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# taz.de -- CDU nach Merkels Rückzugserklärung: Die Männerattitüden
> Merz, Spahn, Kramp-Karrenbauer: Wenn die CDU Merkels Nachfolge klärt,
> geht es auch darum, ob Politik wieder zum Gockelspielplatz wird.
Bild: Beine auseinander, breiter Stand, Ansagen machen: Das kann Jens Spahn jet…
Welchen Herrn hätten Sie gerne? Den, der sich im internationalen
Politik-Jetset [1][an der Seite schnittiger Burschen wie Sebastian Kurz]
oder US-Botschafter Richard Grenell präsentiert und sich bevorzugt von den
recht mädchenfreien Jungs in der Jungen Union bejubeln lässt? Oder den, der
mit hundeharter Haltung und stets grimmigem Dreinblick für den Archetypus
des unerschrockenen Durchsetzers steht?
Ob [2][Jens Spahn] oder [3][Friedrich Merz], beide der Herren, die
Ambitionen für eine mögliche Merkel-Nachfolge haben, bedienen ein Publikum,
das sich derzeit vernachlässigt fühlt: Männer.
Wenn die CDU nun in den kommenden Wochen und Monaten um die [4][Nachfolge
von Angela Merkel] ringt, wird es um deren Haltung zu Europa gehen, um ihre
Positionierung in der Integrations- oder Abschreckungspolitik – aber auch
um eine weitere fundamentale Frage. Das ist die Frage, ob mit dem
Machtwechsel in der CDU etwas zurück in die politische Arena gelangt, das
zuletzt, Gott sei Dank, verlacht wurde: die Blender- und Dicke-Eier-Politik
der meist männlichen Besserwisser.
Das hat einen Grund, der politisch ist. Die Anschlussfähigkeit der CDU wird
zwischen zwei entgegengesetzten Milieus ausgefochten, in die ehemalige
CDU-Wählerinnen und -Wähler derzeit abwandern: die Grünen und die AfD. Die
einen sind interessant für gut gebildete Frauen. Die anderen sind
interessant für Männer alten Schlages. Angela Merkel ist in ihrem Typus und
Politikstil interessant für gut gebildete Frauen.
## Die Vorzeigealtherren
Das baldige Gezerre um die Neuausrichtung der CDU, das in erster Linie
ebenfalls von Männern alten Schlages repräsentiert werden könnte, zielt auf
diese Frage ab. Wird die Union künftig eher eine Partei, die die
bürgerliche, aber liberale Mitte integriert? Mit diesem Kurs hat Angela
Merkel zwar Wählerinnen nach rechts verloren, aber eine strategische Stelle
besetzt, die der Union auf Jahre hinfort die Kanzlerschaft sichert – und
weiterhin sichern könnte. In den kommenden Wochen wird geklärt, ob sich die
Funktionäre der CDU wieder nach der herrischen Vergangenheit sehnen, die
durch niemanden so gut repräsentiert wird wie durch den gerne geifernden
Friedrich Merz.
Beine auseinander, breiter Stand, Ansagen machen: Überall auf der Welt ist
das erfolgreich. Gerade erst in Brasilien: [5][Bolsonaro]. In Italien:
[6][Salvini]. In den USA: [7][Trump]. In Österreich: [8][Kurz]. In Ungarn:
[9][Orbán]. Türkei, Russland, Saudi-Arabien. Was all diese Herren
verbindet, ist ihre überhebliche Männlichkeit, die im gänzlich
unbeeindruckten Stil auf zivilisatorische Errungenschaften,
Gleichstellungsperspektiven und Minderheitenschutz pfeift. In Deutschland
zuletzt zu beobachten: an der Gockelhaftigkeit, mit der die CSU ihren
Vorzeigealtherrn [10][Horst Seehofer durch die Republik wanken lässt].
In der CDU, in der zuletzt moderate Politikertypen wie Daniel Günther,
Armin Laschet und die Vorsitzendenkandidatin Annegret Kramp-Karrenbauer das
Bild prägten, wird man sich diese Frage nun stellen. Ist die Partei
erwachsen genug, die in ihrem Kern nicht zu unterschätzenden
gesellschaftspolitischen Fortschritte zu verteidigen, die sie nach innen
unter Merkel vollzogen hat? Oder wird sie mit der Abkehr davon auf eine
politische Sprache setzen, die sich durch Eierhaftigkeit und Hahnenkämpfe
auszeichnet?
Hier kommt Merz, der sich zwar seit Jahren nicht in der Partei engagierte,
aber immer weiß, wo es langgeht – und Führungsanspruch formuliert. Da kommt
Spahn, der gerne Fotos macht mit mächtigen Rechtsauslegern und hinter dem
man schon Luftballons aufsteigen sieht, wenn er künftig vielleicht, wie
einst Sebastian Kurz, als gut inszenierter Anpacker vom Dienst durch
Deutschland reisen wird.
Angela Merkel war stets langweiliger. Es ist nicht nötig, vielleicht
falsch, diesen Regierungsstil als weiblich zu markieren. Umgekehrt aber ist
schwer vorstellbar, dass es ein Mann gewesen sein könnte, der 18 Jahre lang
in dieser Attitüdenlosigkeit an der CDU-Spitze hätte bestehen können. Der
Kampf um Führungskultur ist nun eröffnet. Die Männer in der CDU könnten
jetzt gockeln. Die Frauen in der Bevölkerung aber werden am Ende darüber
befinden.
31 Oct 2018
## LINKS
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[2] /Merkels-geplanter-Ausstieg-aus-der-Politik/!5543717
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[4] /Merkels-geplanter-Ausstieg-aus-der-Politik/!5543717
[5] /Faschist-Jair-Bolsonaro-gewinnt-Stichwahl/!5546223
[6] /Kommentar-Ermittlungen-gegen-Salvini/!5527985
[7] /Anschlagsversuche-in-den-USA/!5545812
[8] /Wahlsieger-Kurz-in-Oesterreich/!5453155
[9] /Ungarn-schafft-Geschlechterforschung-ab/!5543755
[10] /Merkels-Rueckzugserklaerung-und-Seehofer/!5546590
## AUTOREN
Martin Kaul
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