# taz.de -- Umsetzung des Radgesetzes: Das Farbwunder von Berlin | |
> Schluss mit dem tristen Radalltag: 2018 und 2019 sollen bis zu 20 | |
> Kilometer Radspur grün markiert werden, kündigt der Senat an. Und das ist | |
> noch nicht alles. | |
Bild: Nicht jedes Rad macht mobil … | |
Radfahrende haben ganz unterschiedliche Anfahrtechniken: Der eine schaltet | |
bei Rot runter in den Ersten und dann wieder rauf, die andere bleibt | |
konstant im hohen Gang und startet stramm im Stehen. Langsam geht’s aber | |
bei beiden los. | |
Genauso ist es bei der Umsetzung des Rad-Kapitels im Berliner | |
Mobilitätsgesetz. Noch stehen nicht einmal die Vorgaben für den | |
Radverkehrsplan, der die konkreten Ausbauziele und -standards definieren | |
soll, und auch die Besetzung der Planungsstellen in den Verwaltungen ist | |
längst nicht abgeschlossen. Zwar hat die Senatsverkehrsverwaltung alle zehn | |
vorgesehenen Stellen besetzt, wie Senatorin Regine Günther (parteilos, für | |
die Grünen) am Montag bestätigte. Dafür ist in den Bezirksämtern noch ein | |
Viertel der 24 Stellen vakant und bei der extra gegründeten infravelo GmbH | |
sogar noch jede zweite von 30 Stellen. | |
## Poller als Sicherheit | |
Dass gar nichts passiert, kann man aber auch nicht sagen: Mit etwas Glück | |
werden in diesem Jahr zwei „Protected Bike Lanes“ (PBL) fertig, also breite | |
Radfahrstreifen, die durch Poller vom Kfz-Verkehr abgetrennt sind. Die PBL | |
auf der Holzmarktstraße in Mitte ist tatsächlich schon fast fertig, auch | |
wenn die Bepollerung auf der südlichen Seite wegen einer Baustelle später | |
kommt. | |
Auf der Südseite der Hasenheide zwischen Kreuzberg und Neukölln hatte der | |
geschützte Radstreifen eigentlich schon im Frühjahr den berlinweiten | |
Auftakt machen sollen – laut Verkehrsverwaltung geht er nun | |
„voraussichtlich noch 2018“ in Betrieb. Aus Sicht des ADFC wird er jedoch | |
zu schmal ausfallen: Ein halber Meter mehr als die jetzt geplanten 2,25 | |
Meter wäre laut Fahrradclub möglich gewesen – aber den habe man den | |
parkenden Autos geschenkt. | |
Eine besondere Schutzmaßnahme kündigte Günther für die gefährliche | |
Einmündung der Kolonnen- in die Hauptstraße in Schöneberg an: Dort, wo in | |
diesem Winter eine Radfahrerin von einem Lkw überfahren worden war, hatte | |
die Verwaltung schnell reagiert und eine rote Markierung auf der | |
abknickenden Radspur aufbringen lassen. Weil diese von vielen Autofahrern | |
immer noch ignoriert wird, sollen im kommenden Jahr (aus Sicht des Bezirks | |
ist das immer noch „schnell“) eine Art Mini-Poller, sogenannte „Leitboys�… | |
im Kreuzungsbereich angebracht werden. | |
Was kommt noch? Grüne Farbe auf bis zu 20 Kilometern Radspur in diesem und | |
dem kommenden Jahr. Zuständig dafür ist die infravelo GmbH, die einige | |
konkrete Abschnitte auch schon beauftragt hat. Unter anderem in der | |
Kreuzberger Katzbachstraße sowie an der Warschauer und der Proskauer Straße | |
in Friedrichshain soll das Farbwunder noch in diesem Jahr stattfinden. | |
Später werden etwa die Invalidenstraße in Mitte, die Greifswalder Straße in | |
Prenzlauer Berg und die Schlossstraße in Steglitz angemalt. | |
## Schnelltrassen werden geprüft | |
Ebenso direkt von der infravelo angewiesen wird die Planung von zehn | |
Radschnellwegen. Für drei der angedachten Korridore wurden jetzt immerhin | |
schon die Machbarkeitsstudien ausgeschrieben – es handelt sich dabei um die | |
Trassen entlang des Teltowkanals sowie auf dem Königs- und | |
Kronprinzessinnenweg durch den Grunewald und die sogenannte Y-Trasse, die | |
von Neukölln und Kreuzberg nach Treptow-Köpenick führt. Wann hier | |
allerdings tatsächlich gebaut wird, dazu kann derzeit noch niemand | |
Belastbares sagen. | |
Die richtige Zukunft beginnt derweil am S-Bahnhof Zehlendorf: Dort wird die | |
Verkehrsverwaltung ein vollautomatisches Fahrradparkhaus finanzieren. Platz | |
ist darin für 122 Velos, geplante Fertigstellung: März 2021. | |
10 Sep 2018 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Radfahren in Berlin | |
Radverkehr | |
Regine Günther | |
Tempelhof-Schöneberg | |
Schwerpunkt Radfahren in Berlin | |
Mobilitätsgesetz | |
Grüne Berlin | |
Radgesetz | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Fahrrad-Misere in Tempelhof: Sag mir, wann die Poller kommen | |
Fahrrad-AktivistInnen demonstrieren am Samstag für mehr Verkehrssicherheit | |
auf dem Tempelhofer Damm – und fordern mehr Tempo vom Bezirksamt. | |
Radverkehr in Berlin: Pankow stellt die Poller-Frage | |
Für einen sicheren Radweg: Greenpeace demonstriert mit SchülerInnen in der | |
Neumannstraße. Der Bezirk bleibe hinter den Ansprüchen des | |
Mobilitätsgesetzes zurück. | |
20 Punkte für den Wirtschaftsverkehr: Endlich mal an die Regeln halten | |
Dem Versuch von Fahrradaktivisten, die Berliner IHK für ihre Positionen zum | |
Wirtschaftsverkehr zu kapern, dürfte eher wenig Erfolg beschieden sein. | |
Debatte Berliner Mobilität: „Es ist Zeit, zu handeln. Radikal“ | |
Eine Verkehrswende in homöopathischen Dosen ist keine, sagt der Grüne | |
Matthias Dittmer in seinem Gastbeitrag. Er fordert Priorität für Radler, | |
Fußgänger und ÖPNV. | |
Verkehrspolitik in Berlin: Das macht radlos | |
Seit elf Jahren versucht ein Bezirk, an einer dreispurigen Straße einen | |
Radweg anzulegen. Dies zeigt exemplarisch die Probleme Berlins, für mehr | |
Sicherheit zu sorgen. |