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# taz.de -- Wegen Bedrohung der Demokratie: EU-Parlament straft Ungarn ab
> Die EU-Abgeordneten stimmen mit Zweidrittelmehrheit dafür, wegen
> Verstößen gegen die EU-Werte Sanktionsverfahren einzuleiten.
Bild: Angst um die Demokratie: Das EU-Parlament stimmt über ein Strafverfahren…
Straßburgtaz | Es ist eine historische Entscheidung: Zum ersten Mal hat das
Europaparlament ein Strafverfahren gegen ein EU-Land in Gang gebracht.
Wegen [1][schwerer Verstöße] gegen die Grundwerte der EU soll der
Ministerrat gegen Ungarn vorgehen, fordern die Abgeordneten mit
Zweidrittelmehrheit.
Ob die EU-Länder dieser Aufforderung folgen, ist noch völlig offen. Beim
ersten derartigen Verfahren, das die EU-Kommission gegen Polen eingeleitet
hat, steht der Ministerrat auf der Bremse. Offen ist auch, ob die
Fidesz-Partei des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán sanktioniert
wird.
Bisher arbeitet die Fidesz in der konservativen Europäischen Volkspartei
(EVP) mit, in der CDU und CSU den Ton angeben. Der Chef der EVP-Fraktion im
EU-Parlament, Manfred Weber, war deshalb unter Druck der anderen Fraktionen
geraten.
Nach einer turbulenten Fraktionssitzung mit Orban am Dienstagabend in
Straßburg kündigte Weber an, dass er für das Strafverfahren stimmen werde.
Gleichzeitig gab er das Votum für die Abgeordneten frei. Am Ende stimmte
auch eine Mehrheit der EVP für das Strafverfahren.
## Wenn der Rechtsstaat in Gefahr ist
Insgesamt sprachen sich 448 Parlamentarier für das sogenannte
Artikel-7-Verfahren aus. Dagegen votierten neben der Fidesz vor allem
Populisten und Nationalisten aus Polen, Großbritannien und den
Niederlanden, Abgeordnete der französischen Konservativen sowie alle AfDler
und die Mehrheit der CSU-Abgeordneten.
Die EU-Kommission stellte sich hinter die Prozedur, die mit dem Entzug des
Stimmrechts im Ministerrat enden kann. „Artikel 7 muss dort, wo der
Rechtsstaat in Gefahr ist, Anwendung finden“, sagte Kommissionspräsident
Jean-Claude Juncker.
Am Dienstag hatte Orbán in Straßburg versucht, das Parlament zu
diskreditieren. Das Urteil gegen sein Land stehe längst fest, behauptete
er. Mit dem Verfahren solle sein Volk dafür verurteilt werden, dass es
Ungarn nicht zu einem Einwanderungsland machen wolle. Doch seine Brandrede
ging nach hinten los: Nur Nationalisten und Rechtsextremisten klatschten
Beifall. Zuletzt scheiterte Orbán daran, dass er nicht bereit war,
gegenüber seinen konservativen Parteifreunden von der EVP Konzessionen zu
machen.
Deshalb sehe er sich gezwungen, für das Strafverfahren zu stimmen, sagte
EVP-Fraktionschef Weber. Zugrunde liegt ihm ein Bericht der
Grünen-Abgeordneten Judith Sargentini. Darin wird eine „systemische
Bedrohung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte“
festgestellt. Der Bericht verweist auf Einschränkungen der
Meinungsfreiheit. Zudem missachte Orbán die Rechte von Minderheiten und
Flüchtlingen.
Nach dem Parlamentsvotum sind die Mitgliedsländer gefragt. Sie müssen das
Strafverfahren mit einer Mehrheit von vier Fünfteln bestätigen. Deutschland
scheint dazu bereit. „Die EU ist eine Wertegemeinschaft. Diese kann nur
funktionieren, wenn alle die Werte achten und verteidigen“, sagte
Regierungssprecher Steffen Seibert.
12 Sep 2018
## LINKS
[1] /Moegliches-Strafverfahren-gegen-Ungarn/!5531569
## AUTOREN
Eric Bonse
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Ungarn
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