# taz.de -- Frank Magnitz' Medienstrategie geleakt: „Mediale Betroffenheit“… | |
> AfD-Mann Magnitz soll bewusst das Foto seines blutigen Gesichts | |
> verbreitet haben. So habe er Aufmerksamkeit auf den Überfall lenken | |
> wollen. | |
Bild: „Ein solches Foto anzuhängen ist jedoch ungewöhnlich“: Das schreibt… | |
BREMEN taz | Seit Überwachungsaufnahmen des Vorfalls vorliegen, ist klar: | |
Die AfD hat bei ihren Darstellungen des Angriffs auf den | |
Bundestagsabgeordneten und Bremer Landeschef Frank Magnitz dramatisiert. | |
Nun wird deutlich: Der Bremer AfD-Politiker hat sich selbst von Anfang an | |
bewusst dazu entschieden, ein Foto zu verbreiten, auf dem er | |
blutverschmiert zu sehen ist. Er habe damit „Aufmerksamkeit“ und „mediale | |
Betroffenheit“ erzeugen wollen – das schreibt Magnitz in einem internen | |
Rundbrief, der der taz vorliegt. Magnitz bestätigte, dass er der Verfasser | |
ist. | |
Der 66-Jährige war am Montag vergangener Woche auf dem Gelände des Bremer | |
Theaters von hinten angesprungen worden und daraufhin ungebremst zu Boden | |
gestürzt. Videoaufnahmen, die die Polizei am Freitag veröffentlichte, | |
zeigen, wie die Täter direkt danach flüchteten. Anders als die AfD es | |
zunächst dargestellt hatte, wurde Magnitz [1][weder mit einem Kantholz | |
niedergeschlagen noch am Boden liegend getreten]. Statt wegen Mordversuchs | |
ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen gefährlicher Körperverletzung. | |
Ein Bild, das Magnitz voller Blut und mit einer tiefen Wunde am Kopf zeigt, | |
machte schon kurz nach der Tat, am Montagabend, die Runde. Ein Post der AfD | |
Bremen mit dem Foto wurde bei Facebook bereits nach einer Stunde | |
tausendfach geteilt. Die AfD sprach darin von einem „Mordanschlag“ als | |
„Ergebnis rot-grüner Hetze“. Bundesweit und international sorgte die Tat | |
für Empörung. Das Foto des Mannes voller Blut und die Vorstellung, er sei | |
mit einem Kantholz halb tot geschlagen worden, zeigten Wirkung. | |
Magnitz hatte bereits am nächsten Tag vom Krankenbett aus mehrere | |
Interviews gegeben und sich einen Tag später selbst aus der Klinik | |
entlassen. | |
## „Mediale Betroffenheit […] erzeugen“ | |
In dem internen Schreiben, das am Sonntag an die AfD-Mitglieder verschickt | |
wurde, erklärt Magnitz nun, dass er sich selbst noch am Abend des Angriffs | |
im Krankenhaus entschieden hatte, das Foto von seinen Verletzungen zu | |
verbreiten. „Und zwar aus zwei Gründen: Zum einen werden unsere | |
Pressemitteilungen zu nahezu 100 Prozent nicht veröffentlicht. Ein solches | |
Foto anzuhängen ist jedoch ungewöhnlich und mir war klar, dass eine | |
entsprechende Aufmerksamkeit damit erzielt werden würde.“ Weiter heißt es | |
in dem parteiinternen Infobrief, es sei „nur so eine mediale Betroffenheit | |
zu erzeugen“ gewesen. Er selbst habe einen Pfleger gebeten, das Foto zu | |
machen, nachdem er aus dem MRT gekommen sei, „um sehen zu können, wie | |
schlimm meine Stirnverletzung war“. | |
Auch über die anschließende mediale Wirkung informiert der AfD-Politiker: | |
„Die Pressemitteilung und die Berichterstattung zur Tat haben den Weg um | |
den gesamten Erdball innerhalb von 24 Stunden genommen. Ohne das angehängte | |
Foto wäre die PM wie alle anderen unter ‚ferner liefen‘ abgehandelt | |
worden.“ | |
In dem Brief, der an „liebe Mitglieder und Förderer, liebe Parteifreunde“ | |
adressiert ist, zieht Magnitz eine positive Bilanz der letzten Tage. „Eines | |
ist sicher“, schreibt er: „Wir haben die gesamte Nation aufgerüttelt und | |
einen Diskussionsprozess in Gang gesetzt, was uns sonst nie gelungen wäre!“ | |
Und: „In Bremen selbst dürfte das Thema bei denen, die unsicher, aber uns | |
nicht gänzlich abgeneigt sind, für Sympathien gesorgt haben.“ | |
Gegenüber der taz bestätigte Magnitz am Dienstag diese Auswertung des | |
Angriffs: „Das ist das Ergebnis, das vom gesamten politischen Spektrum | |
befürchtet wird, dass die AfD etwas instrumentalisieren könnte.“ Er sei | |
hingegen der Ansicht, dass die anderen Parteien ständig alles | |
instrumentalisierten und die AfD ansonsten wenig Chancen habe, Gehör zu | |
finden. In diesem Fall sei für die AfD mal „etwas gut gewesen“. | |
## „Kantholz“ als Fehler | |
In dem Brief schreibt Magnitz lediglich über die Mitteilung mit dem | |
Kantholz als Tatwerkzeug, dass er sie im Nachhinein anders formulieren | |
würde: „Aus reiner, professioneller Vorsicht hätte man wahrscheinlich ein | |
‚mutmaßlich‘ vor das ‚Kantholz‘ setzen müssen.“ Die Pressemitteilun… | |
seine Tochter, Ann-Katrin Magnitz, mit den von ihm gemachten Angaben | |
erstellt. „Ich hatte keinen Grund, an den Aussagen des Handwerkers, der mir | |
den Tathergang geschildert hatte, zu zweifeln“, so Magnitz. | |
Gleichzeitig stellt er in dem Rundschreiben Mutmaßungen an, wer hinter dem | |
Angriff stecken könnte – und zeigt klar in Richtung seiner politischen | |
Gegner. Erneut bringt er die TeilnehmerInnen einer Kundgebung ins Spiel, | |
die während der Tat in der Nähe an den Tod des Sierra Leoners Laye Condé | |
erinnerten, der 2005 an den Folgen einer Brechmittelfolter in | |
Polizeigewahrsam gestorben war. | |
„Auf dem Weg zu meinem Auto kam ich an einer Gedenkveranstaltung für den | |
vor 12 oder 14 Jahren in Polizeigewahrsam ([2][sog. Brechmittelaffäre]) | |
verstorbenen afrikanischen Drogendealer Conde vorbei“, schreibt Magnitz. | |
Dabei sei er von einem der Teilnehmer erkannt worden. | |
## Beide Initiativen weisen Vorwürfe zurück | |
Ebenfalls für verdächtig hält er die Recherchegruppe AfD Watch Bremen, die | |
seit 2017 über die AfD informiert – unter anderem über Magnitz’ | |
Verbindungen zur rechtsextremen Identitären Bewegung. Wie viele linke | |
Initiativen hat auch AfD Watch als Postadresse die Anschrift des Bremer | |
Infoladens angegeben, der im alternativen Ostertor-Viertel ein paar | |
Straßenecken vom Tatort entfernt liegt. Durch die Nähe sei „die | |
Zeckendichte in diesem Bereich besonders hoch“, so Magnitz, er sei | |
womöglich von zufällig vorbeikommenden Schlägern erkannt und verfolgt | |
worden. | |
Beide von Magnitz verdächtigten Initiativen weisen die Vorwürfe zurück. Die | |
Gedenkinitiative spricht von dem „Versuch einer gezielten Diskreditierung“ | |
einer antirassistischen Kundgebung. Ein Sprecher von AfD Watch Bremen | |
sagte: „Es ist der elende Versuch der AfD, ein Narrativ jenseits jeglicher | |
Fakten aufrechterhalten zu wollen.“ | |
Magnitz steht mit seinem Landesverband für einen besonders rechten Kurs. Er | |
selbst gilt dem völkisch-nationalistischen „Flügel“ um den Thüringer | |
Partei- und Fraktionschef Björn Höcke nahestehend, einer Gruppe der AfD, | |
die der Verfassungsschutz seit Dienstag zum Verdachtsfall erklärt hat. | |
15 Jan 2019 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
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