# taz.de -- Protest gegen Nuklearexporte: Atomfabrik in Lingen blockiert | |
> Von Lingen aus werden Brennelemente nach Europa geliefert. Daran stören | |
> sich die Demonstranten. Die Polizei erteilte Platzverweise. | |
Bild: So war es am Samstag: Proteste gegen die Atomfabrik in Lingen | |
Lingen epd/taz | Atomkraftgegner haben am Montag für mehrere Stunden die | |
Zufahrt zur nuklearen Brennelementefabrik in Lingen blockiert. Zwei | |
Aktivisten befestigten sich an mehrere Meter hohen Gestellen, weitere | |
Umweltschützer setzten sich auf die Straße, wie die Initiative „ContrAtom“ | |
mitteilte. Insgesamt beteiligten sich den Angaben zufolge etwa 15 Menschen | |
an der Aktion. Am Vormittag räumte die Polizei die Blockade und erteilte | |
den Demonstranten Platzverweise. | |
Bereits am Samstag hatten etwa 200 Menschen für die Abschaltung der | |
Atomfabrik in Lingen demonstriert, im Dezember hatte es Mahnwachen gegeben. | |
„Am Samstag waren wir bei der Demonstration. Es ist aber notwendig, nicht | |
bei symbolischen Aktionen in der Innenstadt zu bleiben, sondern auch am Ort | |
des Geschehens direkt gegen die Uranfabrik zu intervenieren“ erklärt laut | |
dem Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen einer der an der Aktion | |
Beteiligten. | |
„Wir wollten mit unserer Aktion die Forderung unterstreichen, dass die | |
Fabrik ihren Betrieb nicht wieder aufnimmt und endgültig stillgelegt wird“, | |
sagte einer der Aktivisten. Seit einem Brand in der Anlage Anfang Dezember | |
ist die Fertigung von Brennelementen unterbrochen. Nach dem Feuer hatten | |
Umweltschützer*innen Strafanzeige gegen die französische Betreiberfirma | |
Framatome erstattet. | |
Die Brennelementefabrik ist Teil mehrerer nahegelegener Atomanlagen. Im | |
niederländischen Almelo und im westfälischen Gronau stehen | |
Urananreicherungsanlagen (UAA), deren Produktion im niedersächsischen | |
Lingen zu Atombrennstoff weiterverarbeitet werden kann. | |
## Beliefert die Risiko-Kraftwerke Doel und Tihange | |
Beliefert werden die belgischen Risiko-Kraftwerke Doel und Tihange ebenso | |
wie die störanfälligen französischen Meiler Cattenom und Fessenheim. In | |
Nordrhein-Westfalen sorgen besonders die belgischen Reaktoren, in deren | |
Druckbehältern Tausende Haarrisse entdeckt wurden, für Unruhe. Tihange | |
liegt keine 70 Kilometer entfernt von Aachen. | |
Die Protestaktion am Montag sei nicht angemeldet gewesen und entsprechend | |
als rechtswidrig eingestuft worden, sagte ein Polizeisprecher in Lingen. | |
Der Aufforderung, die Zufahrt zu räumen, seien die Demonstranten nicht | |
nachgekommen. Um die Gesundheit der beiden in drei Meter Höhe befestigten | |
Atomkraftgegner nicht zu gefährden, seien spezielle Höhenretter aus | |
Hannover mit der Beseitigung der Blockade beauftragt worden. | |
Der Protest richtete sich auch gegen die Versorgung der Anlage mit Uran aus | |
aller Welt. Laut dem Aktionsbündnis aus Münster vergiftet das „Uran, | |
welches in Lingen verarbeitet wird, in den Herkunftsländern Kanada, | |
Kasachstan, Australien und Namibia jeden Tag ohne besondere Störfälle die | |
Umwelt und hinterlässt riesige radioaktive Müllberge.“ | |
Mehr als 120.000 Menschen hatten bereits im September 2018 in zwei | |
ähnlichen Petitionen gefordert, dass künftig keine deutschen Brennelemente | |
mehr in die belgischen AKWs Doel und Tihange geliefert werden dürfen, bei | |
denen Tausende feinster Risse in den Reaktordruckbehältern gefunden worden | |
waren. | |
## Vom Atomausstieg ausgenommen | |
Die Bundesregierung ist uneins über den Export von Brennelementen. Deshalb | |
sieht der Koalitionsvertrag eine Prüfung der Produktion der | |
Brennelementefabriken in Lingen und Gronau vor. Die Anlagen sind vom | |
Atomausstieg ausgenommen. | |
Auf Bundesebene versprechen CDU und SPD im Koalitionsvertrag allerdings, | |
sie wollten „verhindern, dass Kernbrennstoffe aus deutscher Produktion in | |
Anlagen im Ausland, deren Sicherheit aus deutscher Sicht zweifelhaft ist, | |
zum Einsatz kommen“. | |
Bereits in der vergangenen Legislaturperiode war ein Gutachten im Auftrag | |
des Umweltministeriums zum Schluss gekommen, dass eine Stilllegung der | |
Atomfabriken mit hoher Wahrscheinlichkeit verfassungskonform und vermutlich | |
entschädigungsfrei möglich sei. | |
21 Jan 2019 | |
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