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# taz.de -- Feuer in Lingener Atomfabrik: Drittes Problem in Folge
> Der Brand in der Brennelementefabrik erinnert vor allem an eins: Auch
> nach dem Atomausstieg wird Kerntechnik produziert werden.
Bild: Dieses Mal schnell unter Kontrolle: Feuer in der Brennelementeschmiede Li…
Göttingen taz | Das aktuelle Unglück war überschaubar: Ein Feuer in der
Brennelementefabrik im emsländischen Lingen löste am Donnerstagabend einen
Großeinsatz von Polizei und Feuerwehr aus. Der Brand war gegen 19.45 Uhr
aus bislang ungeklärten Gründen in einem Labor im nicht-nuklearen Teil der
Fabrik losgegangen. Wegen starker Rauchentwicklung wurde das betroffene
Gebäude umgehend evakuiert, auch der davor liegende Parkplatz wurde
teilweise geräumt.
Rund 150 Feuerwehrleute brachten das Feuer nach Angaben des
Anlagen-Betreibers Advanced Nuclear Fuels (ANF) nach anderthalb Stunden
unter Kontrolle. Weder Schadstoffe noch Radioaktivität seien ausgetreten,
sagte die Polizei. Verletzte habe es nicht gegeben.
Interessant ist aber, dass es in der Lingener Fabrik zuletzt bereits zwei
andere meldepflichtige Ereignisse gab. Anfang November war in einem
Reaktionsbehälter in der Trockenkonversionsanlage eine Fehlfunktion in der
Wasserdampfversorgung aufgetreten. Am Dienstag wurden nach Angaben des
niedersächsischen Umweltministeriums im selben Anlagenteil Risse entdeckt.
## Unbefristete Betriebsgenehmigung
Die Brennelementschmiede ist fast 40 Jahre alt und die einzige Fabrik
dieser Art in Deutschland. Ebenso wie die Urananreicherungsanlage im
westfälischen Gronau ist sie vom deutschen Atomausstieg ausgenommen. Beide
Anlagen haben unbefristete Betriebsgenehmigungen. Sie beliefern
Atomkraftwerke in mehreren europäischen Ländern – auch die wegen Rissen in
den Druckbehältern und zahlreicher Störfälle besonders umstrittenen
Reaktoren Doel 1 und 2 in Belgien erhalten ihre Brennstäbe ausschließlich
aus Deutschland.
Bürgerinitiativen und Umweltverbände bekräftigten am Freitag ihre
Forderung, dass die Atomfabrik stillgelegt werden müsse. Die
Landesregierung in Hannover dürfe jetzt nicht wieder mitBeschwichtigungen
reagieren, sagte Udo Buchholz vom Vorstand des Bundesverbandes
Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU): „Der Schutz der Bevölkerung muss
oberste Priorität haben.“ Der Verband kritisiert unter anderem, die in der
Nähe des Atomkraftwerks Emsland gelegene Fabrik sei nicht gegen
Flugzeugabstürze gesichert, obwohl der Bombenabwurfplatz Nordhorn-Range
„nur Flugsekunden entfernt“ liege.
Polizeibeamte haben den Brandort abgesperrt und die Ermittlungen zur
Brandursache aufgenommen. Messtrupps aus dem Landkreis Osnabrück und der
Grafschaft Bentheim kontrollierten auch am Freitagmorgen noch die Luft rund
um die Anlage.
In der Brennelementefabrik wird angeliefertes Uranhexafluorid zunächst in
Uranoxid umgewandelt, zu Pulver gestampft und zu sogenannten Pellets
gepresst. Diese werden dann auf bestimmte Abmessungen geschliffen, in
Abhüllrohre gefüllt und zu Brennelementen montiert. Außerdem gibt es auf
dem Gelände Lagerbereiche für die fertigen Brennelemente, für
Uranhexafluorid und für radioaktive Abfälle.
Der Betreiber ANF ist eine Tochter des französischen Atomkonzerns
Framatome, der wiederum mehrheitlich dem französischen Staat gehört.
Derzeit sind in der Brennelementefabrik rund 300 Arbeitnehmer beschäftigt.
Hinzu kommen knapp 25 Auszubildende und etwa 50 Mitarbeiter von
Fremdfirmen.
7 Dec 2018
## AUTOREN
Reimar Paul
## TAGS
Atom
Anti-Atom-Bewegung
Sicherheit
Schwerpunkt Atomkraft
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Anti-Atom-Bewegung
Schwerpunkt Atomkraft
Brennelement
Doel
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