu einem „falschen Geständnis“
verleitet worden, das damit nicht verwertbar sei, sagte Rechtsanwalt
Andreas Boine in seinem Schlussvortrag. Er hatte den ermittelnden
Polizisten schwere Versäumnisse vorgeworfen.
## Fehler bei der Vernehmung
Es sei nicht zu beschönigen, dass bei der Vernehmung des Mannes Fehler
gemacht wurden, räumte der Richter ein. Dennoch halte das Gericht das
Geständnis für verwertbar. Es war außerdem nicht die einzige Grundlage für
die Überführung des Angeklagten. Dieser habe sich unter anderem in der Nähe
des Tatortes aufgehalten, verfügte über Täterwissen, habe sich neue
Kleidung besorgt und die laut einer Zeugin nach Rauch riechenden Kleidung
versteckt. „Das sind weitere belastende Indizien.“
Zudem habe der Beschuldigte an zwei Geldautomaten sein gesamtes verfügbares
Geld abgehoben, um damit vermutlich seine Flucht zu finanzieren.
Anschließend fuhr er mit dem Zug nach Pirna, wo er sich bei der dortigen
Polizeidienststelle nach dem Brand in Plauen erkundigte und nach
Verdächtigen fragte. Dies alles spreche gegen eine Tat im Drogenwahn.
Darüber hinaus sei die Wohnung von innen abgeschlossen gewesen, ein
alternativer Täter von außen daher nicht plausibel.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Verteidiger kündigte an, beim
Bundesgerichtshof in Revision gehen zu wollen. (mit dpa)
28 Nov 2018
## LINKS
[1] /Roma-in-Sachsen/!5531184
## AUTOREN
Steffi Unsleber
## TAGS
Brandstiftung
Urteil
Schwerpunkt Landtagswahlen
Schwerpunkt Neonazis
Sachsen
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