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# taz.de -- TV-Serie „Das Boot“: Es pingt wieder
> Mit einer TV-Serie soll die Erfolgsgeschichte von „Das Boot“
> fortgeschrieben werden. Der Respekt vor Wolfgang Petersens Verfilmung ist
> groß.
Bild: Sucht wieder nach dem Feind: „Boots“-Besatzung
Der Respekt vor dem Original ist allgegenwärtig. Wolfgang Petersens 1981
entstandene Adaption von Lothar-Günther Buchheims Buch „Das Boot“ ist
schließlich ein Monument in der deutschen Film- und Fernsehlandschaft.
Sei es in der ersten Kinoversion, dem überlangen Director’s Cut oder der
sechsteiligen Miniserie mit einer Spielzeit von mehr als fünf Stunden.
Ein Welterfolg, nominiert für Oscars, Golden Globes und einen BAFTA Award,
Sprungbrett für die Beteiligten in nationale und internationale Karrieren:
Regisseur Petersen, Kameramann Jost Vacano und Hauptdarsteller Jürgen
Prochnow wurden in Hollywood erfolgreich.
Und nahezu die gesamte Crew des U-Boots „U 96“ – von Klaus Wennemann und
[1][Herbert Grönemeyer] über Martin Semmelrogge, Ralf Richter oder Uwe
Ochsenknecht bis zu Heinz Hoenig, Claude-Oliver Rudolph und Jan Fedder –
wurde in Deutschland berühmt. Mit einem Budget von 32 Millionen D-Mark eine
der teuersten und aufwendigsten deutschen Produktionen, die beweisen
sollte, dass auch hierzulande spektakuläre und actionreiche Kinofilme
inszeniert werden können. Natürlich mit einer Geschichte aus dem Zweiten
Weltkrieg: über den U-Boot-Krieg im Atlantik im Jahr 1941.
Die fast 40 Jahre alte Verfilmung hat die Jahrzehnte überdauert und ist gut
gealtert. Die 1984 erstmals in Großbritannien ausgestrahlte Version als
Miniserie zeigt auch heute noch eindrucksvoll, dass sie ein Vorläufer der
großen seriellen Erzählungen ist, die im goldenen Zeitalter des Fernsehens
als Maß aller Dinge gelten: aufwendig ausgestattet, fortlaufend episch
erzählt und von der düsteren Weltsicht ihrer Antihelden getrieben.
## Große Marke, großes Risiko
Es ist also kein Wunder, dass die Rechtehalter von Bavaria Fiction diese
weltbekannte Marke ins Spiel brachten, als es darum ging, für den
Pay-TV-Sender Sky [2][nach „Babylon Berlin“] ein weiteres großes und
zeitgemäßes Serienprojekt aus Deutschland zu entwickeln, das auf dem
international boomenden Markt lukrativ ausgewertet werden kann. Dieses Mal
allerdings ohne die Zusammenarbeit mit einem öffentlich-rechtlichen Sender.
Diese aus ökonomischer Sicht nachvollziehbare Idee stellte die inhaltlich
verantwortlichen Kreativen vor große Herausforderungen, wie Drehbuchautor
Johannes Betz bestätigt: „Wir haben ganz schnell eines begriffen: dass wir
keine Kopie und kein Remake des Petersen-Films machen wollten. Das wäre wie
Gotteslästerung gewesen, das macht man nicht.“
So haben Betz und Co sich dazu entschlossen, die acht Teile als Fortsetzung
anzulegen, die sich ebenfalls beim Ursprungsmaterial Buchheims sowie seinem
Nachfolgeroman „Die Festung“ bedient. Zusammen mit Betz fungiert der Brite
Tony Saint als Headautor der Serie: „Wir haben die Story im Herbst 1942
angesiedelt, denn zu diesem Zeitpunkt begann sich der Krieg gegen
Deutschland zu wenden, und viele der Deutschen begannen langsam zu
zweifeln“, sagt Saint.
## Sprachliche Vielfalt
Dabei schickt die neue „Das Boot“-Serie nicht nur eine neue Besatzung in
einem anderen U-Boot auf eine andere Mission, sondern löst sich
erzählerisch auch deutlich vom Original: Die MacherInnen verlagern einen
zweiten Handlungsstrang an Land, genauer gesagt ins von den Deutschen
besetzte La Rochelle in Frankreich, wo die im Elsass geborene Simone
Strasser (Vicky Krieps) als Übersetzerin für die Gestapo arbeitet und mit
der aufkommenden Résistance in Kontakt kommt. „Das war von Anfang an Teil
der Story“, sagt Saint. „Der Gedanke an acht Stunden mit einem Haufen
Seeleute auf einem U-Boot könnte das Publikum ein wenig einschränken,
sodass die Idee der Einbindung einer Protagonistin für die Geschichte
extrem wichtig war.“
Was sich kalkuliert anhört, ist eine der besten Entscheidungen für die
Neuverfilmung des Stoffes. In den vorab zur Verfügung gestellten vier
Folgen erweist sich der Handlungsstrang um Strasser sogar als der stärkere.
Dabei spielt auch die sprachliche Vielfalt eine große Rolle, die hier
sowohl deutsche und französische als auch englische Dialoge im Original
zulässt, wenn die Widerstandskämpferin Carla Monroe (Lizzy Caplan) in die
Handlung tritt. „Das hat natürlich auch etwas damit zu tun, dass bestimmte
Märkte mitrepräsentiert werden müssen, aber es hat sich eben auch organisch
ergeben“, sagt Johannes Betz über die Multilingualität in der Serie.
Für Produzent Moritz Polter ist der internationale Aspekt entscheidend:
„Das Genre Antikriegsfilm funktioniert universell. ‚Das Boot‘ spielt zu
einem großen Teil in La Rochelle in Frankreich, also ist der französische
Anteil auch von vornherein vorhanden. Zudem ist die Marke natürlich
weltweit bekannt.“
## Teurer als „Babylon Berlin“
Mit den investierten 26,5 Millionen Euro ist die Serie, auf eine Folge
umgerechnet, fast eine Million Euro teurer als „Babylon Berlin“. Anders
hätte man der Marke auch nicht gerecht werden können, meint Polter. „Man
muss der Geschichte, die erzählt wird, Rechnung tragen.“
Sowohl vor als auch hinter der Kamera setzt man dafür auf erfahrene
Mitwirkende, nicht nur aus Deutschland. „Wenn man sich die Serie anschaut,
spürt man, dass es keine deutsche Serie ist, sondern eine internationale“,
sagt Polter. „Das heißt aber nicht, dass es sich um Europudding handelt,
sondern dass die Serie hoffentlich eine Stufe erreichen wird, die sich nach
Weltniveau anfühlt.“ Mit Darstellern wie Tom Wlaschiha („Game of
Thrones“), Lizzy Caplan („Masters of Sex“) und Vincent Kartheiser („Mad
Men“) unterstreicht „Das Boot“ deutlich, in welcher Liga gespielt werden
soll.
„Als das Telefon geläutet hat und ich gefragt wurde, ob ich Interesse an
diesem Projekt hätte, musste ich nicht nachdenken“, bekräftigt auch
Regisseur Andreas Prochaska die Anziehungskraft des Stoffes. Der
Österreicher hatte 2014 mit seinem Kinofilm „Das finstere Tal“ eine
stilsichere Mischung aus Western und Heimatfilm inszeniert. Mit seiner
Mitwirkung an den acht Episoden habe er sich einen Wunsch erfüllen können:
„Ich wollte immer schon mal eine Geschichte erzählen, die im Zweiten
Weltkrieg spielt, und da war ‚Das Boot‘ natürlich eine grandiose Vorlage.
Gerade die Möglichkeit, darin Drama-, Suspense- und Actionelemente zu
verbinden, hat mir unglaubliche Freude bereitet.“
## Hoher Erwartungsdruck
Bedenkt man, wie viel Kalkül, Erfolgs- und Erwartungsdruck hinter der
seriellen Wiederbelebung von „Das Boot“ stehen, kann man die getroffenen
Entscheidungen der Verantwortlichen und die Umsetzung der Kreativen kaum
hoch genug schätzen.
Auch Komponist Matthias Weber, der vor der Herausforderung stand, das
prägnante musikalische Originalleitmotiv von Klaus Doldinger zu bearbeiten,
setzte auf den behutsamen Umgang mit der Vorlage: „Als großer Doldinger-Fan
hatte ich natürlich ganz viel Respekt vor dem Thema. Ich habe mich wochen-
und monatelang damit beschäftigt, wie man es am besten einbauen kann. Am
Ende sind wir es fragmentarisch angegangen.“ Das Thema sei weltbekannt, da
brauche man gar nicht alle Töne zu spielen. Wenn man nur den Anfang spiele,
gehe es bei jedem im Kopf automatisch weiter, so Weber.
Ob es bei allen Bemühungen und Investitionen am Ende wirklich gelingt, aus
dem Schatten von Petersens Verfilmung treten zu können? Die Chance dazu
wird es zumindest in vielen Märkten geben. Die Ausstrahlungsrechte für die
neue „Das Boot“-Serie wurden bereits in mehr als 100 Länder verkauft.
22 Nov 2018
## LINKS
[1] /Herbert-Groenemeyer-ueber-Deutschland/!5546841
[2] /ARD-Serie-Babylon-Berlin/!5536299
## AUTOREN
Jens Mayer
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