# taz.de -- Umstrittene Kredite von der Volksrepublik: Chinas „Kolonialismus�… | |
> Treibt Peking afrikanische Staaten in die Schuldenfalle, um politische | |
> Abhängigkeiten zu erzeugen? Dschibuti könnte zum Testfall werden. | |
Bild: Ein Schnellzug auf der von chinesischen Unternehmen gebauten Bahnstrecke … | |
Dschibuti/Johannesburg taz | Wenn kommende Woche Dutzende Staats- und | |
Regierungschefs aus Afrika in Peking zum China-Afrika-Gipfel erscheinen, | |
wird ein Thema ihre Gedanken beherrschen: Schulden. | |
Über 90 Milliarden US-Dollar Kredite sind aus China an afrikanische | |
Regierungen und Staatsunternehmen geflossen, und ein Ende ist nicht in | |
Sicht. Angola, der zweitgrößte Ölförderer Afrikas, ist mittlerweile bei | |
China so tief verschuldet, dass Bargeld knapp wird und die Regierung Hilfe | |
vom Internationalen Währungsfonds (IWF) benötigen könnte. In Simbabwe | |
umgarnt Peking den neuen Präsidenten Emmanuel Mnangagwa mit der | |
Modernisierung von Kraftwerken und Angeboten zweier neuer Eisenbahnlinien | |
zu den Häfen von Mosambik, dessen Regierung jüngst eine „strategische | |
Partnerschaft“ mit Peking schloss. Südafrikas neuer Präsident Cyril | |
Ramaphosa unterzeichnete mit Chinas Präsident Xi Jinping im Juli | |
Vereinbarungen im Wert von über rund 14,7 Milliarden US-Dollar. | |
Für Chinas Botschafter in Südafrika ist das kein Grund zur Sorge. „China | |
wird niemals die Handlungen der Kolonialzeit wiederholen“, sagte Lin | |
Songtian einer lokalen Zeitung. „Wir kommen nicht, um auszubeuten und | |
wegzulaufen.“ | |
Aber manche Partner Pekings fürchten eher, dass China bleiben will – und | |
sagen es auch. Malaysias neuer Regierungschef Mahathir Mohamad, der vor | |
Kurzem im Alter von 93 Jahren zurück an die Macht kam, besuchte neulich | |
China und beschuldigte seine Gastgeber, andere Länder mit Krediten für | |
unnötige Dinge in eine Falle zu locken. „Wir wollen keine Situation, in der | |
es eine neue Version des Kolonialismus gibt“, sagte Mahathir. Er bezog sich | |
auf eine Reihe von Projekten, die sein im Mai abgewählter Vorgänger Najib | |
Razak mit China vereinbart hatte: eine Hochgeschwindigkeitsbahn entlang der | |
Ostküste, mehrere Häfen, vier künstliche Inseln zum Bau von | |
Luxusappartements für reiche Chinesen. | |
## Millionen verschwanden spurlos | |
Nach seinem Wahlsieg annullierte Mahathir einige der Kredite dafür und | |
veröffentlichte Dokumente, wonach ein Teil des Geldes von Najib abgezweigt | |
wurde, um seine Partei zu finanzieren, während Millionen spurlos | |
verschwunden sind. Mahathir sagte der New York Times, China leihe armen | |
Ländern viel Geld und bei Zahlungsschwierigkeiten „nimmt es die Projekte | |
zurück“. | |
Ein Beispiel: Sri Lanka, das im Dezember gezwungen wurde, China den | |
strategischen Hafen Hambantota südöstlich der Hauptstadt Colombo und über | |
60 Quadratkilometer Land zu überlassen – mit einer 99-Jahre-Pacht, weil Sri | |
Lanka seine Schulden bei China nicht zahlen konnte. Die chinesischen | |
Kredite hatten dazu gedient, den Hafen auszubauen. | |
Sri Lanka gehört zu dem strategischen Projekt Chinas, am Indischen Ozean | |
Fuß zu fassen. Schlüssel dazu ist der ostafrikanische Kleinstaat Dschibuti | |
am südlichen Ende des Roten Meeres, der eine der wichtigsten | |
Schifffahrtsrouten der Welt kontrolliert – vom Indischen Ozean durch den | |
Suezkanal nach Europa. Waren aus Asien und Afrika zwängen sich durch die | |
Meerenge mit Dschibuti links und Jemen rechts. Die Regierung von Präsident | |
Ismaïl Omar Guelleh, der seit 1999 regiert, hat Auslandsschulden in Höhe | |
von 90 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angehäuft – mit China als größtem | |
Kreditgeber. | |
Dschibuti ist Frankreichs wichtigste Marinebasis in der Region, und seit | |
dem „Krieg gegen den Terror“ haben auch die USA eine ständige Basis. | |
Inzwischen hat China eine eigene Militärbasis dort, größer als die beiden | |
anderen zusammen. | |
## Chinesische Kriegsschiffe in Dschibuti? | |
Involviert sind dieselben Firmen, die in Malaysia am anderen Ende des | |
Indischen Ozeans Mahathir Sorgen bereiten. Die China Railway Engineering | |
Corporation, die die malaysische Hochgeschwindigkeitslinie bauen sollte, | |
hat die Bahnlinie vom Hafen Dschibuti nach Äthiopien erneuert, Chinas | |
nationale Ölgesellschaft ist in Dschibuti und Malaysia präsent. „Auf der | |
Landkarte sieht man, wo China Häfen und Investitionen plant – von Myanmar | |
bis Pakistan, Sri Lanka und Dschibuti“, sagt Malaysias | |
Vizeverteidigungsminister Liew Chin Tong. | |
Doch während in Sri Lanka und Malaysia Machtwechsel an der Wahlurne möglich | |
sind, gewinnt Dschibutis Präsident Guelleh jede Wahl mit über 80 Prozent | |
und macht, was er will. Im Februar annullierte Guelleh per Dekret den | |
Vertrag, der DP World aus Dubai das Management des Hafens von Dschibuti | |
überträgt. Als ein Schiedsgericht in London Ende Juli den Vertrag | |
aufrechterhielt, wies Dschibuti das einfach zurück. DP World hält an seinen | |
Ansprüchen fest und baut nun zugleich Berbera in Somaliland aus. | |
Solche Vorgänge führen zur Sorge, es könnten in Dschibuti chinesische | |
Kriegsschiffe stationiert werden – dann wäre der Welthandel durch den | |
Suezkanal vom guten Willen Pekings abhängig. Guelleh betont, er bleibe ein | |
Verbündeter im „Krieg gegen den Terror“. Aber das Beispiel Sri Lanka zeigt, | |
wie leicht Verschuldung zum Verlust von Souveränität führen kann. | |
28 Aug 2018 | |
## AUTOREN | |
Said Aboubaker | |
Savious Kwinika | |
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