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# taz.de -- Studie zu Ost-Wirtschaft sorgt für Zoff: Einmal abgehängt, immer …
> Eine Studie empfiehlt, im Osten nur noch Ballungsräume zu fördern. Das
> empört die Ministerpräsidenten Ramelow und Haselhoff.
Bild: Hier bitte nicht mehr fördern: Moetzelbach in Thüringen
Dresden taz | „Was wir hier an Spitzentechnologie haben, scheint man in
Halle nicht zu bemerken“, machte sich Thüringens Ministerpräsident Bodo
Ramelow (Linke) Luft. Die Studie des Leibniz-Instituts für
Wirtschaftsforschung Halle IWH [1][„Vereintes Land – drei Jahrzehnte nach
dem Mauerfall“] empört ihn und seinen Amtskollegen Reiner Haseloff (CDU) in
Sachsen-Anhalt.
Die Ökonomen empfehlen unter anderem, die Wirtschaftsförderung im Osten auf
Großstädte zu konzentrieren. Ramelow erwähnt 62 Hochtechnologiefirmen in
Thüringen, viele davon in ländlichen Räumen. Wenn man dort
Infrastrukturmittel streichen wolle, „wendet man die falsche Optik an“.
Aus der am Montag offiziell in Berlin vorgestellten 152-seitigen
Publikation waren Kernaussagen schon vorab bekannt geworden. IWH-Präsident
Reint Gropp hatte in einem MDR-Gespräch empfohlen, [2][Fördermittel nicht
mehr an ländliche Räume zu vergeuden]. Wolle man den stagnierenden
wirtschaftlichen Aufholprozess Ost überhaupt in Fahrt bringen, müsse man
sich auf die Ballungsräume konzentrieren. In der Dienstleistungs- und
Wissensgesellschaft seien die Städte „die zentralen Orte von Forschung,
Innovation und Wertschöpfung“, heißt es in der Studie.
In der Publikation dreht sich vieles um den auf mindestens 20 Prozent
bezifferten durchschnittlichen Produktivitätsrückstand Ost gegenüber
westdeutschen Betrieben. Die Analysten machen dafür auch den Umstand
verantwortlich, dass die meisten Konzernzentralen in Westdeutschland
angesiedelt sind. Während dort etwa drei Viertel der Beschäftigten in
Städten arbeiten, sei es im Beitrittsgebiet nur die Hälfte.
## Arbeitsplätze nicht mit Subventionen erhalten
Arbeitsplätze, die mithilfe von Subventionen erhalten wurden, stünden „der
Erhöhung der Arbeitsproduktivität im Wege“. In Zeiten des Fachkräftemangels
sollte Wirtschaftsförderung deshalb „nicht um jeden Preis für Arbeitsplätze
sorgen, sondern für Produktivitätssteigerung“. Der spezifische
Fachkräftemangel Ost könne mit „attraktiven Wohn- und Arbeitsbedingungen“
überwunden werden.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff hält insbesondere die
IWH-Aussagen zu ländlichen Räumen für falsch. Sie betreffe immerhin 80
Prozent der Landesfläche, deren Bewohner man nicht von Fördermöglichkeiten
ausnehmen dürfe. Durch Investitionen dort seien gute Arbeitsplätze etwa in
Chemie- und Industrieparks entstanden.
Joachim Ragnitz hat lange am IWH gearbeitet und ist jetzt Ost-Experte der
Niederlassung des ifo-Wirtschaftsforschungsinstituts in Dresden. Die
„steilen Thesen“ der IWH-Studie bezeichnet er gegenüber der taz als
„altbacken“. So sei die Subventionierung von Arbeitsplätzen im Zuge der
Rettungs- und Ansiedlungspolitik der 1990er Jahre größtenteils Geschichte.
Die empfohlene Aufgabe ländlicher Räume findet der
Wirtschaftswissenschaftler „ganz schlimm“ und bringt soziale Aspekte ins
Spiel. Deshalb glaubt er, dass die Politik „weitermachen wird wie bisher“.
[3][Politische Gefahren durch einen Ost-Rückstand] sieht auch
VW-Vorstandsfrau Hiltrud Werner im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen
Sonntagszeitung. Die Frusthaltung vieler Ostdeutscher sei auch in den
Betrieben spürbar und führe zu Sympathien für die Protestpartei AfD.
Die systematische Deindustrialisierung der Beitrittsländer nach der
Währungsunion wertet sie als historischen Fehler in einer „bitteren Zeit“.
Die IWH-Studie konstatiert wiederum eine deutlich verbesserte
Arbeitsmarktlage im Jahre 30 nach der Wende in der DDR. Die Abwanderung sei
per Saldo zum Stillstand gekommen.
5 Mar 2019
## LINKS
[1] https://www.iwh-halle.de/publikationen/detail/vereintes-land-drei-jahrzehnt…
[2] https://www.mdr.de/nachrichten/wirtschaft/regional/iwh-chef-mehr-investitio…
[3] https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/vw-vorstand-hiltrud-werner-warnt-vor…
## AUTOREN
Michael Bartsch
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