# taz.de -- Gesetzentwurf im Innenministerium: Weitere Asylrechtsverschärfunge… | |
> Geduldete könnten ihren Status bei fehlender Mitwirkung verlieren. Die | |
> Verbreitung von Abschiebungsterminen soll verboten werden. | |
Bild: Das Innenministerium will verbieten, Termine von Abschiebungen zu veröff… | |
Berlin taz Das Bundesinnenministerium plant weitere Verschärfungen des | |
Asylrechts. In der vergangenen Woche wurde ein [1][Referentenentwurf des | |
„Zweiten Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“,] auch | |
„Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ bekannt. Demnach soll geduldeten Flüchtlingen, | |
denen vorgeworfen wird, nicht ausreichend an der Passbeschaffung mitgewirkt | |
zu haben, der Duldungsstatus entzogen werden. | |
Duldungen werden bislang meist erteilt, wenn Abschiebehindernisse | |
vorliegen. Dies können fehlende Papiere sein, aber auch Krankheit oder die | |
Ablehnung der Aufnahme durch die Herkunftsländer. Nach dem Entwurf sollen | |
staatliche Leistungen und Erlaubnisse für Geduldete zukünftig „umfänglich | |
an die Pflicht des Betroffenen geknüpft“ werden, „in zumutbarem Umfang | |
selbst notwendige Handlungen zur Erlangung eines Passes oder Passersatzes | |
vorzunehmen.“ | |
Die Menschen, die den Status als Geduldete aufgrund fehlender | |
Passbeschaffung verlieren, sollen nach dem Wunsch des Innenministeriums | |
zukünftig sanktioniert werden können. Dies betrifft Leistungen nach dem | |
Asylbewerberleistungsgesetz und auch die Erlaubnis, einer Erwerbstätigkeit | |
oder Ausbildung nachzugehen. Obwohl die Betroffenen gerade nicht | |
abgeschoben werden können, dürfen sie dem Gesetzentwurf nach nicht | |
arbeiten. | |
Der Vorstoß aus Horst Seehofers Ministerium, der noch nicht mit anderen | |
Ministerien abgestimmt ist, betrifft auch Beratungsstellen und | |
ehrenamtliche Flüchtlingsunterstützer. So soll im Aufenthaltsgesetz ein | |
Passus hinzugefügt werden, der diejenigen unter Strafe stellt, die „ohne | |
Erlaubnis der zuständigen Behörde geplante Zeitpunkte oder Zeiträume einer | |
bevorstehenden Abschiebung veröffentlichen, an einen unbestimmten | |
Personenkreis gelangen lassen oder einem ausreisepflichtigen Ausländer | |
mitteilen.“ Explizit gilt dies auch für die Verbreitung in sozialen | |
Netzwerken oder in einem geschlossenen Newsletter. | |
## Bis zu drei Jahre Gefängnis | |
Bislang informieren verschiedene Flüchtlingsrechtsorganisationen und | |
Beratungsstellen Betroffene und die Öffentlichkeit über anstehende | |
Abschiebeflüge, wenn ihnen diese Informationen vorliegen. [2][So weist | |
beispielsweise der Bayerische Flüchtlingsrat auf seiner Homepage] auf eine | |
geplante Sammelabschiebung nach Afghanistan am 18. Februar hin. | |
Ein solcher Hinweis könnte mit bis zu drei Jahren Gefängnis oder Geldstrafe | |
bestraft werden, wenn der Referentenentwurf zu einem Gesetz werden würde. | |
Der Flüchtlingsrat bezeichnet den Entwurf als „massiven Angriff auf den | |
Grundsatz der individuellen und ergebnisoffenen Beratung von | |
Sozialarbeiter*innen und Rechtsanwält*innen, der ein wesentlicher | |
Eckpfeiler des Rechtsstaats darstellt.“ | |
„Es ist unser Recht und unsere Pflicht, Flüchtlinge zu beraten. Das lassen | |
wir uns auch nicht nehmen“, sagt Agnes Andrae vom Bayerischen | |
Flüchtlingsrat zur taz. Sie ist selbst in der Einzelfallberatung tätig. | |
„Wenn wir Informationen über geplante Abschiebungen haben, geben wir diese | |
natürlich auch weiter. Wer Unterstützer*innen, Berater*innen, Anwält*innen | |
und Ehrenamtliche mundtot macht, erklärt den Rechtsstaat zur Makulatur.“ | |
Bereits im vergangenen Jahr hatte die baden-württembergische AfD erfolglos | |
Strafanzeigen aufgrund veröffentlichter Abschiebetermine gestellt. Der | |
CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt, [3][hatte im Mai | |
2018 von einer „Anti-Abschiebe-Industrie“ gesprochen.] „Das | |
Innenministerium setzt meiner Ansicht nach mit dem Gesetzentwurf diese | |
Rhetorik politisch um“, meint Maximilian Pichl von der Universität Kassel | |
im Gespräch mit der taz. Pichl ist Asylrechtsexperte, Rechts- und | |
Politikwissenschaftler sowie ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe aktiv. | |
„Gerade bei Abschiebungen nach Afghanistan sind Menschenrechtsverletzungen | |
und Bedrohungen des Lebens im Ankunftsland zu befürchten. Daher halte ich | |
es für wichtig, wenn auf diese Abschiebungen öffentlich aufmerksam gemacht | |
wird, um die Betroffenen juristisch zu unterstützen“, so Pichl weiter. | |
[4][Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kritisiert den Gesetzentwurf] | |
als „inhuman und mit dem rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz | |
nicht in Einklang zu bringen.“ Abgelehnte Asylbewerber würden darin wie | |
Straftäter behandelt. | |
6 Feb 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.proasyl.de/wp-content/uploads/2019/02/GE-Zweites-Gesetz-zur-bes… | |
[2] https://www.fluechtlingsrat-bayern.de/informationen.html | |
[3] /Nach-Aeusserung-von-Alexander-Dobrindt/!5503468 | |
[4] https://www.proasyl.de/news/das-geordnete-rueckkehr-gesetz-ignoriert-rechts… | |
## AUTOREN | |
Frederik Schindler | |
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