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# taz.de -- Zum Tod von Regisseur Wolfgang Petersen: Wie man Gesichter lesbar m…
> Er gestand in Hollywood sogar Actionhelden Gefühle zu: „Das
> Boot“-Regisseur Wolfgang Petersen ist im Alter von 81 Jahren gestorben.
Bild: Bei Regisseur Wolfgang Petersen zeigen die Figuren Menschlichkeit
Das empathische Gesicht von Herbert Grönemeyer in „Das Boot“, wenn sein
Kojennachbar ihm ein Foto seiner Freundin zeigt, die er vermisst. Jürgen
Prochnows ungläubig-schockverliebtes Antlitz in „Die Konsequenz“, wenn er
zum ersten Mal den jungen Mann sieht, der mit ihm, dem wegen „Unzucht an
Minderjährigen“ Verurteilten, im Knast ein Theaterstück aufführt. Oder die
Ergebenheit in den Augen von [1][George Clooney] in „Der Sturm“ angesichts
der Riesenwelle: Der Regisseur Wolfgang Petersen konnte Gesichter lesbar
machen. Er gab den meist männlichen Protagonisten seiner Filme den Mut, in
Anbetracht großer, unabwendbarer und unmenschlicher Katastrophen ihre
Gefühle zuzulassen und mit ihnen zu arbeiten.
Petersen, der 1941 in Emden geboren wurde und schon als Schüler in Hamburg
Interesse am Inszenieren von Geschichten zeigte, verankerte sich mit der
„Tatort“-Folge „Reifezeugnis“ 1977 mit Wucht im kollektiven
Fernsehgedächtnis. Die Geschichte über eine missbräuchliche
Lehrer-Schülerin-Beziehung befriedigte die verklemmte Schaulust des
Publikums durch – für damalige Verhältnisse – explizite Bilder der
15-jährigen Protagonistin Nastassja Kinski und bot zugleich ein kritisches
Psychogramm ebenjener Lüsternheit.
Ebenfalls 1977 wurde [2][Petersens Adaption von Alexander Zieglers Roman
„Die Konsequenz“] in der ARD ausgestrahlt – und vom Bayerischen Rundfunk
boykottiert, weil die liebevollen Szenen der konsensuellen Verbindung
zwischen Prochnows Charakter „Martin“ und seinem jungen Liebhaber „Thomas…
(gespielt von dem 17-jährigen Ernst Hannawald) als skandalös empfunden
wurden.
Petersens Adaption von Lothar-Günther Buchheims Antikriegsroman „Das Boot“
(1981), später als Fernsehmehrteiler ausgestrahlt, war bei der
Oscarverleihung 1983 in sechs Kategorien nominiert – Petersen musste sich
für die „Beste Regie“ gegen Richard Attenborough (für „Gandhi“) gesch…
geben. Aber der Deutsche war mit Wucht in Hollywood angekommen.
## Unerschrockene „Think-Big“-Attitude
Sein Stil, sowohl die Herkunft seiner Filmfiguren durch die Einbeziehung
von Dialekten zu verdeutlichen, als auch auf die „Durchlässigkeit“ der
Darsteller:innen zu setzen, und seine unerschrockene „Think
Big“-Attitude, die – im Bedarfsfall – Riesenbudgets erforderte, passte
genauso zu den problembewussten Filmen des „New Hollywood“ wie zu den
teuren, zuschauerstarken Actionklassikern der Traumfabrik.
Sein erster englischsprachiger Film, „Die unendliche Geschichte“, bereitete
1985 Michael Endes Fantasyklassiker bildstark für die Leinwand auf –
inklusive schwülstigen Giorgio Moroder-Titelsongs, dargeboten von Popstar
Limahl. Petersen drehte mit Dustin Hoffman, Dennis Quaid und Harrison Ford,
im Politthriller „In the Line of Fire“ ließ er Clint Eastwood 1993 einen
traumatisierten Agenten spielen – und gestand sogar diesem Heldenprototypen
Gefühle zu.
Petersen, der seit 1986 mit seiner zweiten Frau in Los Angeles lebte, starb
Freitag 81-jährig. Seine Charaktere haben die Palette der klassischen
Filmhelden um etwas Wichtiges bereichert: Sie alle zeigen Menschlichkeit.
17 Aug 2022
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## AUTOREN
Jenni Zylka
## TAGS
Film
Deutscher Film
Nachruf
Regisseur
Bodybuilding
TV-Serien
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