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# taz.de -- Naturschutz von rechts: Wenn Rechte zu Ökos werden
> Auch Rechtsextreme engagieren sich im Umweltschutz. Naturschutzexperten
> veröffentlichen eine Handreichung, wie damit umzugehen ist.
Bild: Protest gegen die Rodung des Hambacher Forstes – auch Rechte stimmen ein
Ein „Wunderwerk der Natur“ sei der [1][Hambacher Forst], schwärmen die
Rechtsextremen vom „III. Weg“. Jahrhunderte alte Bäume, seltene
Fledermausarten, die „ökologische Wertigkeit“: Natürlich stehe man „auf…
Seite der Umweltaktivisten“, die derzeit gegen die geplante des Rodung des
Forstes in Nordrhein-Westfalen protestieren, erklärt die Neonazi-Partei.
„Es versteht sich für jeden Heimat liebenden Menschen von selbst.“
Die rechtsextreme Solidaritätsadresse mag überraschen, aber sie ist kein
Einzelfall. Der „III. Weg“ organisierte zuletzt auch Spaziergänge für sei…
Anhänger durch die „imposante Urlandschaft“ im Schwarzwald. In mehreren
Städten verteilte sie Flugblätter mit dem Slogan „Umweltschutz ist
Heimatschutz“. In der rechten Szene wird auch das NPD-nahe Magazin „Umwelt
& Aktiv“ gelesen, das sich zuletzt mit Stadttauben oder Schweinehaltung
beschäftigte – aber auch davor warnte, dass Deutschland „von Zuwanderern
islamischen Glaubens überflutet“ werde, die hier Tiere schächten würden.
Der Slogan des Magazins, auch hier: „Umweltschutz, Tierschutz,
Heimatschutz“.
Und auch der neurechte Verein „Ein Prozent“ sucht derzeit nach „Pionieren…
die sich auf dem Land „eine neue Existenz aufbauen“ wollen. Das Projekt
verläuft schleppend, das Ziel aber ist klar: Es gehe um die Schaffung
„patriotischer Zentren“, rund um „landwirtschaftliche Projekte“, für e…
„frische, heimatverbundene Lebenskultur“.
Die Rechten nutzen den Naturschutz nicht ohne Hintergedanken: Für sie geht
es um die Pflege völkischer Ideologie, um die Ausgrenzung von „Artfremden“.
Das, was sie als Heimatschutz verstehen.
## Naturschutz ist nicht nur linksalternativ
Längst sind auch die etablierten Naturschutzverbände hellhörig. Am
Donnerstag nun veröffentlicht die Fachstelle „Radikalisierungsprävention
und Engagement im Naturschutz“ der Naturfreundejugend deshalb eine
Handreichung zum Umgang mit dem Phänomen. Präsentiert wird sie auf dem
Deutschen Naturschutztag in Kiel. Man wolle erklären, warum sich
Rechtsextreme des Themas Naturschutz bedienen, schreibt Fachstellen-Leiter
Lukas Nicolaisen. Meist werde erst bei genauerem Hinsehen deutlich, „dass
der rechte Natur- und Umweltschutz oft verknüpft ist mit rassistischen,
biologistischen und völkischen Ideen“.
Die Handreichung widerlegt die Annahme, dass Naturschutz per se ein
linksalternatives Thema sei. Die deutsche Umweltbewegung sei vielmehr Mitte
des 19. Jahrhunderts aus einem konservativen, zivilisationskritischen
Verständnis heraus entstanden, erinnert Nicolaisen. Diese lehnte das
Stadtleben ab und präsentierte sich bezeichnenderweise als
„Heimatschutzbewegung“. Auch das NS-Regime habe darauf mit ihrer „Blut und
Boden“-Ideologie aufgebaut. Und auch heute noch engagieren sich
Rechtsextreme gegen Gentechnik und Atomenergie, drängelten sich in
Anti-TTIP-Proteste oder versuchen ökologische Siedlungsprojekte aufziehen –
hier allerdings gekoppelt an den Einsatz für das „eigene Volk“.
Für die Rechtsextremen sei das Thema Naturschutz eine willkommene
Möglichkeit, „in scheinbar unverdächtigen Bereichen zu wirken und für
Akzeptanz ihrer Positionen zu werben“, schreibt Broschüren-Mitautor Marius
Hellwig. Es brauche daher eine aufmerksame Zivilgesellschaft, um sich
Unterwanderungen entgegenzustellen.
Lukas Nicolaisen fordert noch mehr. „Wo bleibt das politische Engagement
der liberalen, der weltoffenen, der freiheitsliebenden, der
fortschrittsbefürwortenden Natur- und Umweltschützer_Innen?“, fragt der
Experte. „Wir müssen Position beziehen.“ Gerade ob des um sich greifenden
Rechtsrucks sei Neutralität keine Option, so Nicolaisen. „Es wird Zeit für
einen fortschrittlichen Natur- und Umweltschutz.“
27 Sep 2018
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Hambacher-Forst/!t5013292/
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Ökologie
Rechtsextremismus
Heimat
Umweltschutz
Naturschutz
Schwerpunkt Fridays For Future
Antisemitismus
EuGH
Umweltschutz
Wendland
Rechtsextremismus
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