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# taz.de -- Deutscher Mieterbund über Grundsteuer: „Hongkong kann kein Vorbi…
> Lukas Siebenkotten vom Mieterbund wünscht sich ein Grundsteuer-Modell, in
> dem der Gebäudewert keine Rolle spielt. So sollen Mieter in Metropolen
> entlastet werden.
Bild: Ginge es nach dem Mieterbund, würden nur Grund und Boden in die Berechnu…
taz: Herr Siebenkotten, die [1][Verhandlungen zwischen Bund und Ländern um
die neue Grundsteuer] laufen noch immer. Wie zufrieden sind Sie bisher aus
Mietersicht?
Lukas Siebenkotten: Wir sind der Auffassung, dass die Grundsteuer nicht
mehr auf Mieter umgelegt werden darf, was eine Änderung der
Betriebskostenverordnung bedeuten würde. Wenn wir das bekämen, bräuchten
wir uns mit dem genauen Modell der neuen Grundsteuer nicht mehr zu
beschäftigen. Aber natürlich wissen wir nicht, wie die Verhandlungen
ausgehen. Bisher sind wir nicht sonderlich zufrieden, weil ein
wertabhängiges Modell, in dem der Gebäudewert eine wichtige Rolle spielt,
Mieter in Metropolen stärker belasten wird.
Das Modell wird von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und allen
Ländern außer Bayern favorisiert. Sie wollen dagegen ein Bodenwertmodell.
Was ist das?
Es bezieht nur den Wert von Grund und Boden in die Grundsteuerberechnung
ein. Es ist deutlich einfacher als das Scholz-Modell, weil der Bodenwert in
ganz Deutschland durch Gutachterausschüsse erhoben wird und man auf diese
Daten zurückgreifen kann.
Das Modell finden manche gut, weil es Spekulation mit Grundstücken
unattraktiver macht und damit einen Anreiz zum Bauen setzt. Auf der anderen
Seite sorgt es für eine größere Verdichtung. Hongkong hat eine solche
Bodenwertsteuer. Sehen Sie die dortigen eng gebauten Hochhäuser mit wenig
Lichteinfall als Vorbild?
Hongkong kann natürlich kein Vorbild sein, aber von Hongkonger
Verhältnissen sind wir zum Glück noch weit entfernt. Eine gewisse
Verdichtung ist notwendig, wenn man genügend bezahlbaren Wohnraum in den
Städten schaffen will. Auf fünf Etagen noch eine sechste draufzusetzen ist
notwendig und zu begrüßen.
Wie kann man vermeiden, dass gleich drei Etagen drübergesetzt werden, weil
sich das mit dem Bodenwertmodell besser rechnet?
Über das Baurecht. Die Kommunen müssen im Bebauungsplan festschreiben, dass
mehr als sechs Geschosse nicht zulässig sind.
Sie glauben, dass solche Bebauungspläne auch erlassen werden?
Ich gehe davon aus, dass die Stadtmütter und -väter nicht an einer Stadt
voller 17-stöckiger Hochhäuser interessiert sind.
Sie kennen vielleicht das Fliegerviertel in Berlin-Tempelhof mit vielen
Reihenhäusern in Innenstadtnähe, eher eine Kleine-Leute-Gegend. Steigt dort
– wie in anderen deutschen Einfamilienhäusern in Innenstadtlage – der Druck
durch die Bodenwertsteuer, sodass die Bewohner verkaufen müssen?
Ganz klar: Das Bodenwertmodell tut mehr für Menschen, die in größeren
Häusern wohnen. Bewohner eines kleinen Hauses mit einem hohen Bodenwert
schneiden tendenziell schlechter ab. Dessen sind wir uns bewusst. Wir
können aber nicht alle Probleme auf einmal lösen. Vor allem nicht, wenn die
Grundsteuerreform aufkommensneutral sein soll – das ist die Monstranz, die
der Bundesfinanzminister und die Länder vor sich her tragen.
Wenn das Modell so viele Vorteile hat – warum ist es in den Verhandlungen
kein Gegenstand?
Das habe ich auch nicht verstanden. Aus meiner Sicht ist es sogar ein
idealer Kompromiss zwischen dem wertabhängigen Modell mit
Gebäudewertberechnung von Herrn Scholz und dem Modell, was Bayern
bevorzugt, nämlich nur die Fläche zu berücksichtigen. Mein Eindruck ist,
dass insbesondere die kommunalen Spitzenverbände die Bodenwertsteuer auf
keinen Fall wollen.
Was wird am Ende der Verhandlungen über die neue Grundsteuer stehen?
Da könnte ich ebenso gut in eine Glaskugel schauen. Ich glaube, dass die
Entscheidung erst kurz vor Ende des Jahres fallen wird, also kurz vor der
Frist, die das Bundesverfassungsgericht für eine Neuregelung vorgegeben
hat.
Wie bei den Brexit-Verhandlungen …
… bei denen der Termin noch verlängert wird. Zumindest daran glaube ich
nicht, weil es sich niemand leisten kann, den Kommunen diese wichtige
Einnahmequelle wegzunehmen. Ich halte es auch für denkbar, dass die
Bodenwertsteuer noch mal ins Gespräch kommt, wenn man sich zwischen den
gegensätzlichen Positionen nicht einigen kann. Nicht nur wir haben uns
dafür ausgesprochen, sondern auch das Institut der deutschen Wirtschaft
(IW) und der Umweltverband Naabu.
Eine seltsame Koalition. Gibt Ihnen nicht zu denken, dass das
arbeitgebernahe IW das auch vorschlägt?
Wir sind ein Verband, der sich für Mieterinnen und Mieter einsetzt, und
wenn andere das auch tun, freut uns das. Die IW favorisiert, wie es die
Wirtschaft meistens macht, ein möglichst einfaches Modell. Und das
wertabhängige Modell von Olaf Scholz ist nicht viel einfacher als das
bisherige. Sogar – das finde ich besonders amüsant – fiktive Mietwerte
spielen eine Rolle. Darüber werden im Zweifelsfall wieder die Gerichte
entscheiden müssen.
28 Mar 2019
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## AUTOREN
Martin Reeh
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