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# taz.de -- Dürre in Norddeutschland: Glühende Landschaften
> Hohe Temperaturen und wochenlange Trockenheit machen Norddeutschland zu
> schaffen. Abhilfe könnte nur Regen bringen, und der ist nicht in Sicht.
Bild: Kaum noch Wasser in der Elbe gibt es oberhalb des Stauwerks Geesthacht
HAMBURG taz | Der Tiefpunkt liegt bei 20 Zentimetern. Das war am Donnerstag
um 15.30 Uhr nach Angaben der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des
Bundes (WSV) der offizielle Wasserstand der Elbe am Pegel Dömitz. Nahezu
alle Fähren wischen Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern haben ihren
Betrieb eingestellt, Binnenschiffe fahren mit halber Ladung oder über den
Mittellandkanal und den Elbe-Seiten-Kanal: Der zweitlängste Fluss in
Deutschland trocknet in diesem Sommer der Hitzerekorde aus.
Aber auch fast allen anderen Flüssen in Norddeutschland fehlt nach
wochenlangem Regenmangel der Nachschub. Die Weser war Donnerstagnachmittag
am Pegel Intschede südlich von Bremen auf 31 Zentimeter abgeflacht, von
ihrem größten Nebenfluss Aller ist kaum noch etwas übrig: In Ahlden nahe
des Serengetiparks Hodenhagen war sie noch ganze 18 Zentimeter tief.
Die Temperaturen sollen noch einige Tage auf ostafrikanischem Niveau
bleiben: Von kurzzeitiger Abkühlung auf etwa 25 Grad an der Küste
abgesehen, bleiben Temperaturen von über 30 Grad die Regel. „Glühende
Landschaften“ nennt das Schleswig-Holsteins grüner Umweltminister Robert
Habeck.
Selbst die großen Wasserspeicher in Norddeutschland trocknen langsam aus.
In den Talsperren im Harz ist deutlich weniger Wasser als gewöhnlich.
Aktuell befinden sich in den sechs großen Westharzer Stauseen rund 100
Millionen Kubikmeter Wasser. Das entspricht nach Angaben der
Harzwasserwerke einem Füllungsgrad von 55 Prozent. „Im langjährigen Mittel
sind es um diese Jahreszeit dagegen 70 Prozent“, sagte ein Sprecher. Der
Tiefststand war erst im Sommer vergangenen Jahres gemessen worden. Doch der
Rekord von nur noch 49 Prozent Füllmenge könnte schon bald unterboten
werden.
Starken Einfluss auf den Wasserstand hat nicht nur der Regenmangel, sondern
auch die Hitze: Tag für Tag lösen sich in den Talsperren des Harzes etwa
50.000 Kubikmeter Wasser in Luft auf – sie verdunsten, ohne als
Niederschlag wieder in den Kreislauf zurückzukommen.
Trotzdem gilt die Trinkwasserversorgung derzeit noch nicht als gefährdet.
„Deutschland ist ein wasserreiches Land. Wasserstress ist nicht zu
befürchten“, teilt das Umweltbundesamt mit. Das trifft auch auf den
gesamten Norden zu, wo etwa 86 Prozent des Trinkwassers aus den
Grundwasserleitern geschöpft werden.
Dennoch ist in diesem Sommer ein besonders sorgsamer Umgang mit der
Ressource Wasser ratsam. Vor allem kleinere Stadtwerke sind an der Grenze
ihrer täglichen Förderkapazitäten angelangt. Das Rasensprengen und
Autowaschen sollte bei der Hitzewelle zumindest eingeschränkt werden, raten
die Wasserversorger.
Das sieht der Umweltverband BUND allerdings anders. Der
schleswig-holsteinische Landesverband ruft dazu auf, Bäume zu wässern.
„Wenn ein Baum einmal einen Trockenschaden hat, dann ist es zu spät“, sagt
BUND-Baumexpertin Birte Lindner. Besonders gefährdet seien junge Bäume,
deren Wurzeln noch nicht sehr tief reichen. Sie könnten deshalb nicht an
die letzten Reste Bodenfeuchtigkeit gelangen.
## Wasser aus der Gartentonne
Notwendig seien mindestens 60 Liter pro Baum und dies mehrmals pro Woche.
Allerdings sollte dafür kein Trinkwasser verwendet werden, sondern „Wasser
aus der Gartentonne“. Dass die aber, sofern überhaupt vorhanden, wegen
wochenlangen Regenmangels schon lange ausgetrocknet ist, ist der
Aufmerksamkeit des BUND offenbar entgangen.
Auch in den Wäldern im gesamten Norden sind die Folgen der Hitzewelle
angekommen. Fast überall herrscht höchste Waldbrandgefahr. In Niedersachsen
sind die Feuerwehren in diesem Jahr bis Ende Juli bereits zu 348 Bränden
ausgerückt. Im gesamten Vorjahr waren es mit 163 weniger als die Hälfte.
Der dramatische Wechsel zwischen unterschiedlichen Extremwetterlagen lässt
sich zurzeit im Langenberger Forst bei Schafflund an der dänischen Grenze
beobachten. Dort sind rund 20.000 Pflanzen vertrocknet – vor allem Lärchen
und Rotbuchen. Die meisten der Pflanzen sind recht jung, denn sie wurden
erst nach den Orkanen „Xaver“ und „Christian“ gepflanzt, die 2013 über
Norddeutschland tobten.
## Hohe Ernteverluste
Um die Lücken der Windbrüche zu schließen, wurde damals 500.000 Setzlinge
nachgepflanzt. Die jungen Bäume könnten den abgesunkenen Grundwasserspiegel
nicht mehr erreichen, berichtete der zuständige Förster Jörn Frank dem
Schleswig-Holstein-Magazin auf N3 – zwei vollkommen unterschiedliche
Naturkatastrophen, die Wälder vernichten.
In der Landwirtschaft sind die Folgen von Hitze und Dürre ebenfalls
flächendeckend dramatisch. Bei Getreide und Raps werden im Norden
Ernteverluste von mindestens 20 Prozent erwartet. Wahrscheinlich wird der
Bund im Herbst den Bauern Entschädigungen leisten. Und das Fischsterben in
den Flüssen wegen zu niedrigen Sauerstoffgehalts im Wasser – sofern noch
Wasser da ist – hat wohl gerade erst begonnen.
Von der Hitze profitieren einzig und allein die Ferienorte am Wasser. An
der Ostseeküste beträgt die Wassertemperatur 23 bis 25 Grad, die Nordsee
ist kaum kühler. Fraglich allerdings, ob das noch als erfrischend gelten
darf.
3 Aug 2018
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Hitze
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Dürre
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