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# taz.de -- Ungarn trotzt dem EU-Parlament: Orbán im Wutwahn
> EU-Abgeordnete wollen Ungarns Rechtsstaat überprüfen. Ministerpräsident
> Orban wehrt sich mit Propaganda und freut sich auf die Europawahlen.
Bild: Wähnt sich von Feinden umgeben: Viktor Orbán
Wien taz | Viktor Orbán weiß die große Bühne zu nutzen. Beim informellen
[1][Gipfel in Salzburg] konnte der rechtsnationale Ministerpräsident
Ungarns den Journalisten wieder einmal sein Credo zur Flüchtlingspolitik
ins Mikrofon diktieren: „Lasst sie nicht rein und schickt jene, die schon
da sind, zurück!“
Alles andere würde Orbán zu Hause unglaubwürdig machen, fährt er doch
konsequent seine Linie, dass die EU-Kritik an Ungarn nichts mit
Demokratieabbau im Land zu tun habe, sondern einzig der konsequenten
Abschottung gegenüber illegalen Einwanderern geschuldet sei.
Nachdem das EU-Parlament vergangene Woche ein
[2][Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet hatte], lancierte
die Regierung in Budapest auf ihrer Facebook-Seite sogar ein Video mit dem
Titel „Geben wir der Erpressung nicht nach!“ Von dramatischer Musik
untermalt heißt es da: „Die einwanderungsfreundliche Mehrheit im
Europaparlament will uns zum Schweigen bringen, weil wir unsere Heimat und
Europa mit einem Grenzzaun schützen.“ Weitere Clips sollen folgen.
Orbán selbst legte am Freitag bei seinem allwöchentlichen Auftritt im
Kossuth-Radio nach und prophezeite den Abgeordneten in Brüssel eine
bevorstehende Revolution: „Dies ist also ein Europäisches Parlament, das
man – bei allem Respekt, aber – als eine auslaufende Kollektion ansehen
muss, seine Tage sind gezählt. Im Mai werden sie abtreten und bei den
Wahlen im Mai zum Europäischen Parlament werden die Menschen neue
Abgeordnete wählen. Alles, was geschieht, ist in diesem Zusammenhang zu
deuten.“
## Kritik an Österreichs Kanzler Sebastian Kurz
Noch deutlicher wurde die Kolumnistin Mariann Őry in der
regierungsfreundlichen Tageszeitung Magyar Hírlap. Das „Gebrüll“ im
EU-Parlament sei von der Angst der alten herrschenden Eliten ausgegangen,
die den Verlust von Einfluss fürchte und „die aufstrebenden Kräfte stoppen�…
wolle.
Orbán beschwor in seinem Radiointerview: Das künftige EU-Parlament werde
nach dem prognostizierten Rechtsruck ganz anders aussehen. Er sei ein
Hassobjekt für die derzeitige Mehrheit „die es als ihre historische Mission
ansieht, die Zusammensetzung Europas zu verändern, einen
Bevölkerungsaustausch durchzuführen“.Besonders groß ist der Groll auf die
Abgeordneten der konservativen Parteien, zu deren Fraktion ja auch die
Fidesz von Viktor Orbán gehört. Sie hatten mehrheitlich für den kritischen
Bericht und die Sanktionen gegen Ungarn gestimmt. Selbst Österreichs
Kanzler Sebastian Kurz, der Orbán sonst immer in Schutz genommen hatte,
befürwortete das Abstimmungsverhalten.
Für den schärfsten Hassprediger unter Ungarns Journalisten, den notorischen
Antisemiten Zsolt Bayer, ist Kurz deshalb ein „Verräter“. Orbán selbst
urteilte in Kossuth-Radio milder „über einen jungen Mann, der am Anfang
seiner dreißiger Jahre ist, der in solch eine problembelastete,
undurchschaubare, sehr viele Zusammenhänge beinhaltende Diskussion
hineingeworfen wird“.
Die EVP, die Fraktion der konservativen Parteien im Europaparlament, hat
sich im übrigen bei einer Sitzung in Salzburg nicht entscheiden können, die
Fidesz auszuschließen. EVP-Präsident Josep Daul gab bekannt, man wolle ein
mögliches Rechtsstaatsverfahren gegen Ungarn abwarten. Für Sven Giegold,
den Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament, bedeutet
das „eine schwere Bürde für den Europawahlkampf. Mit Orbán in den eigenen
Reihen kann man keinen glaubwürdigen proeuropäischen Wahlkampf führen“.
20 Sep 2018
## LINKS
[1] /Kommentar-EU-Gipfel-in-Salzburg/!5537179/
[2] /!5531804
## AUTOREN
Ralf Leonhard
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Schwerpunkt Europawahl
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