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# taz.de -- Sibylle Berg auf „Brainfuck“-Tour: Gewalt, Sex und Bullshit
> Lesung? Pah! Die Schriftstellerin Sibylle Berg und ihr furioser Roman
> „GRM. Brainfuck“ in Hamburg (und anderswo).
Bild: Pop und Glamour sind weit weg: Maskierter Mann bei Ausschreitungen in Lon…
Der Zufall ist ein elektrisches Eichhörnchen: „Ich hasse Max“, so steht es,
als dieser Text geschrieben werden möchte, am unteren Bildschirmrand.
„[1][Sibylle Berg]s Roman ‚GRM‘: Ich hasse Max“, um genau zu sein, es i…
der [2][Facebook-Post] einer deutschen Zeitung mit Qualitätsfeuilleton, von
Berg in die eigene Timeline geworfen (oder wenigstens in ihrem Auftrag).
Dahinter steckt [3][einer von nicht wenigen Texten] zu ihrem neuen Buch,
Roman Nummer 14, so heißt’s, neben noch viel mehr Theaterstücken: [4][eine
produktive Frau], die Wahlschweizerin. Nun also Science-Fiction? Dass es
darin um eine „Überwachungsdiktatur“ geht, ruft uns schon der Klappentext
entgegen, und in der Tat spielt „GRM“ (Kiepenheuer & Witsch 2019, 640 S.,
22,99 Euro) in der Zukunft, aber keiner Jahrhunderte (oder auch
Planetensysteme) entfernten.
Dazu sind die Zutaten dann nämlich doch zu vertraut: soziale Ungleichheit,
kaputte Familien, Drogen, Überwachung, Buckeln und Treten. Dieser
Zukunftsroman, könnte man sagen, handelt recht deutlich von der Gegenwart
(so wie’s mancher Definition nach das Genre ja grundsätzlich tut; alles
andere ist Fantasy, also Eskapismus). Einer Gegenwart freilich, mal
weniger, mal mehr zugespitzt und überzeichnet: [5][Britannien nach dem
Exit] hat Berg sich zum Schauplatz gewählt, und dort zunächst auch noch
einen fiktiven Ort im Norden, da also, wo dieses Britannien so viel weniger
swinging ist, so viel weniger glamourös als in London, [6][in dem sich
vieles ballt, auf das sich aber halt auch so vieles beschränkt]: der Chic,
der Pop, [7][das ganz große Geld].
## Weit weg von swinging London
Auch wenn es sie im Weiteren eben dorthin verschlagen wird: Vom
London-Kitsch, auch in seiner [8][„Cool
Britannia“-Weiße-Gitarren-Jungs-Nostalgie] könnten die vier
Protagonist*innen des Buches kaum weiter entfernt sein. Ihr London ist
eines der allgegenwärtigen Überwachung – ob durch Kameras oder die sozialen
Medien – und der „Karmapunkte“, der Währung verträglichen Sozialverhalt…
Den Soundtrack zu alldem würde man auch den [9][knurrigen
East-Midlands-Sozialhilferappern Sleaford Mods] anvertrauen wollen, aber
die sind ja auch schon wieder so schrecklich … alt. „GRM“ indes, das
merkwürdige Akronym: Was der darin geremixte Grime sei, [10][also dieses
spezifisch britisch-urbane Musikgenre], das zu erklären hat einigen der
Rezensierenden ulkige Pirouetten abgerungen.
Berg geht die Sache cleverer an: Sie bringt einfach welche mit von denen,
[11][die klingen wie das, was ihre Romanfiguren gerne hören]. Denn dass ein
derart böses, schnelles, apokalyptisches Buch nicht gediegen am Tisch
sitzend, darauf ein Wasserglas, zu bewerben ist: klar. Und [12][so gibt’s]
– auch jetzt in Hamburg – „eine Performance zum Buch“, so kündigt es
Kampnagel an, „ein Grime Konzert“, na gut: auch „eine Lesung“, die zugl…
„ein Videoabend“ sei – und „eine Freude!“
Der erwähnte Max übrigens ist weder der Motorsport-Grande Mosley noch der
[13][1980er-Proto-Virtual-Reality-Schmierlappen Headroom]: Nein, Berg hasst
erklärtermaßen Max Frisch, den ollen Mit-Schweizer und Moralisten.
13 Apr 2019
## LINKS
[1] /!228201/
[2] https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=10157369694892122&id=…
[3] https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/autoren/ich-hasse-max-frisch…
[4] /!5057365/
[5] /!t5313864/
[6] /!1347933
[7] https://www.theguardian.com/politics/2018/dec/11/north-south-economic-divid…
[8] /!1353457/
[9] /!5041868
[10] /!5564020/
[11] https://www.youtube.com/watch?v=723UbV7Wcbk
[12] https://www.kiwi-verlag.de/news/sibylle-berg-auf-tour-mit-ihrem-neuen-roma…
[13] https://www.youtube.com/watch?v=6epzmRZk6UU
## AUTOREN
Alexander Diehl
## TAGS
Literatur
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