# taz.de -- Kommentar Deutschlands Afrikapolitik: Bemerkenswert taktlos | |
> Deutschland betreibt ein unwürdiges Spiel mit Opfern der früheren | |
> deutschen Afrikapolitik. Passend dazu fällt Minister Müller durch | |
> Respektlosigkeit auf. | |
Bild: Herero und Nama fordern eine Entschuldigung für Deutschlands Völkermord… | |
So viel Afrika ist selten in der deutschen Politik. | |
Bundesentwicklungsminister Müller befindet sich auf einer Marathonreise | |
durch sieben afrikanische Länder, und in wenigen Tagen bricht die | |
Bundeskanzlerin nach Westafrika auf. Es geht, wie immer im frühen 21. | |
Jahrhundert, um Wirtschaftspotenzial und Fluchtursachenbekämpfung und um | |
die Kunst, aus dem einen das andere zu machen. | |
Gleichzeitig betreibt Deutschland wieder einmal ein unwürdiges Schauspiel | |
mit den Opfern der deutschen Afrikapolitik des frühen 20. Jahrhunderts. Auf | |
einem kirchlichen Gedenkakt in Berlin, ohne Teilnahme hochrangiger | |
Vertreter der Bundesrepublik, werden am Mittwoch [1][Gebeine toter | |
Angehöriger der Volksgruppe der Herero und der Nama an geladene Vertreter | |
Namibias übergeben]. Vertreter der [2][Herero und der Nama werden draußen | |
demonstrieren]. Kritiker fragen zu Recht, warum es keinen Staatsakt gibt, | |
[3][keine offizielle Entschuldigung für den Völkermord an den Herero und | |
Nama] im einstigen Deutsch-Südwestafrika und keine Bereitschaft zur | |
Entschädigung gemäß der in New York anhängigen Klage gegen Deutschland – | |
jenseits der Zusage von Entwicklungshilfe. | |
Man könnte meinen, die Bundesrepublik sähe die Rückgabe von Knochen als | |
Übernahme von Verantwortung. Mit bemerkenswert taktlosem Timing betont | |
derweil der Entwicklungsminister bei seinem Besuch in Äthiopien, wie bei | |
jedem seiner Besuche dort, dass er sich an der Wiege der Menschheit | |
befinde, weil in Äthiopien die Knochen des ältesten ausgegrabenen Menschen | |
„Lucy“ gefunden wurden, 3,5 Millionen Jahre alt. „Wir müssen uns auch | |
unserer Ursprünge bewusst werden und deshalb bin ich auf einer | |
Afrikareise“, [4][sagt er in einem Deutschlandfunk-Interview]. | |
In solchen Sätzen, wie auch immer sie tatsächlich gemeint sein könnten, | |
schimmert das koloniale Bild eines Afrika als zurückgebliebenes Urgestein | |
der Welt durch, das erst noch mit fremder Hilfe in die Gegenwart zu | |
befördern ist. Nicht anders zu interpretieren ist ja auch das ewige Gerede | |
von Afrika als Kontinent der „Chancen“. Die Knochen gehören den Afrikanern. | |
Das Fleisch den Deutschen. | |
29 Aug 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Rueckgabe-von-Gebeinen-aus-Kolonialzeit/!5528265 | |
[2] /Streit-um-Rueckgabe-an-Namibia/!5528284 | |
[3] /Aktivist-zur-Rueckgabe-der-Herero-Schaedel/!5532114 | |
[4] https://www.deutschlandfunk.de/bekaempfung-von-fluchtursachen-in-afrika-die… | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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