| # taz.de -- Kommentar Abschiebepolitik: Seehofer bleibt sich treu | |
| > Der Innenminister setzt auf Abschreckung: Wer auf geplante Abschiebeflüge | |
| > hinweist, soll künftig mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden | |
| > können. | |
| Bild: Setzt auf Abschreckung: Bundesinnenminister Horst Seehofer | |
| Bundesinnenminister Horst Seehofer widmet sich mal wieder seinem | |
| Lieblingsthema: Abschiebungen. Und er bleibt sich treu; erneut zeichnet er | |
| ein Bild, in dem der arme deutsche Rechtsstaat gegängelt und hintergangen | |
| wird von Geflüchteten mit zu viel krimineller Energie und einer | |
| heimtückischen Zivilgesellschaft. | |
| Wer, wie etwa der Bayerische Flüchtlingsrat, im Netz darauf hinweist, | |
| [1][wann der nächste Abschiebeflug] nach Afghanistan geht, soll künftig mit | |
| bis zu drei Jahren Haft oder Geldstrafe bestraft werden. So steht es im | |
| [2][Referentenentwurf] für ein Gesetz zur „besseren Durchsetzung der | |
| Ausreisepflicht“, in Klammern: „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“. Wohlklingende | |
| Namen haben ja Konjunktur in dieser Großen Koalition. | |
| Der ehrlichere Name wäre wohl: „Unerwünschte-Solidarität-Gesetz“. Man wo… | |
| verhindern, dass Menschen vor ihrer Abschiebung untertauchen, heißt es. Aus | |
| diesem Grund teilen die Behörden Betroffenen schon seit 2015 bevorstehende | |
| Abschiebetermine nicht mehr mit. Doch so einfach ist es nicht. | |
| Nur, wer über eine angeordnete Abschiebung Bescheid weiß, kann sich zum | |
| Beispiel juristisch dagegen wehren – also sich auf den Rechtsstaat stützen. | |
| „Wer Unterstützer*innen, Berater*innen, Anwält*innen und Ehrenamtliche | |
| mundtot macht, erklärt den Rechtsstaat zur Makulatur“, sagt deswegen | |
| zurecht Agnes Andrae vom Bayerischen Flüchtlingsrat. | |
| Und es geht um mehr: um Einschüchterung der Menschen, die gegen die immer | |
| restriktivere Asylpolitik aufbegehren. Ganz im Sinne Alexander Dobrindts | |
| (CSU) mit seinem Gerede von der [3][„Anti-Abschiebe-Industrie“] – bestehe… | |
| aus jenen Anwält*innen, die Geflüchtete vor Gericht vertreten. | |
| Deutschland ist damit nicht allein. Gerade diese Woche stand in Göteborg | |
| die Schwedin Elin Ersson vor Gericht. Sie hatte sich 2018 in einem Flugzeug | |
| geweigert, sich zu setzen – und so die Abschiebung eines Mannes nach | |
| Afghanistan vorerst beendet. Auch in Deutschland kommt es regelmäßig zu | |
| Demonstrationen, wenn Abschiebeflüge nach Afghanistan starten. Doch für | |
| solche Aktionen braucht man eins: die Termine. | |
| Das will Seehofer offenbar unterbinden – und zwar unabhängig davon, ob sie | |
| eine Abschiebung tatsächlich behindern oder nicht. Denn wie das Beispiel | |
| von Elin Ersson zeigt: Solidarität kann ansteckend sein. Erst stand sie | |
| alleine, nach und nach taten es ihr immer mehr Passagier*innen gleich. | |
| Abschiebungen nach Afghanistan sind ein dreckiges Geschäft, das weiß auch | |
| der Innenminister. Es steht so schwarz auf weiß im Lagebericht des | |
| Auswärtigen Amts. Das bringt ihn freilich nicht davon ab, sich gegen solche | |
| Abschiebungen auszusprechen. Im Gegenteil: Sie sollen einfach leise, still | |
| und heimlich passieren – je mehr, desto besser. | |
| 7 Feb 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Dinah Riese | |
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