# taz.de -- Kommentar Teilhabe für Ostdeutsche: Sag Ja zum Quotenossi | |
> Der Westen hatte dreißig Jahre, um zu zeigen, wie Teilhabe und | |
> Repräsentanz gerecht verteilt werden könnten. Seine Zeit ist um. | |
Bild: Tear down this wall: Auch heute sind nur 1,7 Prozent der Spitzenjobs von … | |
Quotendiskussionen sind vor allem dies: anstrengend. Mit Blick auf die | |
politische Debatte, ob es künftig für Ostdeutsche eine Quote bei der | |
Besetzung von Führungsjobs geben soll, darf zusätzlich davon ausgegangen | |
werden, dass diese Debatte auch hässlich wird. Denn Teilen tut weh und | |
[1][Klischees sind zäh]. Dennoch ist es allerhöchste Zeit für ein | |
geregeltes Stück gesamtdeutsche Gerechtigkeit. | |
Ein wichtiger Grund für die nach wie vor bestehende Spaltung zwischen Ost | |
und West, für die gefährliche politische Lähmung im Osten, ist das | |
[2][anhaltende Gefühl] der dort lebenden BundesbürgerInnen, dass dieses | |
Land nicht das Ihrige ist. Dass die parlamentarische Demokratie, die ganze | |
schöne Teilhabe, die sicheren und gut bezahlten Jobs weit überwiegend jenen | |
nützen, in deren Geburtsurkunde ein Ort westlich der Elbe vermerkt ist. | |
Das Gefährliche: Sie haben recht, leider. Dreißig Jahre nach dem Mauerfall | |
besetzen Ostdeutsche nur 1,7 Prozent der Spitzenjobs in diesem Land, und | |
das bei einem Bevölkerungsanteil von 17 Prozent. So viele Einzelfälle kann | |
es gar nicht geben, dass das alles noch Zufall sein könnte. | |
Dass es jetzt mal ein bisschen laut und ungemütlich für alle wird, die sich | |
ihrer Machtposition stets sicher fühlten, ist überfällig. | |
Selbstverständlich muss einigen genommen werden, um anderen geben zu | |
können. Aber mal ehrlich, kann es im Jahr 2019 tatsächlich immer noch darum | |
gehen, dass den Ostdeutschen von einer [3][westdeutsch dominierten Elite] | |
ein winziges Stück vom Kuchen zugestanden wird? Auf keinen Fall. | |
Das fundamental Neue ist, dass die Ostdeutschen selbstbewusst etwas | |
fordern. Und dass der Zeitpunkt für ihre Forderung – das Jahr der | |
Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen – perfekt ist. Jetzt | |
kommt es darauf an, sich nicht in Beschämungsdebatten verstricken zu | |
lassen. Das ewige „Ihr wolltet doch den Westen“ ist über die Jahre zur | |
billigen Staffage verkommen. Der demokratische Westen hatte dreißig Jahre, | |
zu zeigen, wie Teilhabe und Repräsentanz gerecht verteilt werden könnten. | |
Seine Zeit ist um. | |
1 Apr 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Studie-ueber-Muslime-und-Ostdeutsche/!5582158 | |
[2] /Debatte-Deutsche-Identitaeten/!5524143 | |
[3] /Elitenforscher-Michael-Hartmann/!5540990 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Ostdeutsche und Migranten | |
Quote | |
Chancengleichheit | |
Minderheitenpolitik | |
Schwerpunkt Ostdeutschland | |
SPD | |
Schwerpunkt Ostdeutsche und Migranten | |
Schwerpunkt Ostdeutsche und Migranten | |
Schwerpunkt Thüringen | |
Schwerpunkt Ostdeutsche und Migranten | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ostdeutsche in Spitzenpositionen: Manuela Schwesigs Eigentor | |
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin will mehr Ostdeutsche in | |
Spitzenpositionen – und tut selbst genau das Gegenteil. | |
Migrationsforscherin über Ostdeutsche: „Angst, auf Platz drei zu landen“ | |
Ostdeutsche fühlen sich von der westdeutschen Mehrheit ausgegrenzt. Deshalb | |
reagieren sie abwertend gegenüber Muslimen, die sie als Rivalen sehen, sagt | |
Naika Foroutan. | |
Studie über Muslime und Ostdeutsche: Wer gehört zu Deutschland? | |
Ostdeutsche und Muslime teilen nicht nur Ausgrenzungserfahrungen – sondern | |
auch Klischees, die Westdeutsche von ihnen haben. | |
Studie zu Ost-Wirtschaft sorgt für Zoff: Einmal abgehängt, immer abgehängt | |
Eine Studie empfiehlt, im Osten nur noch Ballungsräume zu fördern. Das | |
empört die Ministerpräsidenten Ramelow und Haselhoff. | |
Debatte Deutsche Identitäten: Phantomschmerz Ost | |
Die DDR ist Vergangenheit. Warum die eigene Erinnerung dennoch wertvoll | |
ist, wenn es um die Beurteilung aller Ostler geht. |