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# taz.de -- Debatte Dürre in der Landwirtschaft: Bauern sind nicht nur Opfer
> Die Landwirte leiden unter der Dürre. Doch sie gehören auch zu den
> Verursachern des Klimawandels – und sie müssen mehr dagegen tun.
Bild: Den Bauern fehlt der Futtermais, doch das Problem ist der hohe Fleischkon…
Ja, die Bauern sind Opfer des Klimawandels. Wetterextreme wie die
[1][derzeitige Dürre] nehmen zu, weil sich die Erde erwärmt. Dafür sind in
Deutschland vor allem Energiekonzerne wie RWE verantwortlich. Aber das ist
nur die halbe Wahrheit.
Denn die Landwirtschaft ist auch ein bedeutender Verursacher des
Klimawandels. Rund 11 Prozent der Treibhausgase aus Deutschland kommen laut
Umweltbundesamt aus dieser Branche. Sie könnte also einen großen Beitrag
leisten, um die Erderwärmung zu begrenzen.
Doch der Anteil der Bauern ist seit 1990 von 9,7 Prozent gestiegen. Die
absoluten Zahlen sind zwar um 27 Prozent gefallen. Aber in den vergangenen
fünf Jahren haben sie sich kaum noch verändert. Wenn der Bauernverband nun
1 Milliarde Euro vom Staat für dürregeplagte Landwirte fordert, muss er
sich also vorwerfen lassen: Ihr seid auch selbst schuld an eurer Misere.
Weil die Branche ihre Emissionen nicht freiwillig reduziert, muss der Staat
sie anschubsen und an mancher Stelle auch zwingen. Die vom
Bundeslandwirtschaftsministerium eingesetzten wissenschaftlichen Beiräte
für Agrar- und Waldpolitik haben bereits 2016 die wichtigsten Vorschläge
für Klimaschutzmaßnahmen durchgerechnet und [2][vor allem vier empfohlen]:
1. Moore schützen
Weil für die Landwirtschaft Moore trockengelegt werden, entweichen pro Jahr
Treibhausgase, die der Wirkung von 40 Millionen Tonnen Kohlendioxid
entsprechen. Das sind immerhin rund 40 Prozent des Ausstoßes aus der
Landwirtschaft. Deshalb sollten besonders schutzwürdige Flächen wieder
vernässt – also nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden.
2. Weniger Tiere essen
Butter, Rindfleisch, Käse und Quark, Schweine- und Geflügelfleisch sind die
Lebensmittel, bei deren Erzeugung pro Kilogramm am meisten Treibhausgase
anfallen. Dennoch essen Männer in Deutschland derzeit pro Woche fast
doppelt so viel wie die von Ernährungswissenschaftlern empfohlenen maximal
600 Gramm Fleisch. Würden alle ihren Konsum auf die empfohlene Dosis
reduzieren, könnte Deutschland den Experten zufolge jährlich 22 Millionen
Tonnen Treibhausgas einsparen.
Kaum das Weltklima entlasten würde es, wenn nur die deutschen Landwirte
weniger Tiere hielten. Denn falls die Deutschen genauso viel Fleisch wie
bisher äßen, würde einfach mehr aus dem Ausland importiert werden. Die
Treibhausgase würden dann in anderen Ländern in die Atmosphäre gelangen.
Aus diesem Grund muss vor allem der Verzehr sinken. Um das zu erreichen,
sollte der Staat auf Fleisch nicht wie bislang den ermäßigten
Mehrwertsteuersatz in Höhe von 7 Prozent, sondern die regulären 19 Prozent
erheben. Damit arme Haushalte nicht zu stark belastet werden, müssten
Sozialleistungen angepasst werden. Hartz-IV-Empfänger sollten mehr für
Lebensmittel bekommen.
Außerdem müsste die Bundesregierung endlich in Kampagnen dafür werben,
weniger Fleisch zu essen.
Der in Berlin und Brüssel sehr einflussreiche Deutsche Bauernverband sollte
sich anders als bislang für solche Vorschläge einsetzen.
3. Brennholz statt Biogasmais
Mais oder andere Pflanzen für die Stromerzeugung oder als Kraftstoff
anzubauen, ist ein Irrweg. Denn um auf diesem Weg Treibhausgas einzusparen,
muss man viel mehr ausgeben als für andere Methoden. Außerdem wird Mais zum
Beispiel für Biogasanlagen mit jeder Menge Mineraldünger und Pestiziden
angebaut. Das schadet der Artenvielfalt und dem Wasser.
Aber es gibt eine Ausnahme: schnell wachsende Bäume. Wenn deren Holz in
Kraftwerken verbrannt wird, vermeidet das mehr Treibhausgas, als wenn
Biogasanlagen aus Mais Strom generieren. Das liegt zum Beispiel daran, dass
die Bäume im Gegensatz zu den zurzeit gängigen Energiepflanzen nahezu ohne
Mineraldünger angebaut werden. Zudem benötigen etwa Weiden und Pappeln
weniger Pestizide und bieten mehr Schutz vor Erosion. Mit diesem
„Baumstrom“ könnte man jedes Jahr 12 Millionen Tonnen Kohlendioxid
vermeiden.
4. Effizienter düngen
Die deutschen Landwirte bringen im Schnitt mehr Stickstoffdünger auf ihre
Äcker und Wiesen aus, als die Pflanzen aufnehmen können. Der Rest
verschmutzt Wasser, trägt zum Aussterben von Pflanzenarten bei – und
belastet das Klima. Ein wichtiger Grund für die Überdüngung ist, dass
zahlreiche Viehhalter auf diesem Wege die Exkremente ihrer Tiere
verklappen. Deswegen muss die Bundesregierung Düngen stärker gesetzlich
beschränken. Falls das nicht reicht, sollten die Bauern eine Abgabe auf
Stickstoffdünger zahlen.
Viele dieser Maßnahmen könnte Bundesagrarministerin Julia Klöckner selbst
einleiten. Der Bauernverband argumentiert gegen nationale Umweltauflagen
gern, dass sie deutsche Landwirte gegenüber der Konkurrenz auf dem
europäischen Binnenmarkt benachteiligen würden. Das könnte Klöckner
verhindern, indem sie Deutschlands Macht in Brüssel nutzt.
Die EU verhandelt gerade darüber, zu welchen Bedingungen sie ihre jährlich
59 Milliarden Euro Agrarsubventionen ab 2021 verteilt. Die CDU-Politikerin
muss sich dafür einsetzen, dass die Mitgliedstaaten für das Geld aus
Brüssel den Treibhausgasausstoß ihrer Landwirtschaft um einen bestimmten
Prozentsatz senken. Wer es nicht schafft, diese Vorgaben einzuhalten,
sollte weniger EU-Euro kassieren.
Doch Klöckner will das Subventionssystem im Großen und Ganzen so
klimaschädlich lassen wie es ist. Um so wichtiger ist, dass Umweltschützer
Ereignisse wie die aktuelle Dürre nutzen, um in der Gesellschaft den Druck
auf die Ministerin und den Bauernverband zu erhöhen.
6 Aug 2018
## LINKS
[1] /Hilfe-fuer-von-Duerre-geschaedigte-Landwirte/!5520599
[2] https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Ministerium/Beiraete/Agrarpolitik/…
## AUTOREN
Jost Maurin
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