# taz.de -- Vertrag nur geschwärzt veröffentlicht: Bahnhofs-Deal im Dunkeln | |
> Nach dem Elbphilharmonie-Debakel hat Hamburg mehr Transparenz | |
> versprochen. Beim Fernbahnhof am Diebsteich zeigt sich: Das war eine | |
> Worthülse. | |
Bild: Drüber sollen Züge halten, was der Grund kostet, bleibt im Dunkeln: Tun… | |
HAMBURG taz | Der Kaufvertrag für den Baugrund des neuen Fernbahnhofs | |
Altona am Diebsteich steht seit Dezember 2017 im Netz. Über das | |
Transparenzportal der Stadt kann jeder den 71 Seiten starken Text einsehen. | |
Nicht uninteressant, immerhin hängen an diesem Vertrag zwischen Hamburg und | |
der Proha Altona einige der größten Immobilien-Deals der Stadt. | |
So richtig schlau wird man trotzdem nicht draus, denn viele Passagen, teils | |
ganze Seiten, sind geschwärzt. Geheim bleibt etwa der Kaufpreis. Dabei wäre | |
es für die Öffentlichkeit durchaus interessant, wie viel Geld der Investor | |
der Stadt für das Premium-Grundstück zahlt. | |
Gegen die Schwärzungen hat jetzt ein Hamburger Widerspruch eingelegt. | |
Rückendeckung bekommt er vom Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar. In | |
einem Schreiben an den zuständigen Landesbetrieb Immobilienmanagement und | |
Grundvermögen (LIG), das der taz vorliegt, kritisiert Caspar das Vorgehen | |
der Behörde. | |
## Datenschützer moniert „extensive“ Schwärzungen | |
Die Schwärzungen wirkten insgesamt „extensiv“, schreibt er. Es entstünde | |
außerdem der Eindruck, dass vor allem die Kernelemente des Vertrags | |
unkenntlich gemacht worden seien. Unklar bleibe etwa, welche Gegenleistung | |
die Stadt für das Grundstück bekomme und wozu sie sich im Gegenzug | |
verpflichtet habe. | |
In solchen Verträgen dürfe nur punktuell geschwärzt werden und Maßstab sei | |
das Informationsinteresse der Öffentlichkeit, „welches bei einem Projekt | |
wie dem vorliegenden und den negativen Erfahrungen der Hamburgerinnen und | |
Hamburger in der Vergangenheit mit der Elbphilharmonie einen nicht | |
unerheblichen Einfluss haben dürfte“, so Caspar weiter. | |
Die Finanzbehörde weist die Vorwürfe zurück. Laut Behördensprecher | |
Christopher Harms wurden nur Passagen geschwärzt, die personenbezogene | |
Daten oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthielten. Darunter „fallen | |
unter anderem sämtliche Kaufpreise beziehungsweise die gesamten | |
wirtschaftlichen Konditionen des Projektes, da diesen eine interne | |
Kalkulation zu Grunde liegt“. | |
Schützenswert seien deshalb auch Vertragsinformationen, die unmittelbare | |
Rückschlüsse auf die Kalkulation des Kaufpreises zulassen würden. | |
Geschwärzt wurde, wo die Wettbewerbsposition des Vertragsschließenden | |
gefährdet sei, sagt Harms. | |
Geschützt werden sollen demnach also vornehmlich die Betriebsgeheimnisse | |
sowie die Wettbewerbsfähigkeit des Käufers, der Proha Altona. Das | |
Joint-Venture aus der Procom Invest und der Haspa Projektentwicklungs- und | |
Baubeteiligungsgesellschaft hatte im Herbst 2017 den Zuschlag der Stadt für | |
die Entwicklung des rund 5.500 Quadratmeter großen Areals am Diebsteich | |
erhalten. | |
## Investor besteht gar nicht auf Geheimhaltung | |
Procom-Geschäftsführer Dennis Barth sieht Fragen nach preislichen | |
Kalkulationen seines Unternehmens jedoch gelassen entgegen. Der Wunsch nach | |
Transparenz sei „legitim und verständlich“, die Procom als Teil der Proha | |
Altona sei aber „zur Verschwiegenheit verpflichtet“. Sein Herz, sagt Barth, | |
hänge nicht an der Geheimhaltung der finanziellen Details, dies liege im | |
Ermessen der Stadt. Außerdem sei das alles ohnehin nur halb so wild: „Wenn | |
die Zahl bekannt werden sollte, bin ich sicher, dass es kein öffentliches | |
Raunen geben wird.“ | |
Ob das wirklich so ist, bleibt erst mal ungewiss, bis auf Weiteres bleibt | |
diese Zahl im Dunkeln. Trotzdem ist Bewegung in die Sache gekommen. Anjes | |
Tjarks von den Grünen sagt, dass dem 2014 gestarteten Transparenzportal, | |
das im Zuge des 2012 verabschiedeten Hamburgischen Transparenzgesetzes ins | |
Leben gerufen wurde, vor allem bei Vertragsvorgängen gesetzliche Grenzen | |
gesetzt seien. | |
„Ob in diesem Fall jede Schwärzung gerechtfertigt ist, sollte vor dem | |
Hintergrund der Äußerungen von Herrn Caspar noch einmal geprüft werden“, | |
sagt Tjarks. Auch Behördensprecher Harms sagt, „der LIG prüft nun die | |
Anmerkungen des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und | |
Informationsfreiheit“. Im Anschluss werde der Widerspruch gegen die | |
Schwärzungen geprüft. | |
Sollte der Landesbetrieb den Widerspruch des Hamburgers gegen die | |
Schwärzungen abweisen, wird es wohl zu einer Verpflichtungsklage gegen die | |
Stadt kommen. Denn bei Ablehnung des Widerspruchsverfahren werde er „den | |
Klageweg in jeder möglichen Variante beschreiten“, sagt er der taz. Der Weg | |
zu einer solchen Klage, mit der ein abgelehnter oder unterlassener | |
Verwaltungsakt eingefordert werden kann, ist laut Datenschutzmann Caspar in | |
diesem Fall zulässig. | |
29 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Leif Gütschow | |
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