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# taz.de -- Anhörung im Bundestag: Union steht zur Urananreicherung
> Deutscher Atombrennstoff hält belgische Bröckel-Reaktoren am Laufen. Doch
> CDU und CSU bremsen einen Produktionsstopp aus.
Bild: Für einen vollständigen Atomausstieg: Protestierende vor dem Bundestag
Im Streit über die Beendigung der deutschen Atombrennstoffproduktion
erhöhen SPD, Grüne und Linke den Druck. „Zum Atomausstieg muss auch das
Ende der Verarbeitung von Kernbrennstoff zählen“, sagte SPD-Abgeordnete
Nina Scheer der taz nach einer Expertenanhörung im Umweltausschuss des
Bundestags. Sie „appelliere“ an CDU und CSU, sich zur [1][Stilllegung der
deutschen Urananreicherungsanlage (UAA) im nordrhein-westfälischen Gronau]
und der Brennelementefertigung im niedersächsischen Lingen „durchzuringen“.
Die beiden Anlagen verfügen, obwohl der Atomausstieg beschlossen ist, über
unbefristete Betriebsgenehmigungen – und beliefern zum Beispiel [2][die
maroden belgischen Atomkraftwerke Doel und Tihange]. Auch
[3][Fukushima]-Betreiber Tepco wurde von dem hinter der UAA stehenden
Urananreicherungskonzern Urenco versorgt. Aus Lingen gehen Brennelemente an
die französischen Pannenreaktoren Fessenheim und Cattenom.
Nach massiven Protesten – 2017 bildeten besorgte BürgerInnen eine 90
Kilometer lange Menschenkette zwischen Tihange und Aachen – sprach sich
sogar Nordrhein-Westfalens CDU-Ministerpräsident Armin Laschet für die
Beendigung der Atombrennstoffexporte nach Belgien aus: Tihange liegt nur
knapp 60 Kilometer von Laschets Heimatstadt Aachen entfernt. Im
Koalitionsvertrag haben Union und SPD im Bund vereinbart, den Einsatz von
„Kernbrennstoffen aus deutscher Produktion in Anlagen im Ausland, deren
Sicherheit aus deutscher Sicht zweifelhaft ist“, deshalb „rechtssicher“
verhindern zu wollen.
Heftigen Streit aber gibt es um die Umsetzung. Eine einseitige
Nichtbelieferung allein Belgiens mit Atombrennstoff verstößt offenbar gegen
EU- und Euratom-Verträge. Die Grünen haben daher einen Gesetzentwurf, die
Linken einen Antrag in den Bundestag eingebracht, die beide eine
vollständige Schließung der beiden Atomfabriken vorsehen – und beide
bekamen bei der Expertenanhörung kräftigen Rückenwind.
## „Dies ist eine Frage, die politisch entschieden werden kann“
„Für eine Schließung gibt es keine juristischen Hindernisse“, sagte etwa
der von den Grünen berufene Sachverständige Joachim Wieland. „Dies ist eine
Frage, die politisch entschieden werden kann“, so der Professor der
Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer. Ein Aus sei
„rechtskonform möglich“, argumentierte auch der von den Linken berufene
Rechtsanwalt Ulrich Wollenteit.
„Die klare Mehrheit der Jurist*innen hat Zulässigkeit und Sinn unseres
Gesetzentwurfs bestätigt“, findet die Grünen-Bundestagsabgeordnete Lisa
Badum. „Wenn Ministerpräsident Laschet und die NRW-CDU sich wirklich so um
die Sicherheit der Menschen an der Grenze sorgen, wie ihre Krokodilstränen
es vermuten lassen, sollten sie unserem Gesetzentwurf zustimmen.“
Zufrieden äußerte sich auch Hubertus Zdebel (Linke), der die Anhörung mit
initiiert hatte. „Es ist gut gelaufen.“ Die Frage sei nun, was die
Regierung aus den Erkenntnissen mache. „Es wäre eine Sensation, wenn sie
einem Antrag von Linken und Grünen gleich zustimmt“, meint Zdebel. Auch
wenn das unwahrscheinlich sei: „Der Druck steigt.“
Die Union aber bremst: Von CDU und CSU bestellte Sachverständige
argumentierten im Umweltausschuss, eine Schließung der beiden Anlagen
verstoße trotz möglicher Entschädigung gegen Eigentumsrechte und
Berufsfreiheit. Ein anderer fürchtete um Deutschlands Einfluss bei der
Internationalen Atomenergie-Organisation in Wien.
## Regierung prüft und mauert
Auch das CDU-geführte Bundeswirtschaftsministerium mauert. Exportstopp und
Schließung würden zwar „im Ressortkreis geprüft“, heißt es daher aus dem
von der Sozialdemokratin Svenja Schulze geführten Bundesumweltministerium,
doch wie lange das dauere, sei völlig unklar.
Vor dem Bundestag wehten deshalb am Mittwoch rot-gelbe
Anti-Atomkraft-Fahnen einer Mahnwache. „Das angereicherte Uran aus Gronau
dient nicht allein friedlichen Zwecken“, warnte die ehemalige Sprecherin
der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, Kerstin Rudek: „50
Prozent werden schon jetzt in die USA exportiert, und gehen teilweise in
die Atomwaffenproduktion.“
17 Oct 2018
## LINKS
[1] /Stilllegung-der-Atomfabrik-Gronau/!5463911
[2] /Marode-belgische-Atomkraftwerke/!5516208
[3] /Fukushima-nach-dem-GAU/!5487836
## AUTOREN
Andreas Wyputta
Andrew Müller
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