| # taz.de -- „Tatort“ aus Ludwigshafen: Arrivederci, Kopper | |
| > In seinem letzten Fall wird Kommissar Kopper selbst zum Mörder und | |
| > bändelt mit der Mafia an. Trotzdem: Es ist ein würdiger Abschied für den | |
| > Darsteller. | |
| Bild: Gefährlich: Kommissar Kopper (Andreas Hoppe) bei seinem letzten Fall | |
| Ein Sandweg. Ein Auto der Carabinieri rast ins Bild und zieht eine | |
| Staubwolke hinter sich her. Giftfässer werden aus einem Stollen geholt. Ein | |
| Polizist geht in die Höhle, in der Hand sein Smartphone. Eine Liveschalte | |
| nach Ludwigshafen. Dort, in der der JVA, sitzt ein Kronzeuge, der gegen die | |
| Mafia aussagen will. Der Carbinieri im Stollen findet zwei Skelette: Der | |
| alte Boss des Clans und dessen Freundin, sagt der Kronzeuge. Er möchte nun | |
| aber doch lieber wieder in seine Zelle. Als dort die Handtücher verteilt | |
| werden, sind in seines ein Strick, eine Rasierklinge und ein Foto seiner | |
| Familie eingewickelt. So endet ein Mafialeben. | |
| Szenenwechsel: Mario Kopper (Andreas Hoppe) läuft in seinen alten Kumpel | |
| Sandro (Michele Cuciuffo), der einst mit seiner Mutter nach Sizilien | |
| zurückgegangen ist. Vor gut 40 Jahren hatten sie sich zuletzt gesehen. | |
| Damals, als die Hosen noch ordentlich Schlag hatten und in Ludwigshafen | |
| „Der Pate II“ im Kino lief. Jetzt erstmal in eine Kneipe, ein paar Grappa, | |
| ein paar Erinnerungen aufwärmen. Doch dann kommt jemand rein, will etwas | |
| von Sandro, zieht seine Waffe, bumm, bumm. Der zweite Schuss kam von | |
| Kopper. Er hat den ungebetenen Gast erschossen. So endet noch ein | |
| Mafialeben. | |
| Und Kopper und Sandro hauen ab. Nicht die allerbeste Entscheidung, wenn man | |
| Polizist ist. Doch Kopper traut Sandro. Der will auch Kronzeuge werden, | |
| gegen die sizilianische Mafia namens Stidda aussagen, bei der er – laut | |
| eigener Aussage – als Steuerberater zu tief in die Bücher geblickt hat. | |
| Doch was spielt Sandro wirklich? | |
| Patrick Brunken (Buch) und Roland Suso Richter (Regie) bereiten Kopper | |
| einen würdigen Abschied. Klar, der Sizilianer, der irgendwann halt doch von | |
| der Mafia eingeholt wird, ist ein plumpes Klischee, doch schafft es der | |
| Film – ohne Familienkitsch und für einen Abschiedsfilm mit angenehm wenig | |
| Gefühlsduselei – ein Thema zu setzen, das in Deutschland fast vollständig | |
| ignoriert wird: die Mafia. | |
| Sandro erzählt in seinem Video, mit dem er sich quasi fürs | |
| Zeugenschutzprogramm bewirbt, wie es lief und läuft: In den 90ern kam der | |
| Giftmüll der chemischen Industrie, „Tonnen von Gift aus Germania“, von | |
| Ludwigshafen nach Kalabrien oder Sizilien, da wurde er dann in Stollen oder | |
| im Meer verklappt. In Ludwigshafen war die Industrie mit ihren Abfällen und | |
| in Italien die Mafia mit ihrer Skrupellosigkeit. „Die Achse des Todes“, | |
| sagt Sandro, würden italienische Zeitungen die Verbindung zwischen | |
| Ludwigshafen und Sizilien nennen. | |
| ## Back in business | |
| Und jetzt, da der ganze Abfall wieder in die andere Richtung gekarrt wird, | |
| zurück nach Germania, um ordentlich entsorgt zu werden (so weit das | |
| überhaupt möglich ist), ist die Mafia wieder im Geschäft. | |
| Derweil ermitteln Johanna Stern (Lisa Bitter) und Lena Odenthal (Ulrike | |
| Folkerts), was den Toten aus der JVA und den Toten aus der Kneipe | |
| miteinander verbindet. Drohungen inklusive: mal klassisch mit einer Patrone | |
| auf dem Amaturenbrett, mal ungewohnt liebevoll mit Gebäck vor der Haustür – | |
| „ein Gruß von den Toten“ an die zwei kleinen Kinder von Stern. | |
| Natürlich weiß Odenthal bald, dass Kopper in den einen Mord verwickelt ist, | |
| dass er in Schwierigkeiten steckt. Man ermittelt schließlich seit 1996 | |
| zusammen. | |
| 57 „Tatort“-Folgen hat Andreas Hoppe den Mario Kopper gespielt. Der Fall, | |
| der den Namen seines Charakters trägt, ist der letzte. „Mario, das ist | |
| alles eine große Scheiße“, flucht Odenthal. „Ich weiß“, grummelt Koppe… | |
| Immerhin ist dieser Krimi ein würdiger Abschied. | |
| 7 Jan 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Jürn Kruse | |
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