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# taz.de -- Förster über die Dürre: „Am Ende haben wir Savannen“
> Nur ein Mischwald trotzt dem Klimawandel, sagt Förster Hans von der
> Goltz. Vor allem junge Bäume gehen wegen der Hitze ein.
Bild: Viel zu heiß: die Sonne scheint durch eine Eiche, der es nicht gut geht
taz: Herr von der Goltz, die Waldbesitzer schlagen Alarm, und wollen auch
Staatshilfe, wie die Landwirte. Wie sehr leiden die Wälder unter der Dürre?
Hans von der Goltz: Insgesamt lassen sich die Schäden in den Wäldern noch
nicht überblicken. Verschiedene Baumarten reagieren unterschiedlich auf
Hitze und Trockenheit, einige gehen ein, andere überleben zwar, haben aber
weniger Zuwächse. Allerdings ist abzusehen, dass die jungen Bäume vor allem
an den Sonnenseiten und im Flachland eingehen werden. Für die Waldbesitzer
bedeutet das in den nächsten Jahrzehnten weniger Einnahmen, es drohen
flächige Waldverluste.
Welche Bäume reagieren besonders empfindlich?
Die Fichte benötigt mindestens 600 Millimeter pro Quadratmeter Regen im
Jahr, drunter wird es schwierig. Diese Menge haben wir häufig nicht mehr.
Darum haben wir in den vergangenen zehn Jahren laut Waldinventur bundesweit
9 Prozent unserer Fichtenbestände verloren.
Ist das nicht gut, weil Fichtenmonokulturen sowieso ökologisch wertlos
sind?
Die Fichte ist ökologisch viel wertvoller als ein Maisacker, aber weniger
wertvoll als etwa alte Eichen. Es wäre nicht gut, wenn sie verschwände,
Waldbesitzer und Holzwirtschaft brauchen sie. Zwar stehen nur auf 50
Prozent der deutschen Waldfläche Nadelbäume, aber sie steuern über 80
Prozent der Wertschöpfung bei. Laubbäume wachsen langsamer und bringen im
Vergleich weniger Erlöse. Im Wald darf es nie um das Maximum gehen, immer
nur um das Optimum. Wenn Sie einen maximalen Ertrag ansteuern – etwa mit
einem Fichtenforst –, dann fällt Ihr Wald leicht Stürmen, Schädlingen oder
Dürren zum Opfer. Maximaler Naturschutz hingegen bedeutet zu wenig Ertrag,
dann geht der Betrieb ein.
Wie erreicht man das Optimum?
Durch einen Mischwald. Wir müssen unterschiedliche Baumarten mischen, zum
Beispiel Weißtannen mit anderen Nadelbäumen oder Laubbäumen. Weißtannen
sind eine gute Alternative zu Fichten, sie sind toleranter gegenüber
Trockenheit und brauchen in der Jugend nur wenig Licht. Darum können sie
gut zusammen mit Eichen wachsen, die viel Licht brauchen. Aber die Bäume im
Wald müssen auch unterschiedlich alt sein, dann erhält er Struktur. Die
jungen Bäume wachsen langsam unter dem schützenden Dach der älteren heran,
das verleiht ihnen Stabilität und eine hohe Holzqualität. Nach und nach
werden die größeren Bäume entnommen, die jungen haben Platz zu wachsen.
Dieser Rhythmus wird durch die Dürre gestört?
Genau, es gibt zwei gravierende Probleme, die diesen Rhythmus dramatisch
stören: überhöhte Bestände an Rehen, Hirschen und so weiter fressen auf
großen Teilen der deutschen Waldfläche diese Mischung weitgehend auf. Dazu
kommen nun diese Hitze und Trockenheit, die die jungen Bäume vertrocknen
lassen. Zudem wird der Wald anfälliger für Schädlinge wie den Borkenkäfer.
Können die Förster nicht nächstes Jahr neue Bäume pflanzen?
Naturnahe Waldwirtschaft setzt auf natürliche Verjüngung. Der Wald
regeneriert sich selbst. Das ist kostengünstig und ökologisch sinnvoll,
weil so jeweils an den Standort angepasste Bäume wachsen, die sich selbst
etwa gut gegen Schädlinge wehren können. Die jungen Bäume, die in den
vergangenen 25 Jahren gewachsen sind, haben erst flache Wurzeln
ausgebildet, sie kommen nicht an die tieferen Wasserschichten heran. Sie
gehen jetzt ein. Wir können nur hoffen, dass es nicht auch die alten
erwischt. Allerdings werden die alten Bäume in diesem und nächsten Jahr nur
die Hälfte ihres normalen Zuwachses leisten können. Auch das ist bundesweit
ein wirtschaftlicher Verlust von über 500 Millionen Euro.
Was bedeutet all das auf Dauer für den Wald, vor allem in sowieso trockenen
Regionen?
Wenn wir Niederschlagsmengen von unter 300 Millimetern pro Quadratmeter im
Jahr erreichen, dann können wir dort keinen Wald in seiner bekannten Form
mehr erhalten, mit keiner Baumart. Dann wird eher eine tundraartige
Landschaft entstehen, Grasgebiete mit einzelnen Bäumen dazwischen.
Kein Wald mehr, nicht mal mit Douglasien?
Eigentlich fremde, sehr trockenresistente Bäume wie Douglasien, Roteichen
oder Baumhasel sollten wir im Rahmen einer verantwortungsvollen Vorsorge
auf den Klimawandel vorsichtig in unsere Wälder einmischen und beobachten,
wie sie sich einleben und auf die heimischen oder auch bisher nicht
heimischen Schädlinge reagieren. Sie sind wichtige stabilere Elemente in
dem angestrebten klimatoleranteren Mischwald. Bei derart außergewöhnlichen
Trocken- und Hitzeperioden wie 2018 sind aber auch sie keine
Überlebensgarantie.
Mehr zum Wasserbedarf bei Bäumen lesen Sie [1][hier]
8 Aug 2018
## LINKS
[1] http://www.proholz.at/zuschnitt/22/100-liter-am-tag/
## AUTOREN
Heike Holdinghausen
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