# taz.de -- Ranking zur Informationsfreiheit: Frag den Staat – oder auch nicht | |
> Wie einfach kommen Bürger*innen in ihren Bundesländern an amtliche | |
> Informationen? Hamburg und Bremen liegen vorne, Niedersachsen ist | |
> Schlusslicht. | |
Bild: Ob Interessierte erfahren, was in diesen Akten steht, kommt auf ihren Woh… | |
HAMBURG taz | Wer in Niedersachsen eine Behördenauskunft haben will, hat | |
Pech – was Transparenz angeht, steht das Land im deutschlandweiten | |
Vergleich ganz hinten. Die Vereine Open Knowledge Foundation Deutschland | |
und Mehr Demokratie haben die Transparenz der Behörden ausgewertet und ein | |
[1][Ranking] erstellt. Zuerst hatte der NDR darüber berichtet. Hamburg ist | |
auf Platz eins, den letzten Platz teilt sich Niedersachsen mit Bayern, | |
Sachsen und Hessen – die vier Länder haben kein | |
Informationsfreiheitsgesetz. | |
Das Gesetz gewährt den Bürger*innen Zugang zu amtlichen Informationen, | |
unabhängig davon, ob sie ein persönliches oder wirtschaftliches Interesse | |
daran haben. Über das Portal „[2][Frag den Staat]“ bekommen die | |
Bürger*innen Hamburgs, Bremens und der meisten anderen Bundesländer | |
Auskünfte über interne Behördenweisungen und gelangen an Dokumente wie | |
Baupläne, Haushaltsbeschlüsse oder Gutachten. | |
Sie können erfragen, wie groß der Ermessensspielraum von Mitarbeitern der | |
Ausländerbehörde ist oder wie die Jahresbilanz eines staatlichen Betriebs | |
ausfällt. Die Länder erheben dafür Gebühren, zudem unterschieden sich die | |
Auskunftspflichten in ihrem Umfang und es gelten Ausnahmen – die Auswertung | |
dieser Faktoren bildet die Reihenfolge des Rankings. | |
Am weitesten reicht das Auskunftsrecht in Hamburg, Bremen und | |
Rheinland-Pfalz – dort gelten Transparenzgesetze, die die Behörden | |
verpflichten, Informationen aktiv zur Verfügung zu stellen, anstatt nur | |
Anfragen zu beantworten. Aber auch Schleswig Holstein schneidet gut ab. | |
Dass sich in der Praxis eine so ungerechte Lage in den Bundesländern | |
ergibt, nennt Arne Semsrott von der Open Knowledge Foundation „nicht | |
erklärbar“. Der Fleckenteppich auf der Landkarte der Informationsfreiheit | |
sei auch im internationalen Vergleich ungewöhnlich. Helena Peltonen, | |
Vorstandsmitglied von Mehr Demokratie und Transparency International, | |
bezeichnet den Grad der Demokratie in den Ländern ohne | |
Informationsfreiheitsgesetz als niedriger: „Wenn in einer Demokratie | |
mündige und informierte Bürger mitwirken sollen, können Sie das nur, wenn | |
sie einen unkomplizierten Zugang zu den Informationen haben. Das wird ihnen | |
in diesen Ländern schlicht verweigert.“ | |
Die Politik scheue offenbar die Auseinandersetzung mit den Bürger*innen. | |
Als Grund dafür vermutet sie die engen Verbindungen zwischen Politik und | |
Wirtschaft, oder mit anderen Worten: „das Bevorzugen von | |
Wirtschaftsinteressen gegenüber Bürgerinteressen“. | |
Für die Bewohner*innen Niedersachsens ist die schlechte Informationslage | |
besonders ärgerlich, denn sie hätten in der vergangenen Legislaturperiode | |
fast ein Informationsfreiheitsgesetz bekommen. Zur Verabschiedung kam es | |
nicht mehr, bevor die Koalition platzte. Die schwarz-rote Regierung hat im | |
Koalitionsvertrag lediglich einen schwammigen Passus: Man wolle die | |
Erfahrungen anderer Länder evaluieren und auf der Grundlage entscheiden. Ob | |
die Evaluation bereits laufe, konnte in der Staatskanzlei am Montag niemand | |
sagen. | |
Die niedersächsische Datenschutzbeauftragte Barbara Thiel rät dem Land, | |
sich nicht weiter zu sperren: „Es ist den Menschen nicht zu vermitteln, | |
dass sie hier weniger Informationsrechte haben als die Bürgerinnen und | |
Bürger in den meisten anderen Bundesländern. Mehr Transparenz schafft auch | |
mehr Vertrauen.“ | |
17 Jul 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://transparenzranking.de/ | |
[2] https://fragdenstaat.de/ | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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