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# taz.de -- Geflüchtete demonstrieren für Bleiberecht: Es droht die Straße
> Seit Monaten protestiert eine Gruppe junger Geflüchteter für ihr
> Bleiberecht in Bremen. Einige sollen umverteilt werden. Hat der Protest
> Aussicht auf Erfolg?
Bild: Mit einem „Sit-In“ demonstrierte das Bündnis am Donnerstag vor der B…
Bremen taz | Es erinnert ein bisschen an Asterix: Eine Gruppe junger
Geflüchteter hört nicht auf, Widerstand zu leisten – gegen ihre drohende
Abschiebung, gegen die aus Ihrer Sicht unrechtmäßige Behandlung in Bremen,
gegen den „Transfer“ in andere Städte, gegen eine [1][unwissenschaftliche
und entwürdigende Altersfeststellung]. Seit Ende vergangenen Jahres
demonstriert das Protest-Bündnis „Shut Down Gottlieb-Daimler-Straße“
([2][taz berichtete]) gegen menschenunwürdige Bedingungen und für eine
Perspektive in Bremen.
Nur, lustig ist ihr Protest keineswegs: „Die Jugendlichen sind an ihrer
Grenze“, sagt Anna Schroeder vom Aktionsbündnis. Fast alle der 50
Jugendlichen seien mittlerweile in psychiatrischer Behandlung – viele seien
suizidal, zwei psychotisch. Die Jugendlichen berichteten von Folter und
Misshandlungen in Libyen und von ertrunkenen Freunden im Mittelmeer. In
Bremen ankommen aber dürfen sie noch immer nicht.
Zunächst hatte sich der Protest um die unwürdige Unterbringung in
provisorischen „Leichtbauhallen“ gedreht. Dorthin hatte man sie
verfrachtet, weil sie gegen ihr vom Amt [3][festgesetztes Alter geklagt
hatten] und darauf bestanden, minderjährig zu sein. Dort sollten sie ihre
Klageverfahren gegen diese umstrittene Praxis absitzen – ohne Schule oder
Zugang zur Jugendhilfe.
Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) empfing sie [4][nach wiederholten
Protesten] und machte Zugeständnisse: Die unwürdige Unterkunft soll nun vor
dem Winter geschlossen werden. Die Sozialbehörde verteilt die
Bewohner*innen nach und nach in andere Einrichtungen. Von ehemals über 90
sind derzeit noch 44 in der Gottlieb-Daimler-Straße.
Das allerdings heißt noch lange nicht, dass alle der Bewohner*innen auch in
Bremen bleiben dürfen: Sie sind noch immer nicht geduldet – ihnen drohen
weiterhin Transfers in andere Städte und in letzter Konsequenz
Abschiebungen.
Viele der Jugendlichen sagen, sie hätten Bremen lieb gewonnen. Einige
dürften mittlerweile zur Schule gehen, hätten Freunde gefunden. Die
permanente Unsicherheit sei belastend. Deswegen baten die jungen
Geflüchteten [5][vergangene Woche Innensenator Ulrich Mäurer (SPD)] bei
einem Sit-in vor der Innenbehörde, hierbleiben zu dürfen und endlich eine
Duldung sowie Papiere zu bekommen. Nach dem Protest nahm ein Vertreter des
Innensenators zwei offene Briefe der Geflüchteten entgegen und stellte ein
Gespräch nach der Sommerpause in Aussicht.
In der Sache allerdings bleibt die Innenbehörde bislang hart. Es sei nun
mal Vorschrift, Asylbewerber und auch minderjährige Geflüchtete
länderparitätisch umzuverteilen. Eine Duldung erteile die Behörde nur, wenn
„zwingende humanitären Gründe“ gegen eine Verteilung sprächen. Diese
allerdings müssten erheblich sein, wie Nikolai Roth von der Innenbehörde
sagt: „In der Realität machen die Betroffenen oft keine entsprechenden
Angaben.“ Stempel drauf – Verteilung.
Derzeit klagt die Innenbehörde sogar in einem Verfahren vor dem
Oberverwaltungsgericht darauf, während eines Verfahrens keine Duldung
erteilen zu müssen. Selbst wenn die Betroffenen sich in Klageverfahren
gegen ihre Altersfestsetzung befänden, sei das keine faktische Duldung,
sagt Roth.
Was er nicht sagt: Tatsächlich könnte Innensenator Mäurer als oberste
zuständige Landesbehörde nach [6][Paragraf 23 des Aufenthaltsgesetzes],
„bestimmten Ausländergruppen“ aus humanitären Gründen eine
Aufenthaltserlaubnis erteilen.
Auf der Demo sagte einer der Jugendlichen, dass einige Freunde aus dem
Bündnis mittlerweile auf der Straße lebten, weil sie ihre Verteilung nicht
akzeptierten.
Auch Schroeder sagt: „Die Innenbehörde hätte sehr wohl politisch
Handlungsspielraum.“ Angesichts des rechten Diskurses um Seenotrettung und
des falschen Bamf-Skandals sollte Bremen ein Zeichen setzen und den von der
Mittelmeerroute Kommenden ein humanitäres Bleiberecht erteilen.
24 Jul 2018
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[6] https://dejure.org/gesetze/AufenthG/23.html
## AUTOREN
Gareth Joswig
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