# taz.de -- Überwachung von Fahrverboten: Profitiert Big Brother vom Dieseldre… | |
> Die Bundesregierung will Kennzeichen mit Kameras überwachen lassen. | |
> Polizei und Umwelthilfe begrüßen den Plan – Datenschützer sind entsetzt. | |
Bild: Um Automassen zu überprüfen, setzt die Bundesregierung auf Kameras | |
Ob Köln, Stuttgart, Berlin oder Frankfurt: Alle diese Städte müssen | |
aufgrund von Gerichtsentscheidungen demnächst ältere Diesel auf einzelnen | |
Straßen oder in größeren Zonen aussperren. Betroffen sind jeweils | |
Zehntausende, bisweilen auch Hunderttausende Fahrzeuge. Die Kontrolle | |
gestaltet sich bisher aber schwierig. | |
Denn von außen ist an einem Fahrzeug nicht erkennbar, wie viel giftige | |
Stickoxide es ausstößt. Eine „Blaue Plakette“, die nur an saubere Fahrzeu… | |
vergeben wird, war am Widerstand der Bundesregierung gescheitert. | |
Stattdessen müssen die Kommunen zunächst anhand der Wagenpapiere oder durch | |
eine manuelle Abfrage des Kennzeichens überprüfen, welche Abgasnorm ein | |
Fahrzeug erfüllt. Das ist aber mit großem Personalaufwand verbunden und | |
gerade im fließenden Verkehr nur schwer umsetzbar. | |
Nun will die Bundesregierung die Kontrolle erleichtern: Eine Änderung des | |
Straßenverkehrsgesetzes soll den Kommunen ermöglichen, Straßen [1][per | |
Kamera zu überwachen und Kennzeichen und Fotos aller Fahrzeuge | |
automatisiert an die zuständigen Landesbehörden zu übermitteln]. Sofern | |
eine Datenbankabfrage ergibt, dass ein Fahrzeug nicht vom Fahrverbot | |
erfasst ist, würden die Daten unverzüglich gelöscht; andernfalls sollen sie | |
„ausschließlich zum Zweck der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten an die | |
hierfür zuständige Verwaltungsbehörde übermittelt werden“, heißt es im | |
Gesetzentwurf. | |
Datenschützer sind über diese Pläne entsetzt. Es sei unsäglich, dass die | |
Regierung „für symbolische Fahrverbote eine Überwachungsstruktur für alle | |
aufbauen will, die in die Innenstadt fahren“, sagte Rena Tangens vom Verein | |
Digitalcourage. Das Vorhaben sei „klar unverhältnismäßig, | |
freiheitsfeindlich und verfassungswidrig“. | |
## Kritik auch aus der Koalition | |
Auch Konstantin von Notz, Digitalexperte und stellvertretender | |
Fraktionsvorsitzender der Grünen, lehnt den Plan ab. „Wir wenden uns | |
entschieden dagegen, dass Autofahrer mit dem Schleifen ihrer Grundrechte | |
durch einen überforderten CSU-Minister dafür bestraft werden sollen, dass | |
die Bundesregierung tatsächlich wirksame Antworten auf den Dieselskandal | |
über Jahre verweigert hat“, erklärte er. | |
Für die Linke forderte die verkehrspolitische Sprecherin Ingrid Remmers, | |
statt auf Überwachung solle Verkehrsminister Andreas Scheuer „seine | |
Energie darauf verwenden, Fahrverbote zu verhindern“. Dazu gehöre vor allem | |
eine flächendeckende Nachrüstung von Diesel-Motoren. Ansonsten sei eine | |
Blaue Plakette mit integriertem Chip sinnvoll, die kontrolliert werden | |
könnte, ohne den Datenschutz zu verletzen. | |
Doch nicht nur die Opposition ist empört; auch bei Datenschutz-ExpertInnen | |
von Union und SPD kommt der Plan der eigenen Regierung schlecht an. „Ich | |
will das nicht“, kommentierte Thomas Jarzombek, Digitalexperte der CDU im | |
Bundestag, das Vorhaben auf Twitter. Auch Saskia Esken von der SPD | |
schreibt: „So geht das nicht.“ | |
Unterstützung kommt hingegen von der Gewerkschaft der Polizei, die es wegen | |
Personalmangels für dringend notwendig hält, die Kontrollen zu | |
automatisieren. Und auch die Deutsche Umwelthilfe, liegt bei diesem Thema | |
ausnahmsweise mal auf einer Linie mit dem Verkehrsministerium. „Das ist | |
eine gute Technik, um vorbeifahrende Fahrzeuge zu überprüfen“, sagte | |
Geschäftsführer Jürgen Resch. Bei der Ausgestaltung müsse aber | |
sichergestellt werden, dass nur die Daten von Fahrzeugen gespeichert | |
werden, die illegal unterwegs sind. | |
20 Nov 2018 | |
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## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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