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# taz.de -- Unterbringung in Leichtbauten: In Zeltbauten im Schnee
> Der Flüchtlingsrat fordert die Schließung einer Unterkunft in
> Bremen-Oslebshausen. Die Jugendlichen seien zur Abschreckung in Zelten
> untergebracht.
Bild: Kein guter Ort für Traumatisierte: die Unterkunft in Bremen-Oslebshausen
Bremen taz | Warum sind Flüchtlinge in Bremen noch in Zelten untergebracht?
Diese Frage stellen der Flüchtlingsrat und der Verein Fluchtraum in Bremen
und sprechen von „menschenunwürdigen Zuständen“ in einer Unterkunft in der
Gottlieb-Daimler-Straße im Stadtteil Oslebshausen. Andere Einrichtungen in
festen Häusern hätten freie Kapazitäten. Für das Bremer Sozialressort
hingegen handelt es sich in der Gottlieb-Daimler-Straße nicht um Zelte,
sondern um „Leichtbauhallen“. Die Kritik der Flüchtlingsaktivisten aber
bezieht sich auch auf die sozialen Bedingungen für die dort lebenden
jungen, unbegleiteten Flüchtlinge, deshalb fordern sie die Schließung des
Standorts.
Bei einem Besuch auf dem Gelände in dem abgelegenen Industriegebiet am
Sonntag ist wenig los. Die Gegend ist trostlos, niemand hält sich bei der
Kälte freiwillig auf dem mit Kies bedeckten Platz auf. Die elf weißen
Bauten, von denen nur drei genutzt werden, erinnern an Veranstaltungszelte
mit festem Boden. In Wänden aus Blech sind Fenster und Türen eingelassen,
darüber dient eine weiße Plane als Dach. An jedem dieser Zeltbauten dröhnt
ein lautes Heizgebläse, das so groß wie ein Kleinwagen ist. Innen sieht man
fensterlose Gänge mit blechverkleideten Wänden. Über 60 junge Flüchtlinge
leben dort – aus Guinea, Gambia oder Afghanistan.
„Um zu waschen, müssen wir in ein anderes Zelt“, berichtet ein
Jugendlicher. Auch für das Gemeinschaftsessen müsse er durch die Kälte. Mit
elf weiteren jungen Männern berichtet er am Montag in den Räumen das
Vereins Fluchtraum von den Wohnbedingungen und den fehlenden
Bildungsmöglichkeiten.
Sie alle beklagen den ständigen Krach der Heizlüfter und die Kälte, wenn
diese ausfallen. Die Räume, in denen sie jeweils zu viert wohnen, seien
nach oben hin nicht richtig verschlossen. „Man hört alles, was die anderen
machen“, sagt einer. „Alles, was wir wollen, ist zur Schule zu gehen“, sa…
ein anderer. „Man kann dort nicht viel mehr machen, außer essen und
schlafen“, sagt ein ehemaliger Bewohner.
Bernd Schneider, Sprecher des Bremer Sozialressorts erklärt: „Es handelt
sich bei den jungen Männern in der Gottlieb-Daimler-Straße durchweg um
Personen, die nach Einschätzung des Jugendamtes offenkundig nicht
minderjährig sind.“ Bei ihnen fehle die Rechtsgrundlage für die
Inanspruchnahme von Jugendhilfeleistungen. „Wir empfehlen den jungen
Männern, sich ins Asylverfahren zu begeben oder eine Duldung zu beantragen.
In beiden Fällen geht das mit der Überleitung in eine andere Unterkunft
einher“, so Schneider. Die jungen Flüchtlinge aber haben gegen die
Altersfeststellung Widerspruch eingelegt.
Bei der Inneren Mission, die die Unterkunft betreibt, firmiert die
Gottlieb-Daimler-Straße noch als „Notunterkunft“, offiziell wurde sie zu
einer Landeserstaufnahme umgewidmet. Dass die Bewohner nicht in andere,
feste Unterkünfte könnten, erklärt Schneider mit rechtlichen Hürden. „Fre…
Kapazitäten in Übergangswohnheimen lassen sich nicht umnutzen für
Einrichtungen der Erstaufnahme.“ Denn in letzteren gelte aus
bundesgesetzlichen Gründen das Sachleistungsprinzip. „Das bedeutet im
Wesentlichen, dass die Versorgung mit Mahlzeiten zentral durch die
Einrichtung erbracht werden muss. Übergangswohnheime seien „darauf nicht
ausgelegt“.
Und andere Hilfen zur Integration? „Einrichtungen der Kommune sind darauf
ausgerichtet, die Integration der BewohnerInnen zu fördern. Das sind
Landesaufnahmeeinrichtungen wie die Gottlieb-Daimler-Straße ausdrücklich
nicht“, so Schneider. Es handele sich um eine vorübergehende Unterbringung.
Allerdings: Von den zwölf Anwesenden am Montag berichten viele, dass sie
vier, fünf, manchmal sechs Monate oder länger in dem Industriegebiet wohnen
mussten. Und: Unter den zwölf waren allein zwei Jugendliche, bei denen ein
Gericht schließlich im Nachhinein festgestellt hat, dass sie minderjährig
sind: Ibrahim erzählt, dass er bis dahin ein Jahr lang in der
Gottlieb-Daimler-Straße gelebt hat. Auch Mamadou lebte sechs Monate dort,
ohne Jugend-Betreuung oder Schulunterricht. Auch bei ihm stellte das
Gericht vor rund einem Monat seine Minderjährigkeit fest. Seitdem lebt er
in einer Jugendhilfeeinrichtung.
Anna Schröter von Fluchtraum erklärte, viele der Bewohner seien auf ihrer
Flucht über Libyen und das Mittelmeer traumatisiert worden. „Egal, ob
minderjährig oder nicht, sollten sie nicht in Zelten untergebracht sein.“
Die Gruppe der unbegleiteten Jugendlichen werde als Problem angesehen,
hinter deren Unterbringung in der Gottlieb-Daimler-Straße vermutet sie eine
Abschreckungs-Maßnahme. Der Inneren Mission wirft sie vor, mit dem Betrieb
nicht dem eigenen Leitbild einer christlichen Wohlfahrtsorganisation
gerecht zu werden.
Bei der Inneren Mission war bis Redaktionsschluss niemand für eine
Stellungnahme zu erreichen.
11 Dec 2017
## AUTOREN
Jean-Philipp Baeck
Dominik Koos
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