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# taz.de -- Anonymer Krankenschein: Ohne Papiere keine Medizin
> Niedersachsen stampft die Finanzierung anonymer Krankenscheine ein – zu
> Lasten papierloser Menschen. Kritik von Ärzten und Flüchtlingsrat.
Bild: Für Menschen ohne Papiere ein Risikofaktor: Besuch beim Arzt
Hannover taz | Menschen ohne Papiere vermeiden oft den Besuch bei
Ärzt*innen – egal wie krank sie sind. Sie fürchten, dass die
Ausländerbehörde auf sie aufmerksam wird und sie abschiebt. Die frühere
rot-grüne Regierung in Niedersachsen hat, um sicher zu stellen, dass auch
diese Menschen medizinisch versorgt werden, ein Modellprojekt initiiert.
In Göttingen und Hannover stellen Beratungsstellen den Betroffenen anonyme
Krankenscheine aus, damit sie Ärzt*innen besuchen können und die Kosten
gedeckt sind. Obwohl das die Situation der Geflüchteten verbessert, will
die Landesregierung aus SPD und CDU das Projekt nun auslaufen lassen.
Der Landtagsabgeordnete Belit Onay von den Grünen findet das fatal: „Das
Projekt ist ein voller Erfolg und unentbehrlich.“ Bis November 2017 hätten
die beiden Stellen 600 anonyme Krankenscheine an 151 Menschen ausgegeben.
Die Förderung durch das Sozialministerium belief sich in der dreijährigen
Testphase auf 1,5 Millionen Euro.
Wenn die Betroffenen sich nicht zum Arzt trauten, könne das „zur
Ausbreitung von Infektionskrankheiten führen, weil sie nicht oder zu spät
behandelt werden“, sagt Onay. „Das Projekt braucht eine
Anschlussfinanzierung.“
## Ärztekammer ist gegen das Projektende
Rainer Neef vom Verein Gesundheitsversorgung für Papierlose, welcher die
beiden Beratungsstellen betreibt, berichtet aus der Praxis: „Es war für die
Menschen, die zu uns gekommen sind, eine riesen Erleichterung.“ Die Angst,
in eine Praxis zu gehen, sei groß. Allein ein Drittel der Betroffenen seien
schwangere Frauen gewesen. Mit den Krankenscheinen konnten sie
Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen. Statt das Projekt einzustellen, wäre es
sinnvoll, es auf weitere Städte auszuweiten, findet Neef. Ohnehin habe der
Verein die Förderung durch das Sozialministerium noch nicht ausgeschöpft.
Auch die niedersächsische Ärztekammer hat sich bei der Landesregierung für
das Projekt eingesetzt. Es verhindere, dass Krankheiten „unzureichend
medizinisch versorgt werden und sich chronifizieren oder nicht mehr
effektiv behandelbar sind“, sagt eine Sprecherin.
Der niedersächsische Flüchtlingsrat kritisiert das Ende der Finanzierung
ebenfalls: Es bedeute „eine Gefährdung der Gesundheit oder sogar für das
Leben der Betroffenen“, sagt Geschäftsführer Kai Weber. Er hoffe, dass das
Projekt doch weitergeführt werde. Das Sozialministerium schloss das auf
Nachfrage der taz jedoch aus.
4 Oct 2018
## AUTOREN
Andrea Maestro
## TAGS
Niedersachsen
Ärzte
Geflüchtete
Papierlose
Flüchtlinge
Krankenkassen
Medizin
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
Flüchtlinge
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