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# taz.de -- TV-Drama über Widerstand im Norden: Telemarken gegen Nazis
> Der ARD-Sechsteiler „Saboteure im Eis“ erzählt, wie Norweger die deutsche
> Atombombe verhindert haben wollen.
Bild: Werner Heisenberg machte immer eine gute Figur – äußerlich
Heisenberg: Bei dem Namen denken Seriengucker heutzutage an „Breaking Bad“
– an den Meth kochenden Chemielehrer Walter White und sein
Gangster-Alter-Ego. Der „echte“ Heisenberg, Werner, hatte aber schon einmal
einen Kurzauftritt in der Fernsehserie „Manhattan“. In den kommenden drei
Tagen kann ihn der geneigte Zuschauer nun etwas ausführlicher studieren –
in dem Sechsteiler „Saboteure im Eis“.
Der Vergleich der letztgenannten Serien ist übrigens nicht nur deshalb
interessant, weil in beiden die Entwicklung der Atombombe während des
Zweiten Weltkriegs das zentrale Motiv ist, nur eben auf verschiedenen
Seiten des Atlantiks und der Bündnisse. In „Manhattan“ war es den
Amerikanern, um der Authentizität willen, so wichtig, dass die Deutschen
Deutsch sprechen, dass man die deutschen Worte selbst amerikanischen
Darstellern in den Mund gelegt hat, die offenbar nie in ihrem Leben eine
Deutschstunde hatten.
Die internationale Koproduktion „Saboteure im Eis“ (Regie: Per-Olav
Sørensen, Drehbuch: Petter Rosenlund) ist europäisch prominent besetzt –
die Deutschen werden etwa von Robert Hunger-Bühler und Uwe Preuss gespielt.
Die Filmsprachen sind, außer Deutsch: Norwegisch, Englisch und Dänisch. Und
das nur, damit dann die ARD in ihrer ganzen bräsigen Unbekümmertheit doch
wieder mit ihrer Totalsynchronisation da drübergeht! Die Szene, in der ein
norwegisches Mädchen deutsche Vokabeln lernen soll, entlarvt den Nihilismus
dieser Praxis.
Werner Heisenberg, gespielt von Christoph Bach, der gerade erst im jüngsten
Berlin-„Tatort“ einen irregeleiteten Mörder gegeben hat, soll, muss, will
also den Nazis die Atombombe bauen. Oder auch nur einen Reaktor oder nicht
einmal den. Er erklärt sich seinem alten Freund und
Nobelpreisträgerkollegen Niels Bohr – der bald darauf am amerikanischen
Manhattan-Projekt mitarbeiten würde – in einem berüchtigt gewordenen,
verschieden erinnerten Gespräch in Kopenhagen: „Politiker kommen und gehen.
Ideologien ändern sich. Aber die Wissenschaft ist immer nach vorn
gerichtet. Solange wir dafür sorgen, dass der Krieg der Wissenschaft dient,
besteht keine Gefahr.“ Niels Bohr: „Du hast mich immer gefragt, welche
moralische Verpflichtung wir haben. Und hier ist meine Antwort: Unsere
Verpflichtung war noch nie größer. Hör auf mit dem Unfug!“
## „Werner, diese Lager!“
Heisenberg – dieser Heisenberg – geht darüber ebenso hinweg wie über die
eine Bemerkung seines ständigen Sidekicks, des späteren Friedensforschers
Carl Friedrich von Weizsäcker (David Zimmerschied): „Werner, diese Lager,
ich hab das mal ausgerechnet. Ich mein, es kommt ja nie jemand zurück. Was
denkst du, wie groß sind die mittlerweile?“ Und da wäre auch noch
Heisenbergs bedauernswerte Gattin (Peri Baumeister): „Du hast gesagt, ich
würde nie auf eine Frau, wohl aber auf deine Wissenschaft eifersüchtig
sein. Du hattest recht.“
Es werden da so einige Klischees des mad professors, des Wissenschaftlers
als inselbegabtem Autisten bedient. Überhaupt ist die Miniserie eine rechte
Ansammlung von Stereotypen. Das mag an ihrer Natur liegen. „Saboteure im
Eis“ ist vor allem ein weiteres norwegisches Heldenepos nach „Max Manus“
(2008). Die Nazis sind für ihre, für Heisenbergs Bombe auf Schweres Wasser
angewiesen, das allein aus einer einzigen norwegischen Fabrik verfügbar
ist. Ein Trupp von Schottland aus operierender norwegischer Partisanen muss
es richten, das heißt: die Schweres-Wasser-Produktion sabotieren. Mit allen
Mitteln. So hängt einmal einer der Norweger seine deutschen Verfolger im
James-Bond-würdigen Skirennen (telemarkend, versteht sich) mit
Pistolenschießen ab. Nur dass sich nach seinem Sprung über die Klippe kein
Fallschirm mit Landesflagge öffnet.
In „Manhattan“ sagen sich die Wissenschaftler: Unsere Bombe wird diesen
Krieg beenden – und alle künftigen verhindern! Der Fernsehzuschauer von
heute weiß um ihren historischen Irrtum und daraus entsteht die beachtliche
Spannung der Serie. In „Saboteure im Eis“ muss man die letzte Folge
abwarten, in der die Helden sich mit der Frage konfrontiert sehen, ob die
Verhinderung der Nazi-Bombe – sie wissen nicht, wie weit die Deutschen
damit sind – die Versenkung einer Fähre mit Mann und Maus, 50
„unschuldigen“ Zivilisten an Bord, Kindern inklusive, rechtfertigt. Es ist
eben doch nicht so einfach, ein Held zu sein. Und das hohe Niveau
skandinavischen Serien-Könnens („Borgen“, „Die Erbschaft“) verlangt am…
offenbar doch noch nach ein bisschen mehr an Ambivalenz.
2 Jan 2018
## AUTOREN
Jens Müller
## TAGS
Schwerpunkt Zweiter Weltkrieg
Atombombe
Lesestück Interview
SWR
Drama
Tatort
Norwegen
Schwerpunkt Frankreich
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