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# taz.de -- Rechtswidrige Abschiebungen: Mehr Fälle seit Jahresbeginn
> In diesem Jahr sind mehr Personen rechtswidrig abgeschoben worden als in
> den Vorjahren. Einige sind schon wieder zurück in Deutschland – aber
> nicht alle.
Bild: Nicht nur Sami A: Auch vier weitere Personen wurden in 2018 rechtswidrig …
Berlin dpa | Die Behörden haben im laufenden Jahr bereits fünf Ausländer
rechtswidrig abgeschoben. Das geht aus einer Antwort des
Bundesinnenministeriums auf eine schriftliche Frage der
Grünen-Bundestagsabgeordneten Margarete Bause hervor, die der Deutschen
Presse-Agentur vorliegt. In allen Fällen seien „die erforderlichen
Verwaltungsakte noch nicht vollziehbar“ gewesen, schreibt das Ministerium.
Die Zahlen beziehen sich auf den Stand vom 8. August. Seitdem gab es noch
einen Abschiebeflug nach Afghanistan.
Die Häufung seit Jahresbeginn ist auffällig. So sind der Bundesregierung
für die Jahre 2015 und 2016 keine rechtswidrigen Abschiebungen bekannt und
für das Jahr 2017 zwei Fälle. Die Betroffenen wurden in ihre
Herkunftsländer Nigeria, Afghanistan, Kosovo, Marokko, Simbabwe, China und
Tunesien abgeschoben.
In fünf der sieben Fälle (2017 plus die erste Hälfte des Jahres 2018) hat
die Bundesregierung nach eigenen Angaben „eine umgehende Rückholung“
betrieben; in drei dieser Fälle reisten die Betroffenen auch bereits wieder
nach Deutschland ein, in den anderen beiden noch nicht. „In zwei weiteren
Fällen ist noch keine Entscheidung zur Rückholung getroffen worden“,
schreibt das Bundesinnenministerium. Bei einem von ihnen könnte es sich um
den Islamisten Sami A. handeln, der nach einem Urteil des
nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgerichts vom Donnerstag nun auch
nach Deutschland zurückgeholt werden muss.
„Dass die Bundesregierung in zwei von sieben Fällen noch keine Entscheidung
zur Rückführung getroffen hat, ist diesen Betroffenen gegenüber eine
Zumutung und ein Armutszeugnis für unseren Rechtsstaat“, beklagte die
flüchtlingspolitische Sprecherin des Grünen-Fraktion, Luise Amtsberg.
Die wachsende Zahl gebe Anlass zur Sorge, erklärte ihre Parteikollegin
Bause, die auch Sprecherin für Menschenrechte und humanitäre Hilfe ist.
„Dass Behörden laufende Verfahren ignorieren oder Gerichtsurteile
missachten, stellt grundlegende Prinzipien unseres demokratischen
Rechtsstaates in Frage. Das dürfen wir nicht auf die leichte Schulter
nehmen.“ Sie erwarte von der Bundesregierung und den Ländern eine
schonungslose Fehleranalyse.
Trotz des Anstiegs stufen die Behörden nur einen geringen Teil der
Abschiebungen als rechtswidrig ein. So wurden 2017 insgesamt 23.966
Menschen abgeschoben, von Januar bis Juni 2018 waren es 12 .261
Abschiebungen, wie aus Antworten der Bundesregierung auf Anfragen der
Linksfraktion hervorgeht. Für Abschiebungen sind in erster Linie die
Bundesländer zuständig, obwohl Bundespolizisten die Flüge begleiten.
## Einige Fälle öffentlich bekannt
Die Bundesregierung nennt zwar keine weiteren Details zu den betroffenen
Personen, ein Teil ist aber öffentlich bekannt. So wurde ein Angehöriger
der muslimischen Minderheit der Uiguren am 3. April zurück nach China
geschickt, obwohl über seinen Asylfolgeantrag noch nicht entschieden war.
Die chinesische Kommunistische Partei geht mit massiven Repressalien gegen
die uigurische Unabhängigkeitsbewegung vor. Die Behörden in München wollen
eine Mitteilung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) nicht
erhalten haben. Deutschland bemüht sich nun, den 23-Jährigen zurückzuholen.
Der zu Unrecht aus Neubrandenburg abgeschobene Afghane Nasibullah S. ist
seit dem vergangenen Wochenende zurück in Deutschland. Der 20-Jährige war
einer von jenen 69 Menschen, die am 69. Geburtstag von Bundesinnenminister
Horst Seehofer (CSU) abgeschoben worden waren. In der Heimat sah er sich
von den Taliban verfolgt, sein Asylantrag wurde aber abgewiesen. Dagegen
klagte er, die Entscheidung stand noch aus. Zur Abschiebung kam es laut
Seehofer, weil seine Identität falsch zugeordnet wurde.
Auch Haschmatullah F. durfte aus Afghanistan nach Deutschland zurückkommen.
Er war im Oktober abgeschoben und auf Anordnung des Verwaltungsgerichts im
baden-württembergischen Sigmaringen im Dezember zurückgeholt worden. Der
24-Jährige kann in Deutschland bleiben, nachdem ein Gericht im Juni seiner
Klage gegen die Ablehnung seines Asylantrags stattgab. F. wurde nach
eigenen Angaben in Afghanistan von den Taliban beinahe umgebracht, weil er
als Soldat mit den Amerikanern zusammengearbeitet habe.
17 Aug 2018
## TAGS
Abschiebung
Deutschland
Migration
Abschiebung
Asylsuchende
Uiguren
Flüchtlinge
Kosovo
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Afghanistan
Rückführung
Schwerpunkt Afghanistan
Migration
Daniel Günther
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