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# taz.de -- Berlins Linksfraktionschef Udo Wolf: „Klare Mehrheiten für offen…
> Die Linkspartei diskutiert am Wochenende über eine „solidarische
> Einwanderungspolitik“ – ohne Sahra Wagenknecht. Udo Wolf sagt, warum das
> nötig ist.
Bild: „Jede Wiederherstellung eines Asylrechts, das diesen Namen verdient, is…
taz: Herr Wolf, am Freitag diskutieren Sie in Berlin über „linke Vorschläge
für eine solidarische Einwanderungspolitik“. Bei Ihrer Partei hat man nicht
immer den Eindruck, dass alle eine solche Politik wollen.
Udo Wolf: Ja, das ist durchaus ein strittiges Thema bei uns – wie auch in
der gesamten Gesellschaft. Wir wollen deshalb überlegen, wie wir das
positive Gefühl etwa von der Unteilbar-Demonstration übertragen können auf
eine Politik, die sich an Solidarität statt an Abschottung orientiert.
Von der Bundestagsfraktionsspitze ist niemand bei Ihrer Konferenz dabei.
Wie kommt's?
Die Bundestagsfraktion hat im Moment wohl ein wenig Hemmungen, das Thema
öffentlich zu diskutieren – eben weil es so strittig ist. Das Konzept, über
das wir sprechen wollen, liegt schon seit zwei Jahren auf dem Tisch, jetzt
diskutieren wir es endlich. Weil aber schon damals nicht alle
Fraktionsvorsitzenden einverstanden waren, haben sich bei der Erstellung
die ostdeutschen Fraktionen zusammengetan. Auch, dass diese Konferenz jetzt
überhaupt stattfindet, war keine ganz leichte Geburt.
Nicht nur Sie arbeiten an einem Einwanderungsgesetz. Die Bundesregierung
zum Beispiel will die Zuwanderung von Fachkräften fördern, das Gesetz soll
noch dieses Jahr beschlossen werden.
Die anderen wollen Einwanderung begrenzen und restriktiv regeln, wir wollen
ein Recht darauf schaffen. Wir reduzieren Menschen nicht auf ihre
Nützlichkeit oder ihre wirtschaftliche Verwertbarkeit, sondern stellen die
Individuen mit ihrem Recht auf Freizügigkeit in den Mittelpunkt. Dafür
müssen wir aufräumen mit dem Mythos, dass alle Welt nach Deutschland kommen
will, weil es hier so dufte ist. Aber die, die wollen, sollen es auch
können. Damit wollen wir unsere Forderung nach offenen Grenzen rechtlich
und gesetzlich unterfüttern.
Kann denn ein Einwanderungsgesetz, das nicht auf „Nützlichkeit“ abzielt,
überhaupt funktionieren, wenn die Länder drumherum nicht mitziehen?
Das ist eine spannende Frage, die wir miteinander diskutieren müssen. Aber
wer, wenn nicht die Bundesrepublik Deutschland, die reichste und
einflussreichste Nation in Europa, hätte denn die Macht, die derzeitige
Dynamik der immer weiteren Abschottung umzudrehen?
Auch die Grünen haben einen Entwurf für ein „Gesetz zur Förderung der
Einwanderung und der Integration von Ausländern“.
Wir gehen in unserem Vorschlag deutlich weiter. Aber als Realpolitiker habe
ich ein Interesse daran, dass die Debatte nicht immer weiter nach rechts
gezogen wird, sondern nach links. Jede Wiederherstellung eines Asylrechts,
das diesen Namen verdient, und jeder Schritt, der Migration ermöglicht, ist
positiv. Wir müssen auch die SPD davon überzeugen, dass es keinen Sinn
macht, einem rechten Diskurs hinterherzurennen. [1][„Unteilbar“] hat
gezeigt, dass wir ein anderes gesellschaftliches Klima herstellen können,
wenn wir ernsthaft daran arbeiten.
Recht auf Einwanderung, offene Grenzen, alle sollen kommen dürfen – das
hört man in der Debatte um Migration immer wieder, allerdings von rechts
und als Drohung, was auf liberale Regelungen folgen würde.
Es ist doch eine Katastrophe, dass das als Drohung verstanden wird. Im
Gropiusbau hier in Berlin gibt es gerade eine Ausstellung, die sagt: Kein
Fortschritt ohne Migration. Und historisch betrachtet ist das einfach so.
Stellen Sie sich mal vor, es hätte niemals Migration gegeben – Berlin wäre
heute noch eine unbedeutende Pfahlbausiedlung im Sumpf. Eine Gegenposition
zur schleichenden Rechtsentwicklung einzunehmen, ist eine wichtige Position
für alle Kräfte links der Mitte.
Nun klingt Ihre Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Sahra Wagenknecht, da
ganz anders. Sie fordert immer wieder eine restriktivere Migrationspolitik,
warnt vor Lohndumping durch Zuwanderung und hat aus diesem Grund gerade
erst den Globalen Migrationspakt kritisiert.
Nicht Migration ist schuld am Lohndumping, sondern ein profitorientiertes
Wirtschaftssystem und eine Politik, die dem nichts entgegensetzt. Auch in
direkten Diskussionen mit Sahra Wagenknecht zu diesen Themen habe ich mich
und sie bei einigen Aspekten schon gefragt, warum sie die Faktenlage
einfach ignoriert. Aber vor allem geht es nicht, dass sie in ihrer Funktion
als Fraktionsvorsitzende öffentlich gegen die Position der eigenen Partei
arbeitet. Privat kann sie ja eine andere Meinung haben. Aber unsere
Konferenz ist auch ein Angebot an all jene, die ihre Position teilen, mit
uns zu diskutieren und sich mit den Fakten auseinander zu setzen.
Was sagen Sie den Leuten, die Ihren Vorschlag zwar gut finden, einer so
zerstrittenen Partei aber nicht zutrauen, ihn auch umsetzen zu können?
Ich bin guter Hoffnung, dass wir in der Linken klare Mehrheiten für offene
Grenzen haben. Es ist sehr schade, dass wir sehr viel Zeit vertrödelt
haben, in der wir das schon mit konkreten Gesetzesvorschlägen hätten
unterfüttern können. Unser Vorschlag liegt wie gesagt seit zwei Jahren auf
dem Tisch und es stimmt mich hoffnungsvoll, dass wir ihn jetzt endlich
diskutieren können.
16 Nov 2018
## LINKS
[1] /Unteilbar/!t5538795
## AUTOREN
Dinah Riese
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Migration
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Schwerpunkt UN-Migrationspakt
#Unteilbar
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