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# taz.de -- Gemeinnützigkeit von NGOs: Waffen für das Gemeinwohl
> Der Bundesfinanzhof befindet Attac als nicht gemeinnützig. Ein
> Lobby-Verein der Rüstungsindustrie genießt dagegen Steuervorteile.
Bild: Attac in Aktion: Protest gegen Steuerhinterziehung und Rüstung soll nich…
Berlin taz | Die 1957 gegründete Deutsche Gesellschaft für Wehrtechnik mit
Sitz in Bonn hat einen klaren Zweck: „Ziel ist es, die Kenntnis über
zentrale Themen der Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie der Wehr-
und Sicherheitstechnik und der Verteidigungswirtschaft zu fördern“,
[1][schreibt sie] auf ihrer Homepage.
Die nordrhein-westfälische Finanzverwaltung erkennt die DWT abgekürzte
Organisation mit über 1.000 Mitgliedern als gemeinnützig an. Warum, dazu
will das Finanzministerium des Bundeslandes nichts sagen, das sei
Steuergeheimnis. Eine Antwort wäre interessant gewesen, denn was
gemeinnützig ist, das regelt in Deutschland Paragraf 52 der Abgabenordnung.
Darin sind [2][25 mögliche Voraussetzungen] für Gemeinnützigkeit
aufgelistet. Förderung der Religion etwa, der Wissenschaft, Tierschutz,
Sport, explizit auch: „Volksbildung“ und Schach. Sicherheitspolitik und
Rüstung sind nicht dabei.
Wegen solcher Fälle und im Lichte eines gestern gefällten [3][Urteils des
Bundesfinanzhofs] fordert der finanzpolitische Sprecher der SPD im
Bundestag, Lothar Binding, jetzt eine Debatte darum, wie Gemeinnützigkeit
definiert wird. Das oberste deutsche Finanzgericht hat am Dienstag
geurteilt, dass die globalisierungskritische NGO Attac nicht gemeinnützig
ist. Nicht wegen der Inhalte ihrer Arbeit, sondern weil sich Attac zu sehr
mit konkreten Forderungen in die Tagespolitik einmischt. Das dürfen im
Sinne der Gemeinnützigkeit nur etwa Umweltorganisationen, weil Umweltschutz
in der Abgabenordnung aufgeführt ist.
Gemeinnützige Organisationen, deren Politikfeld, wie bei Attac, nicht
explizit in Paragraph 52 der Abgabenordnung aufgeführt sind, berufen sich
in der Regel auf schwammigere, dort aufgeführte Voraussetzungen für
Gemeinnützigkeit, wie „Volksbildung“ oder „Förderung von Wissenschaft u…
Forschung“. Für die müsste einheitlich die Logik des Bundesfinanzhofs
gelten, der im Attac-Urteil jetzt schreibt: „Politische Bildungsarbeit
setzt […] ein Handeln in geistiger Offenheit voraus.“
Zu was für seltsamen Ergebnissen diese Definition von Gemeinnützigkeit
führt, zeigt das Beispiel Deutsche Gesellschaft für Wehrtechnik. Die mischt
sich nicht, wie Attac, öffentlich in die Tagespolitik ein. Deshalb kann sie
sich über das schwammige Kriterium der „Volksbildung“ als gemeinnützig
anerkennen lassen.
## Politischer Einfluss bleibt unbemerkt
Dann ist es auch egal, wie es um die „geistige Offenheit“ bestellt ist: Das
Präsidium des Vereins besteht zum großen Teil aus Vertretern der
Rüstungsindustrie, der Bundeswehr und einigen Bundestagsabgeordneten von
CDU und SPD, Vizepräsidentin ist die CDU-Abgeordnete Gisela Manderla.
Perfekte Kontakte für die Rüstungsindustrie also, um ihre Interessen auch
tagespolitisch vorzutragen, nur eben unbemerkt.
Frank Kühnrich, bei der DWT zuständig für Kommunikation, sagt, die
Gemeinnützigkeit des Vereins beruhe auf dessen Bildungsarbeit – und die sei
neutral. „Wir haben auch Firmen als Mitglieder, deren Vertreter neben
Politikern, hohen Militärs und Wissenschaftlern in unserem Präsidium
vertreten sind. Einfluss auf unsere Geschäftstätigkeit üben diese Firmen
nicht aus“, sagt Kühnrich.
„Ich glaube, man muss bei der Definition von Gemeinnützigkeit in alle
Richtungen nochmal neu überlegen“, sagt SPD-Mann Binding der taz. Er
versteht das als Gesprächsangebot an die Union, die bisher abblockt.
Stattdessen stellt sie die Gemeinnützigkeit der Deutschen Umwelthilfe in
Frage, die FDP die der Tierschutzorganisation Peta. „Ich halte es für einen
schweren Fehler, die Gemeinnützigkeit am Maßstab der eigenen politischen
Ausrichtung zu messen“, sagt Binding.
27 Feb 2019
## LINKS
[1] https://www.dwt-sgw.de/ueber-die-dwt/dwt-im-profil/
[2] https://www.gesetze-im-internet.de/ao_1977/__52.html
[3] /Archiv-Suche/!5572553&s=Hannes+Koch/
## AUTOREN
Ingo Arzt
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Rüstung
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