# taz.de -- Klimapolitik in der EU: Angst vor der eigenen Courage | |
> Die EU ist beim Klimaschutz erfolgreicher als geplant. Das wollte die | |
> Kommission auch offiziell verkünden. Damit ist sie jetzt gescheitert. | |
Bild: Klimaschutz? Chill mal, Herr Kommissar! Canete scheitert an den EU-Lände… | |
Brüssel/Berlin dpa/taz | Nach Widerstand in Deutschland und anderen Ländern | |
hat EU-Kommissar Miguel Arias Cañete den Plan aufgegeben, das Klimaziel der | |
Europäischen Union für 2030 offiziell anzuheben. Anders als angekündigt hat | |
Cañete den EU-Staaten den Vorschlag nicht zum Beschluss vorgelegt, erfuhr | |
die Deutsche Presse-Agentur in Brüssel. Damit verzichtet die EU vor dem | |
Klimagipfel im polnischen Kattowitz im Dezember auf ein offizielles Signal | |
zum Aufbruch, das sie nichts gekostet hätte, die Stimmung für die Konferenz | |
aber hätte verbessern können. | |
[1][Cañete hatte im August dafür plädiert], auf internationaler Ebene bis | |
2030 eine Senkung der Treibhausgase der EU um 45 Prozent im Vergleich zu | |
1990 zuzusagen. Bisher ist das Ziel 40 Prozent. Das neue Ziel wolle er den | |
EU-Staaten vorschlagen, erklärte Cañete damals. Die Idee war jedoch unter | |
anderem bei Bundeskanzlerin Angela Merkel und der deutschen Industrie auf | |
Ablehnung gestoßen. | |
Zusätzlich [2][hatte Merkel in dieser Woche klargemacht], [3][dass sie von | |
mehr Ehrgeiz beim Klimaschutz nichts hält]. Sie entschied, dass sich | |
Deutschland bei der Neufassung der CO2-Abgasgrenzwerte in der EU für | |
2021-2030 nur auf den wenig ehrgeizigen Zielwert von 30 Prozent einsetzen | |
wird – und ließ damit ihre Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) im Regen | |
stehen, die 50 Prozent gefordert hatte. | |
## Merkel sperrt sich gegen Ehrgeiz | |
Dabei würde das nominell höhere Gesamtziel die Europäer kaum etwas kosten | |
und keine zusätzlichen Gesetze erfordern. Nach Cañetes Angaben würde die | |
Minderung um 45 Prozent quasi automatisch erreicht, sofern die schon | |
gesetzlich festgeschriebenen Maßnahmen zum Energiesparen und zum Ausbau der | |
erneuerbaren Energien umgesetzt würden. Hier hatten die EU-Staaten und das | |
EU-Parlament im Frühsommer unerwartet ehrgeizige Kompromisse geschmiedet. | |
Mit der offiziellen Festlegung auf das nachgeschärfte Ziel wollte Cañete | |
ein Signal vor Kattowitz setzen: Es sollte die UN-Partner ermuntern, | |
ebenfalls mehr gegen die Erderwärmung zu tun. Denn der globale Klimaschutz | |
steckt in der Krise, [4][seit US-Präsident Donald Trump das Pariser | |
Abkommen von 2015 aufgekündigt hat]. | |
Doch wollten sich einige EU-Staaten nach dpa-Informationen nicht auf einen | |
Beschluss beim Treffen der Umweltminister am 9. Oktober einlassen. Im | |
Entwurf der Beschlussvorlage wird das 45-Prozent-Ziel nicht erwähnt. | |
Vielmehr wird nur indirekt darauf verwiesen, dass die ambitionierten Ziele | |
für Ökoenergie und Energieersparnis auch auf das Gesamtziel durchschlagen | |
werden. Selbst diese Formulierung geht Staaten wie Ungarn und Polen dem | |
Vernehmen nach zu weit. | |
Im Pariser Klimapakt hatte die Weltgemeinschaft 2015 vereinbart, die | |
globale Erwärmung bei höchstens 2 Grad – möglichst sogar bei nur 1,5 Grad … | |
zu stoppen, um katastrophale Folgen abzuwenden. Gemeint ist die mittlere | |
Temperatur im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten. Nötig ist dafür eine | |
Abkehr von Kohle, Öl und Gas bis Mitte des Jahrhunderts. Die Pariser | |
Vertragspartner hatten ihre Klimaziele zu Protokoll gegeben und zugesagt, | |
diese bis 2020 möglichst zu erhöhen. | |
28 Sep 2018 | |
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