# taz.de -- Bütikofer kritisiert Geldumleitung: EU pampert Rüstungskonzerne | |
> Ein europäischer Verteidigungsfonds könnte sogar Massenvernichtungswaffen | |
> fördern. Gegen Kontrollen blockt die Große Koalition. | |
Bild: Deutsche Panzer rollen wieder, auch an der türkisch-syrischen Grenze | |
Brüssel taz | Knapp drei Monate vor der Europawahl bricht die Europäische | |
Union mit einem Tabu: Künftig sollen EU-Gelder, die bisher ausschließlich | |
für zivile Projekte vorgesehen waren, in die Rüstungsforschung fließen. Der | |
Chef der Europa-Grünen, Reinhard Bütikofer, spricht von einem | |
„Konjunkturprogramm für die Rüstungsindustrie“ und warnt vor einer | |
Aufweichung der Regeln für Rüstungsexporte. | |
Von 2021 bis 2027 will die EU 13 Milliarden Euro für Forschung, Entwicklung | |
und Beschaffung von Rüstungsgütern ausgeben. Darauf haben sich die | |
EU-Kommission, der Ministerrat und das Europaparlament hinter | |
verschlossenen Türen im so genannten Trilog geeinigt. Das Geld soll in | |
einen „Europäischen Verteidigungsfonds“ fließen. | |
Der Beschluss ist brisant – denn er bedeutet einen Bruch mit der bisher | |
zivil ausgerichteten „Friedensunion“. Zudem legt sich die EU auf ein | |
Rüstungsprogramm fest, noch bevor der neue Finanzrahmen für die Jahre 2021 | |
bis 2027 beschlossen wurde. Das Europaparlament muss die Aufrüstung zwar | |
nochmals bestätigen. Doch das gilt als Formsache. | |
Bütikofer bezeichnete die Einigung als Skandal. „Früher war es eine | |
Mehrheitsposition im Parlament, dass die EU ihre Haushaltsmittel nur für | |
zivile Projekte gibt. Heute sind wir Grünen mit dieser Meinung eine kleine | |
Minderheit“, sagte er zur taz. Auch Sozialdemokraten und Linke hätten | |
keinen nennenswerten Widerstand geleistet. Rüstung werde in vielen | |
EU-Ländern als „eine Art vaterländische Arbeitsbeschaffungsmaßnahme“ | |
gesehen. | |
## Regeln sahen Schwarz-Gelb | |
Bütikofer hatte versucht, für den Rüstungsfonds striktere Regeln | |
einzuziehen und ein Mitspracherecht des Parlaments für konkrete | |
Waffenprogramme durchzusetzen. Eine schwarz-gelbe Mehrheit, bei der auch | |
Euroskeptiker beteiligt waren, ließ ihn jedoch abprallen. „Es war nicht | |
einmal möglich, die Förderung von Massenvernichtungswaffen explizit | |
auszuschließen“, so Bütikofer. Die vorläufige Verabredung lasse auch zu, | |
dass die EU weißen Phosphor und Uranmunition finanziert. | |
Die Einigung bedrohe auch die restriktiven deutschen Richtlinien für den | |
Rüstungsexport, sagte der Europaabgeordnete. Im Trilog sei es nicht einmal | |
möglich gewesen, den bisher in der EU gültigen gemeinsamen Standpunkt zu | |
Rüstungsexporten zu bekräftigen. | |
Deutschland ist bereits unter Druck aus Großbritannien und Frankreich | |
geraten, Beschränkungen bei Exporten nach Saudi-Arabien aufzugeben. | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) deutete bereits ein Einlenken an. Es | |
müsse auch Kompromisse geben, die über „den Wortlaut des | |
Koalitionsvertrages (…) hinausgehen“, meinte sie. Die SPD ist gegen eine | |
Lockerung der deutschen Regeln. | |
28 Feb 2019 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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