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# taz.de -- „Cop Map“ von „Peng!“ und „Polizeiklasse“: Polizeigewal…
> Mit der „Cop Map“ lassen sich verschiedenste Aktivitäten der Polizei
> melden. Die Aktion soll auf die Ausweitung polizeilicher Befugnisse
> hinweisen.
Bild: Mit dem Smartphone kann man mit der „Cop-Map“ bequem Ort und Art poli…
Es ist eine sonnige Parkszene: Menschen sitzen auf Bänken, spielen auf
einer Wiese Ball, schlendern über die Wege. Aber die paradiesische Idylle
trügt, warnt eine Stimme aus dem Off: Überall drohe Gefahr, nirgendwo sei
man sicher, selbst in den eigenen vier Wänden nicht. Von wem diese Gefahr
ausgehe, erzählen eine Handvoll Menschen, die sie am eigenen Leib erfahren
haben, in dem Video auf [1][www.drohende-gefahr.de].
Ständig werde sie von „ihnen“ grundlos bedrängt, sagt eine Münchner
Studentin of Color. Sobald „die“ dabei seien, werde er vorsichtig, sagt ein
Fotojournalist. Ein in Berlin lebender südafrikanischer Filmemacher – auch
er hat eine dunkle Hautfarbe – sagt, dass er sich unsicher fühle, wenn er
„ihnen“ begegne, seit er grundlos von ihnen verprügelt worden sei.
Und ein Netzaktivist erzählt, wie „sie“ morgens um sechs Uhr in seine
Wohnung stürmten, alles auf den Kopf stellten, Computerhardware und
Elektronik mitnahmen. Schließlich wird die „drohende Gefahr“ benannt: Sie
gehe von der Polizei aus.
Die Internetseite, die seit Sonntag online ist, ist die neue gemeinsame
Aktion des Berliner Künstler- und Aktivistenkollektivs „[2][Peng!]“ und des
Münchner Künstlerkollektivs „[3][Polizeiklasse]“. Sie haben eine „Cop-M…
programmiert: Mit ein paar Klicks kann man vom Smartphone aus die
Anwesenheit von Polizist*innen melden und dokumentieren – weltweit und
anonym.
## Berittene Polizei und Videokameras
Über ein Formular werden Ort und Art polizeilicher Aktivität abgefragt: Ob
Personenkontrollen, Zivilpolizist*innen, berittene Polizei oder andere
Streifen. Polizeidienststellen und Videokameras sind bereits dort
eingetragen, wo sie sich auch wirklich befinden, übernommen wurden die
Daten vom Projekt „[4][Surveillance under Surveillance]“.
Was gemeldet wird, erscheint als Symbol umgehend auf der Karte. Je nach
Aktivität verschwindet es nach einer bestimmten Zeit wieder.
Personenbezogene Daten wie die IP-Adresse, das versichern die
Aktivist*innen, werden nicht gespeichert. Strafbar mache man sich nicht,
weil man nur Informationen mitteile, die ohnehin öffentlich zugänglich
seien.
Mit der Aktion wollen die Aktivist*innen die aktuelle Ausweitung
polizeilicher Befugnisse kritisieren, eine breite Diskussion darüber
anregen – und den Spieß umdrehen. Ziel sei eine „diskursive Umkehrung“ d…
Begriffs der „drohenden Gefahr“.
Der Kern der Kritik: Das im neuen bayerischen Polizeiaufgabengesetz (PAG)
eingeführte und auch in den Polizeigesetznovellen in Nordrhein-Westfalen,
Niedersachsen und Sachsen auftauchende Konzept der „[5][drohenden Gefahr]“
schaffe eine gefährlich schwammige Eingriffsschwelle für präventive
polizeiliche Maßnahmen, die das Trennungsgebot von Polizei und
Geheimdiensten weiter unterlaufe und Grundrechte massiv einschränke.
## Potenzielle Gefahr genügt
Wo bislang eine Gefahr konkret gegeben sein musste, genügt nun eine
potenzielle Gefahr, damit die Polizei einschreiten darf. Wann die gegeben
ist, liegt allein im subjektiven Ermessen der Polizist*innen. Für die
Abwehr zukünftiger Gefahr steht die gesamte Bandbreite an
Überwachungsmaßnahmen bereit. Willkür werde so weiter Tür und Tor geöffnet,
sagt Nina Los von [6][„Peng!“]. Polizeigewalt ließe sich mit Verweis auf
die „drohende Gefahr“ noch leichter rechtfertigen.
Neu ist das Problem zwar keineswegs, stellen die Aktivist*innen klar: Für
bestimmte soziale Gruppen habe sich die Polizei immer schon als
willkürliche und gewalttätige Organisation dargestellt. People of Color,
Obdachlose, Menschen mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus, Sexarbeiter*innen
und andere „übliche Verdächtige“ würden regelmäßig aufgehalten,
kontrolliert, schikaniert und seien auch physischer Gewalt durch
Polizist*innen ausgesetzt.
Die Ausweitung der Befugnisse betreffe aber auch Menschen, die bislang von
Polizeiübergriffen verschont geblieben sind, betont Nina Los: „Jetzt ist
der Moment, wo man über eine Kritik am bayerischen Polizeiaufgabengesetz
hinaus eine breitere Kritik an der Institution Polizei üben muss“, sagt
sie.
## Counter-Mapping
Das Tool solle die Problematik in zwei Richtungen sichtbar machen. Zum
einen ermögliche die „Cop-Map“ jenen Gruppen, die immer schon von der
Polizei im Alltag traktiert worden sind, ganz praktisch unangenehme
Begegnungen mit Polizist*innen zu vermeiden – und allen anderen, ganz
praktisch einzugreifen.
Andererseits gehe es darum, dem polizeilichen „Crime Mapping“ ein „Counter
Mapping“ entgegenzusetzen, sagt Los. Mit den erhobenen Daten könne das
enorme Ausmaß von Polizeipräsenz sichtbar gemacht und polizeilichen
Taktiken im öffentlichen Raum aufgezeigt werden. So werde sie auch für jene
anschaulich, für die die Bedrohung durch willkürliche Polizeigewalt bislang
nur abstrakt ist.
„Letztlich“, sagt Los, „geht es um die Frage: In was für einer Gesellsch…
wollen wir leben? Wollen wir uns eine solche Institution wirklich leisten?“
22 Oct 2018
## LINKS
[1] http://www.drohende-gefahr.de
[2] https://pen.gg
[3] https://www.polizeiklasse.org
[4] https://kamba4.crux.uberspace.de/
[5] /!5502870
[6] /Peng-Kollektiv-faelscht-Passbilder/!5534868
## AUTOREN
Robert Matthies
## TAGS
Peng Kollektiv
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Gefahr
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