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# taz.de -- Landesparteitag der Berliner SPD: Klatsche für Michael Müller
> Der SPD-Landesvorsitzende Müller bekam bei seiner Wiederwahl nur knapp 65
> Prozent der Stimmen. Er hatte nicht mal eine Gegenkandidatin.
Bild: Knapp 65 Prozent für Müller – kein gutes Ergebnis
Berlin taz | Die Berliner SPD hat den Regierenden Bürgermeister Michael
Müller erneut zum Landesvorsitzenden der Partei gewählt. Allerdings erhielt
der 54-jährige nur von zwei Dritteln der 248 Delegierten die Zustimmung.
161 stimmten für Müller, 61 votierten gegen ihn, zwölf Delegierte
enthielten sich. Damit erzielte Müller knapp 65 Prozent. Vor zwei Jahren
konnte er noch 81,7 Prozent der Delegierten von sich überzeugen.
Mit diesem Ergebnis steht Müller als Landesvorsitzender noch schlechter da
als die SPD-Bundesvorsitzende [1][Andrea Nahles, die bei ihrer Wahl im
April 66 Prozent erzielte]. Allerdings hatte Nahles eine Gegenkandidatin.
Müller dagegen war beim Parteitag in einem Lichtenberger Hotel der einzige,
der sich als Landesvorsitzender zur Wiederwahl stellte.
„Die SPD ist eine NGO“, kommentierte ein führender Sozialdemokrat das
Ergebnis. „Ein Drittel der Bundespartei und der Berliner SPD können sich
nicht damit abfinden, in der Regierung zu sein, egal ob in einer großen
Koalition oder in einem rot-rot-grünen Bündnis.“
In seiner Rede hatte Müller am Samstagvormittag seine Verdienste bei der
Debatte um ein solidarisches Grundeinkommen hervorgehoben. Zu Hartz IV
sagte er: „Vielleicht war das richtig vor 15 Jahren. Vielleicht hat unsere
wirtschaftliche Stärke auch damit zu tun. Aber die Lösung der Vergangenheit
kann nicht die Antwort für die Zukunft sein.“
Doch auch die Distanzierung von den ungeliebten Hartz-Gesetzen half ihm
nicht. Zu groß ist der Frust über die anhaltend schlechten
Umfrageergebnisse. Zuletzt lag die SPD bei einer Forsa-Umfrage vom Samstag
zusammen mit den Grünen mit 18 Prozent auf Platz drei in Berlin. Auf Platz
eins steht die Linke mit 20 Prozent, gefolgt von der CDU mit 19 Prozent.
Bei der vergangenen Wahl zum Abgeordnetenhaus im September 2016 hatte die
Berliner SPD 21,6 Prozent bekommen – es war damals das schlechteste
Ergebnis der SPD in der Stadt Willy Brandts.
## Teil des Problems
Nicht zuletzt wegen dieses ungebremsten Falls, aber auch wegen seines
Führungsstils, hatte es vor dem Parteitag zahlreiche [2][kritische Stimmen
gegenüber Müller gegeben]. Der Berliner Staatssekretär für Bildung Mark
Rackles sprach von „Mehltau“, der über der Berliner SPD liege – und
kündigte an, nicht mehr als Parteivize zu kandidieren. Selbst der
langjährige Chef der Senatskanzlei meinte: „Das Grundproblem der SPD ist,
dass sie keine klare Linie mehr hat.“ Für viele in der Hauptstadt-SPD ist
Müller also nicht mehr Teil der Lösung, sondern eher Teil des Problems.
Den meisten Beifall am Samstag bekam denn auch nicht Müller, sondern der
Juso-Bundeschef und Groko-Gegner Kevin Kühnert. „Viel mehr Sorgen, als dass
wir bei 15 Prozent landen, mache ich mir über R2G“, sagte der 29-Jährige.
„Fährt das Projekt R2G an die Wand, haben wir in einer Stadt, wo es
Zweier-Regierungen nicht mehr gibt, eine Situation, in der regiert Kenia
oder Jamaika, und dann gute Nacht Marie.“
Doch es ist nicht zuletzt Müller, der inzwischen nicht nur zum Problem für
die Berliner SPD, sondern auch für die rot-rot-grüne Koalition geworden
ist. Immer wieder hatte er vor dem Parteitag die Linke und deren
Bausenatorin Katrin Lompscher attackiert und ihr vorgeworfen, zu wenig
Wohnungen zu bauen. Der Chef der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Udo
Wolf, [3][twitterte daraufhin:] „Ach wie schön, es wird wieder Parteitag,
die Sozis schlagen aus.“ „Ach Gottchen“, antwortete Müller in seiner Rede
am Samstag auf den Vorwurf, er würde die Linke angreifen, um in der eigenen
Partei ein besseres Ergebnis zu bekommen. Nach dem mauen Ergebnis könnte
nun eher Wolf zu Müller sagen: „Ach Gottchen“.
## Kühnert ausgebremst
Den lange ersehnten Befreiungsschlag hat die Berliner SPD am Samstag
jedenfalls nicht geschafft. Und auch nicht am ersten Tag der
Parteizusammenkunft am Freitag. Zur Wahl stand die Spitzenkandidatur für
die Europawahlen im kommenden Mai. Kandidiert hatte auch die Berliner
Juso-Vorsitzende Annika Klose. „Gebt mir eure Stimme und lasst uns
gemeinsam Europa auf links drehen“, bat Klose die Delegierten um ihre
Zustimmung.
Auch Kevin Kühnert unterstützte Klose. „Wenn es die Jungen sind, die Europa
retten müssen, braucht es auch eine Vertretung der Jungen für diese
Generation“, sagte Kühnert. „Es geht darum, einer ganzen Generation eine
Stimme im Parlament zu geben.“
Doch am Ende entschieden sich die Delegierten für die 57 Jahre alten
langjährige Gewerkschafterin Heidi Bischoff. Und Kühnert, den Müller zum
stellvertretenden Parteivorsitzenden in Berlin machen wollte, wurde vom
eigenen linken Flügel ausgebremst. Der entschied sich lieber für den
unbekannten Juso Julian Zado.
2 Jun 2018
## LINKS
[1] /!5497363
[2] /Vor-dem-SPD-Parteitag/!5506894/
[3] https://twitter.com/UdoWolfMdA/status/1001703795867471873
## AUTOREN
Uwe Rada
## TAGS
Michael Müller
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Landesparteitag
Sandra Scheeres
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