# taz.de -- „Tatort“ aus Dresden: Es knirscht, aber es knackt nicht | |
> Der Tatort aus Dresden scheint die Balance zwischen Krimi und Komödie | |
> langsam zu finden. Und die Retter eines Rolli-Fahrers sind keine Neonazis | |
> mehr. | |
Bild: Die Kommisarinnen Gomiak (l.) und Sieland (M.) und ein Verdächtiger | |
Das Beste zuerst: Es sind keine Neonazis mehr, die die Talfahrt des | |
Rollstuhlfahrers Harald Böhlert (Peter Schneider) [1][stoppen und ihn so | |
vor dem Suizid retten]. Die Symbole, die in der ersten Version von „Auge | |
um Auge“ noch zu sehen waren, hat der MDR wegretuschiert. | |
Das Thema „Wie umgehen mit rechts?“ bleibt dem „Tatort“ aus der | |
Pegida-Stadt aber erhalten. Und natürlich schwelt in Dresden weiter ein | |
Konflikt zwischen dem Damals, als das vermeintlich politisch Unkorrekte | |
noch okay war, und dem Heute, wo alles so verwirrend ist. Oder, wie es | |
Rainer Ellgast (Arnd Klawitter), Mitarbeiter der Versicherung Alva, | |
ausdrückt: „Früher durfte man überall rauchen und meinte, Schwulsein ist | |
abartig. Heute ist es genau umgekehrt.“ Kommissariatsleiter Schnabel | |
(Martin Brambach) lacht hämisch. Der war gut. | |
Schnabel ist im Team mit Henni Sieland (Alwara Höfels) und Karin Gorniak | |
(Karin Hanczewski) der Mann von gestern, der Typ Straßenkarte-statt-Navi, | |
der Typ, der kein Verständnis dafür hat, dass sein uralter, ausrangierter | |
Rechner nun Flüchtlingen zur Verfügung gestellt wird. Dafür hat ihm | |
Drehbuchautor Ralf Husmann, der einst die Bücher zu „Stromberg“ schrieb, | |
Zitate in den Mund gelegt, die auch für Bernd Stromberg hätten sein können: | |
zynisch und oft unfreiwillig komisch. | |
Ihm gegenüber stehen die engagierte Sieland, die sich um syrische | |
Flüchtlinge kümmert, und die alleinerziehende Gorniak. Es knirscht in | |
Dresden, aber es knackt nicht. Im Gegenteil hat man das Gefühl, dass das | |
„Tatort“-Dreigespann die Balance zwischen Krimi und Komödie langsam findet. | |
Ach so, der Fall: Bei der Alva ist der Chef Heiko Gebhardt (Alexander | |
Schubert) umgelegt worden. Noch feixt Ellgast über seinen früheren Rivalen. | |
Doch kurz darauf wird auch er angeschossen. Ein Motiv haben alle Menschen | |
wie ebenjener zu Beginn gerettete Böhlert. Auch er war bei der Alva | |
versichert. Gegen Berufsunfähigkeit. Nach einem Arbeitsunfall sitzt er im | |
Rollstuhl. Die Alva hält ihn dennoch für 100 Prozent arbeitsfähig. So | |
machten sich Gebhardt und Ellgast Feinde. | |
Die Frage, die über „Auge um Auge“ schwebt: Warum wird draußen gegen | |
Flüchtlinge demonstriert, während drinnen, in den Firmenzentralen, Konzerne | |
wie die Alva Existenzen ruinieren? Antworten gibt es allerdings keine. | |
12 Nov 2017 | |
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## AUTOREN | |
Jürn Kruse | |
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