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# taz.de -- Literatursommerthema Israel: Lesen ohne Boykott
> Schwerpunktland des diesjährigen Literatursommers Schleswig-Holstein ist
> Israel. Mit Duiskussionen rechenn die Veranstalter, aber nicht mit der
> Boykottbewegung „BDS“.
Bild: Will die „orientalischen“ Juden besser repräsentiert sehen: Die Lyri…
Nein, ein „weniger bekanntes Literaturland“ sei Israel keineswegs, sagt
Sara Dušanić vom Literaturhaus Schleswig-Holstein. Und weist hin auf
Autoren wie „Amos Oz, David Grossmann, Zeruya Shalev natürlich, die jetzt
ja bei uns im Programm ist“. Auch Meir Shalev sei hiesigem Publikum „ein
Begriff“.
Einen Grund dafür, den Staat im Nahen Osten zum „kulturellen
Schwerpunktland“ des diesjährigen Literatursommers Schleswig-Holstein zu
machen, ist das 70-jähriges Gründungsjubiläum Israels: „Das war der Anlass
für uns, den Blick auch mal in eine Region zu werfen, in der wir bisher
noch nicht so viel unterwegs waren. Und die natürlich auch spannend ist,
politisch gesehen, und höchst aktuell“, so Dušanić, die den Literatursommer
seit fünf Jahren inhaltlich und organisatorisch betreut.
Womit die Besonderheiten aber auch schon wieder enden: Denn ganz so wie in
jedem Jahr seit 1996, „versuchen wir eine Kombination herzustellen aus
bereits renommierten Autoren, die eine gewisse Leserschaft schon
mitbringen, und noch nicht so bekannten – die wir aber gut finden“. Und so
bietet das Programm auch jetzt wieder einerseits echte Big Shots der
Lektüreprodukton auf; neben den erwähnten Shalevs kommen auch Assaf Gavron
und Lizzie Doron in den Norden.
Und wiederum ist es erklärtes Ziel des Literatursommers, nicht nur die
erwartbaren Bühnen zu bespielen, also Lübeck, Kiel und Flensburg, sondern
die „im ganzen Land“, sagt Dušanić „an der Westküste, in Garding, in
Friedrichstadt“.
Doron bringt „Sweet Occupation“ mit, ihr jüngstes Buch, das zu Hause in
Israel niemand verlegen wollte, und dessen deutsche Ausgabe die Übertragung
aus dem Englischen ist. Ob es am Thema liegt, dem mal schwelenden, mal
eskalierenden Konflikt um die besetzten Gebiete? Oder, spezifischer, daran,
dass Doron bei ihren Recherchen eben auch mit Kriegsdienstverweigerern
sprach und mit „ehemaligen palästinensischen Terroristen“, so Dušanić?
Die ein wenig komplizierte Entstehungsgeschichte des Buches führt mitten
hinein in das, was Israel – neben der deutschen Geschichte – dann doch
wieder zum etwas anderen Thema für so einen Literatursommer macht – nicht
erst in Zeiten, da die Israel-Boykott-Bewegung „Boycott, Divestment and
Sanctions“, kurz: [1][„BDS“, Künstlern die Teilnahme auch an deutschen
Festivals glaubt ausreden zu müssen], weil die Botschaft des angeblichen
„Apartheidstaates“ ein paar Hundert Euro Reisekosten zuschießt.
Das hat sie übrigens auch jetzt getan – von Boykottaufrufen oder geplantem
Protest wusste die Festivalorganisatorin aber zumindest Ende der
vergangenen Woche nichts zu berichten. „Es wird im Publikum immer Menschen
geben, die über Politik reden wollen“, sagt Dušanić, „und die stellen da…
auch entsprechende Fragen. Da werden die Autoren dann selbst entscheiden
müssen, ob und wie sie darauf antworten. Es ist natürlich auch ermüdend,
sich immer zur politischen Lage in ihrem Land äußern zu müssen.“
Freilich: Auch die Programmmacherin sagt, „dass man das Thema Besatzung bei
den Autoren findet, die wir da haben werden: Selbst wenn es in ihren
Romanen nicht so präsent ist, positionieren sie selbst sich in den
politischen Debatten in ihrem Land.“ Dass die ins Deutsche übersetzte
Literatur aus Israel wiederum kaum repräsentativ sei fürs ganze Spektrum
der da debattierenden Meinungen, sondern vielmehr „viele der Autoren auch
als moderate, linksorientierte Kommentatoren des politischen Geschehens
bekannt sind“, darauf hatte im März [2][die Heidelberger Judaistin Anat
Feinberg in der Jüdischen Allgemeinen hingewiesen].
Wer will, wird diesen Gedanken auch am Literatursommer-Programm nachweisen
können, in dem sich neben Doron auch Assaf Gavron findet: Der bezeichnet
sich selbst als links, hat explizite politische Positionen – [3][gegen
Besatzung und Netanjahu, aber auch gegen allzu bequeme Boykott]forderungen
–, die aber mal mehr oder weniger mittelbar Eingang fanden in seine
bisherigen Bücher. Jetzt stellt er „Achtzehn Hiebe“ vor, angesiedelt im
britisch verwalteten Palästina vor der erwähnten Staatsgründung – für die
Israel-Regale in deutschen Buchhandlungen möglicherweise einer der
originelleren Ansätze.
Um ins Literatursommer-Programm zu kommen, muss – oder sollte – ein
aktueller Titel auf Deutsch vorliegen: Das sei den zahlreichen
Buchhandlungen wichtig, erzählt Dušanić, die zu den Kooperationspartnern
des Literaturhauses zählen. „Da tanzen wir in diesem Jahr auch ein bisschen
aus der Reihe: Wir haben Adi Keissar eingeladen, deren Gedichte in
Deutschland noch nicht in Buchform erschienen sind.“
Ihr persönliches Highlight, verrät die Organisatorin, sind die Auftritte
dieser Lyrikerin, „die sich mit der Mizrachim-Kultur auseinandersetzt, um
den Juden in Israel eine Stimme zu geben, die aus den arabischen Ländern
stammen. Und die es auch als Manko ansieht, dass diese Gruppe in der
jüdischen Kultur unterrepräsentiert ist.“ Das wäre dann vielleicht die
Stärke so eines Festivals: Es ermöglicht – in gewissem Umfang – solche
Entdeckungen, getragen durch andere, zugkräftige Programmpunkte.
Und idealerweise ist, wenn am 25. August mit Keissars letztem Auftritt im
Lübecker Grass-Haus sozusagen der Sommer endet, das Bild der Besucher um
ein paar Facetten reicher: davon, was Israel ist – und wie.
[4][https://literaturhaus-sh.de/projekte/literatursommer.html]
25 Jul 2018
## LINKS
[1] /!5507290/
[2] https://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/31062
[3] /!5505281/
[4] https://literaturhaus-sh.de/projekte/literatursommer.html
## AUTOREN
Alexander Diehl
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