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# taz.de -- Kommentar Dürrehilfen: Staatsgeld für Turbobauern
> Die Dürrehilfen belohnen extrem wachstumsorientierte Unternehmen. Diese
> verdrängen kleine Familienbetriebe – und rechnen sich jetzt künstlich
> arm.
Bild: Verantwortungsvolle Bauern kommen auch mit dieser Dürre zurecht
[1][Die von Bundesagrarministerin Julia Klöckner versprochenen Dürrehilfen]
für Bauern sind vor allem eins: ein Fehler, der die Falschen belohnt. Denn
diese 340 Millionen Euro für Ernteausfälle bevorteilen Unternehmer, die
leichtsinnig gewirtschaftet haben. Diese Betriebe haben zu viel in
schnelles Wachstum investiert.
Sie haben überhöhte Preise für Äcker und Wiesen gezahlt und dadurch
kleinere Höfe verdrängt. Sie haben sich dermaßen spezialisiert, dass sie
Verluste bei ihrem Hochleistungsweizen nicht durch bessere Erträge bei
anderen Früchten ausgleichen können. Sie haben zu wenig wasserspeichernden
Humus in ihren Böden aufgebaut, weil sie auf kurzfristigen Gewinn schielen.
Diese Turbobauern mit ihren oft riesigen Betrieben können sich nun arm
rechnen. Schließlich haben sie ihre Unternehmen zum Beispiel als
Gesellschaften mit beschränkter Haftung organisiert. So können sie weiter
ihre Gehälter kassieren, aber die Reserven des Betriebs ausgeben und ihn
als existenzbedroht darstellen, um die Bedingungen für die Subventionen zu
erfüllen. So bereits bei der Dürrehilfe 2003 geschehen, was etwa der
Landesrechnungshof Sachsen kritisierte.
Auch dieses Mal werden nicht 10.000 Betriebe pleitegehen. Schon weil wegen
des geringeren Angebots etwa die Weizenpreise um 25 Prozent höher sind als
vor einem Jahr und weil viele frühere Ernten hervorragend waren. Selbst die
für lange Zeiträume festgelegten Milchpreise werden über kurz oder lang
steigen.
Echte Familienbetriebe dagegen sind meist Einzelunternehmen oder
Personengesellschaften, bei denen der Bauer mit seinem Privatvermögen
haftet. Auch deshalb handeln sie vorsichtiger und nach der Regel „Eine
Ernte im Feld, eine Ernte im Lager, eine Ernte auf der Bank“. Wer so
wirtschaftet, überlebt auch diese Dürre.
## Bauern sollten in guten Jahren Hilfen zurückzahlen
Am Ende benachteiligen die Finanzspritzen kleinere Familienbetriebe im
knallharten Wettbewerb um den Produktionsfaktor Land. Extrem
wachstumsorientierte Unternehmen profitieren – obwohl sie oft eine
schlechtere Umweltbilanz haben und weniger Arbeitsplätze pro Hektar bieten.
Die Dürresubventionen senken auch den Druck auf die Landwirtschaft, mehr
für den Klimaschutz zu tun und sich besser an die Erderwärmung anzupassen.
Seit Jahren sinkt der Treibhausgasausstoß der Branche gar nicht oder kaum.
Mehr Betriebe müssen das Risiko auf mehr Produktarten verteilen, mehr
Wasser in ihren Böden speichern und mehr Bewässerungsanlagen bauen. Sonst
ruft der Bauernverband bald jedes Jahr nach zusätzlichen Subventionen.
Falls Klöckner trotz aller Gegenargumente Dürrehilfen will, sollte sie
wenigstens eine Bedingung stellen: Die Landwirte müssen das Geld
zurückzahlen, sobald sie wieder eine außergewöhnlich gute Ernte haben. Das
wäre gerecht. Aber Klöckner geht es wohl nicht um Gerechtigkeit – sondern
um Klientelpolitik.
22 Aug 2018
## LINKS
[1] /Duerreschaeden-in-Deutschland/!5530186
## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
Landwirtschaft
Dürre
Julia Klöckner
Landwirtschaft
Ernte
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Landwirtschaft
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