# taz.de -- ARD-Drama über Aenne Burda: Unschöne Nähe | |
> Der Zweiteiler erzählt die Geschichte der Verlegerfamilie Burda. Das ist | |
> historisch gesehen interessant, aber langweilig erzählt. | |
Bild: Aenne (Katharina Wackernagel) kümmert sich um ihren Sohn Hubert (Lior Ku… | |
Ja, is denn scho wieder Burda-Time im Ersten? Nur drei Wochen nach dem | |
[1][Bambi], „Deutschlands wichtigstem Medienpreis“ (O-Ton ARD), steht der | |
erste Teil der Geschichte von Deutschlands wichtigster | |
Wirtschaftswunderfrau auf dem Programm. „Aenne Burda – Die | |
Wirtschaftswunderfrau“ nennen die Verantwortlichen den von Francis Meletzky | |
inszenierten Zweiteiler jedenfalls unbescheiden. | |
Die ohnehin exquisiten Verbindungen zum Print-Konzern – der Bambi wird von | |
Hubert Burda Media verliehen – scheinen auch bei der PR für den Film über | |
Aenne Burda zum Tragen gekommen zu sein. Als kürzlich in Offenburg die | |
Filmpremiere des Zweiteilers stattfand, firmierten der verantwortliche SWR | |
und das Haus Burda. | |
Von der Premierenveranstaltung veröffentlichte die Pressestelle des SWR | |
dann ein neunminütiges Video, das nicht etwa die Bewegtbild-Fachleute des | |
SWR produziert haben, sondern, wie in der Autorenzeile freundlicherweise | |
vermerkt ist, die Bewegtbild-Experten von Hubert Burda Media. | |
Dass ein öffentlich-rechtlicher Sender die Premiere eines Films, der auch | |
die Geschichte eines Wirtschaftsunternehmens erzählt, gemeinsam mit | |
ebendiesem Wirtschaftsunternehmen präsentiert, muss man nicht ideal finden. | |
Dazu, sich den Zweiteiler unbefangen anzuschauen, trägt diese Form der Nähe | |
jedenfalls nicht bei. | |
## Verbindungen zum NS-Regime | |
Jahaa, werden sie bei ARD nun entgegen: Ist dieser Film denn etwa | |
unkritisch gegenüber seinen Protagonisten? Nö, ist er nicht. Franz Burda | |
(Fritz Karl), der Vater des heutigen Imperiumlenkers Hubert, wird als | |
Bilderbuchschuft beschrieben, der jahrelang halbwegs geheim eine Art | |
Zweitehe führte. Auch die Verbindungen des Unternehmens zum NS-Regime | |
kommen zur Sprache. Bei einer Abendgesellschaft im feudalen Hause Burda | |
bemerkt einer der Anwesenden: Damals habe der Hausherr „die Karten für den | |
Rommel“ produziert, und „heute druckt er für den Franzosen“. | |
Die Äußerung bezieht sich darauf, dass die Karthographische Anstalt Dr. | |
Franz Burda während des Zweiten Weltkrieges Landkarten für Luftwaffe und | |
Wehrmacht herstellte, unter anderem für Erwin Rommel. Nach Kriegsende | |
druckten die ideologisch flexiblen Burda-Leute Schulbücher für die | |
französischen Besatzer. „Franz Burda hatte seine ersten Erfolge bereits vor | |
1945 und gehört zu den Kriegsgewinnern“, schreibt dazu der Autor Peter Köpf | |
in seinem Buch „Die Burdas“. Burda sei ein „Mittäter“ des | |
Nationalsozialismus gewesen. | |
Diese politische Vergangenheit spielt in der 1949 beginnenden Geschichte | |
aber eher eine kleine Rolle, vor allem verglichen damit, wie oft man aufs | |
Brot geschmiert bekommt, dass die Titelheldin in einfachen Verhältnissen | |
aufgewachsen ist. 1949 erlebt Aenne Burda (Katharina Wackernagel) die | |
Schlüsselmomente ihres Lebens: Zunächst bemerkt sie, dass ihr Gatte sie | |
betrogen hat – und dann, fast schlimmer, dass er die Nebenbuhlerin zur | |
[2][Verlegerin einer Zeitschrift] gemacht hat, deren Idee von ihr, Aenne, | |
stammt. Sie bringt den niederträchtigen Gatten dazu, ihr diesen Verlag zu | |
überschreiben. | |
Damit beginnt die Erfolgsgeschichte der Zeitschrift Burda Moden, die | |
Schnittmuster bietet, dank deren sich Leserinnen Topkleider selbst | |
schneidern konnten. Mit dem damals für eine Frau völlig ungewöhnlichen | |
Schritt in die Geschäftswelt beginnt auch die private Emanzipation Aenne | |
Burdas. | |
Das ist zwar gesellschaftshistorisch interessant, wird aber so glatt und | |
bieder runtererzählt, das jenseits der Zielgruppe, die sonst | |
Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen im ZDF guckt, niemand Gefallen daran finden | |
dürfte. Das gilt insbesondere für die Süßstoff-überdosierte Musik. Die | |
kleistert hier fast alles zu. | |
5 Dec 2018 | |
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## AUTOREN | |
René Martens | |
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