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# taz.de -- Kommentar Vielfliegerei: Unten bleiben
> Der Streik bei Ryanair ist die bisher einzige nützliche Klima-Maßnahme in
> diesem heißen Sommer. Hören wir endlich auf, so bequem zu sein!
Bild: Danke, liebe Piloten von Ryanair!
Endlich! Nach wochenlanger Hitzewelle und noch längerem Gehader über den
offenkundigen Klimawandel, nach unzähligen Wutreden über die Tatenlosigkeit
der Politik in allen linksökologisch angehauchten Feuilletons, Fraktionen
und Familienrunden wird am Freitag nun zum ersten Mal wirklich gehandelt:
Die Ryanair-Flieger bleiben unten.
Das bedeutet: weniger Flüge, weniger Ausstoß von klimaschädlichen
Treibhausgasen. Nur für 24 Stunden, aber immerhin. Dank sei den
Ryanair-Piloten, die zwar nicht aus ökologischen Gründen streiken, sondern
weil sie verständlicherweise mehr Geld verdienen möchten. Der Flugstopp bei
Ryanair ist trotzdem die bisher einzige nennenswerte konkrete,
klimanützliche Maßnahme, die unsere Gesellschaft in diesem heißen Sommer
zustande gebracht hat.
Wenn dieser Streik das Ende der extrem billigen Fliegerei einläuten sollte
– schön. Natürlich wäre es noch besser, wenn das Fliegen in einer gerechten
Welt für alle ungefähr gleich teuer werden würde. Aber wenn wir auf diesen
sozialen Idealzustand warten, bis wir Fliegen teurer machen, dürfte
klimatechnisch nicht mehr viel zu retten sein. Es wird ohnehin schwer
genug. Denn wenn selbst die spürbare Erderwärmung keine politischen Folgen
hat, was dann?
Die Regierung scheint darauf zu hoffen, dass es reicht, [1][den Bauern ein
paar Millionen Verdienstausfall wegen der vertrockneten Felder zu bezahlen]
– und ansonsten auf die angekündigte Abkühlung zu setzen. Den Klimaschutz
werden die meisten nach ein paar kälteren Tagen schon nicht mehr ganz so
dringend finden – und im Gegenteil schon bald den nächsten Flug für die
Winterferien auf den Kanaren buchen. Denn ganz so warm wie dort ist es an
Weihnachten selbst mit Klimawandel bei uns noch nicht. Und wenn es uns hier
dauerhaft zu heiß wird, fliegen wir eben zur Erfrischung mal nach Island.
Hört auf, so bequem zu sein
Seien wir ehrlich: Die meisten von uns reden manchmal aufgeregt vom
Klimawandel – und wurschteln ansonsten weiter vor uns hin. Auch den Autor
dieser Zeilen erreichten die letzten Radiomeldungen von der
Dürrekatastrophe nicht beim vorbildlichen Bäumchenpflanzen oder -gießen,
sondern auf der Taxifahrt zum Flughafen. Natürlich hätte man auch Bus und
Bahn fahren können, aber mit so viel Gepäck und Kindern? Und wieder einmal
kam die Selbstermahnung: Hör auf, so bequem zu sein. Hör auf, nur eine
Politik zu fordern, die dir diese Bequemlichkeit verbietet. Ändere dich
auch selbst. Das eine schließt das andere ja nicht aus.
Natürlich wäre es wichtig und richtig, wenn die Regierung durch ihre
Steuerpolitik endlich das Flugbenzin teurer und die Bahn im Gegenzug
billiger machen würde. Aber wollen wir wirklich auf entsprechende Gesetze
warten, bis wir darauf verzichten, übers Wochenende nach Barcelona
abzudüsen?
Nein, es würde auch nicht reichen, alle vier Jahre Grün zu wählen. Und es
bringt erst recht nichts, dann politische Kompromisse der Grünen zu
verteufeln – und im eigenen Privatleben auf nichts zu verzichten.
8 Aug 2018
## LINKS
[1] /Ernteausfaelle-wegen-Duerre/!5524001
## AUTOREN
Lukas Wallraff
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Hitze
Schwerpunkt Klimawandel
Ryanair
Streik
Fliegen
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Ryanair
Konsum
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