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# taz.de -- Kommentar zur „Unteilbar“-Demo: „Aufstehen“ links liegenlas…
> „Unteilbar“ war ein Erfolg, weil die Demo breit aufgestellt war. Das
> zeugt nicht von Beliebigkeit, sondern davon, was gesellschaftlich auf dem
> Spiel steht.
Bild: Gemeinsam für Solidarität und Menschenrechte
Wer sich immer schon gefragt hat, was es mit dieser Multitude auf sich hat,
die durch die linken Debatten geistert: Samstag war sie in Berlin zu
besichtigen. Die wohl [1][historische Größe der „unteilbar“-Demo] war nic…
das Ergebnis inhaltlicher Beliebigkeit. „Unteilbar“ war keine hohle Phrase,
kein strategisches Ungefähr. Das Motto hat genau die Anschlussfähigkeit
geboten, die es braucht, um die ganze Breite dessen zu erfassen, was
gesellschaftlich auf dem Spiel steht.
Denn was die RechtspopulistInnen wollen, ist nicht nur ein Angriff auf die
Flüchtlinge. LehrerInnen sollen bestraft werden, weil sie im Unterricht
Diskriminierung beim Namen nennen. RechtsanwältInnen werden angegriffen,
weil sie für ein Bleiberecht ihrer Mandanten streiten. JournalistInnen
sollen aus den Redaktionen „entfernt“ und „zur Rechenschaft gezogen“
werden.
Schwulen und Lesben soll die Ehe für alle wieder weggenommen,
Beratungsstellen die Gelder gestrichen, Bildungseinrichtungen das Programm
diktiert werden. Auch Frauen, Arbeitslose, prekär Beschäftigte, Behinderte,
JüdInnen, Roma, MieterInnen und GewerkschafterInnen konnten mit dem
Schlagwort „unteilbar“ offensichtlich etwas anfangen.
Sie alle eint die Befürchtung, dass die autoritäre Wende, die der
Schulterschluss von Konservativen und Rechtspopulisten nach sich zöge,
keinen von ihnen besser dastehen ließe. RechtspopulistInnen versuchen das
zu verschleiern, indem sie die Debatte obsessiv auf die Themen Flüchtlinge
und Islam verengen. Die „unteilbar“-Demo hat das nicht mitgemacht. Sie hat
den Raum geweitet – von der Migrationssolidarität auf die soziale Frage,
auf Gender, auf Grundrechte, auf Fragen demokratischer Teilhabe. Das war
klug.
## Linksnationalismus in jämmerlicher Gesellschaft
Nicht stehenlassen konnten das die, die es für links halten, achselzuckend
auf „Begrenztheit der Ressourcen“ zu verweisen und deshalb die Grenzen
lieber eng geschlossen sehen wollen. Sie haben versucht, „unteilbar“ als
Ruf nach „offenen Grenzen für alle“ auszulegen und damit klein zu halten.
Ja: Die Ressourcen sind begrenzt. Aber links ist es, von Bedürfnissen und
Rechten aus zu denken, danach die Frage nach der Verteilung des
gesellschaftlichen Reichtums zu stellen und erst dann über begrenzte
Ressourcen zu sprechen.
Andersherum ist es bestenfalls Linksnationalismus. Und der befindet sich
nach dem Wochenende in wirklich jämmerlicher Gesellschaft. Gegen
„unteilbar“ sprachen sich reaktionäre Teile der Berliner CDU
(„linksradikale Verbrecher“), versprengte DKPlerInnen, ein sehr kleiner
Bodensatz der antideutschen Linken – und eben Sahra Wagenknecht für ihre so
genannte Sammlungsbewegung „aufstehen“ aus.
Offenheit gibt es nicht ohne Widersprüche. Zu denen gehört, dass die, die
von Rassismus betroffen sind, selbst menschenverachtend sein können. Jede
Solidaritätsbewegung muss damit einen Umgang finden. „Unteilbar“ hat diese
Schwierigkeit nicht zugekleistert. Die Jüdin Lala Süsskind hat am Samstag
auf der Eröffnungskundgebung offen angesprochen, dass auch Menschen dort
waren, die gegen Juden hetzen.
## Widersprüche aushalten
Zu den Widersprüchen gehört auch, dass Regierungsparteien mitmarschiert
sind, deren Politik viele der DemonstrantInnen auf die Straße getrieben hat
und die sich teils die Agenda der Rechten aufzwingen lassen. Trotzdem kommt
ohne sie nicht aus, wer die RechtspopulistInnen stoppen will.
Auch dadurch, dass sie diese Widersprüche ausgehalten hat und nicht schon
vorher von ihnen lähmen ließ, ist die „unteilbar“-Mobilisierung so
erfolgreich gewesen. Und das war kein Selbstzweck. Solche Ereignisse
ermöglichen es, [2][Prozesse kollektiver Vergewisserung voranzutreiben] und
gesellschaftliche Debatten zu Übereinkünften gerinnen zu lassen. In diesem
Fall lautet das, worüber am Samstag viele Menschen symbolisch Einigkeit
hergestellt haben: So, wie es ist, kann es nicht weitergehen.
14 Oct 2018
## LINKS
[1] /Ueber-200000-bei-Unteilbar-Demo/!5542697
[2] /Unteilbar-und-andere-Grossdemos/!5540031
## AUTOREN
Christian Jakob
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